"Müll"-Desaster um Joe Biden Wer einen letzten Beweis brauchte, hat ihn bekommen
Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Joe Bidens jüngster Fehltritt versetzt die Demokratische Partei in Panik. Zu Recht, denn Wählerbeschimpfung ging schon einmal schief.
Bastian Brauns berichtet aus Washington
Wer noch einen letzten Beweis benötigte, um zu erkennen, dass Joe Biden in diesem Präsidentschaftswahlkampf nichts mehr verloren hat, der hat ihn nun bekommen. Es ist richtig, dass der noch amtierende US-Präsident nicht mehr der Kandidat der Demokraten ist.
Noch während Kamala Harris am Dienstag versuchte, mit einer präsidialen Rede vor rund 80.000 Zuschauern vor dem Weißen Haus die entscheidenden unentschiedenen Wählerinnen und Wähler von sich zu überzeugen, sabotierte ausgerechnet der US-Präsident diesen Plan.
In einem Videoanruf wollte Joe Biden eigentlich auf die rassistischen Ausfälle bei Trumps Wahlkampfveranstaltung im Madison Square Garden von New York eingehen. Dort hatte der eingeladene Komiker Tony Hinchcliffe Puerto Rico als Insel aus schwimmendem Abfall bezeichnet. Für Trump wurde das zu einem echten Problem, weil Puerto Ricaner und Latinos sich nicht nur in Pennsylvania, sondern im ganzen Land seither massiv empören.
Biden zerstört den wichtigsten Moment von Kamala Harris
Doch diesen Vorteil für die Demokraten hat Joe Biden jetzt verspielt. Denn angesprochen auf den Vorfall sagte er in dem besagten Video-Anruf für alle hörbar: "Der einzige Müll, den ich schwimmen sehe, sind Trumps Unterstützer." Zumindest haben das insbesondere die Republikaner so verstanden und schlachteten die Szene aus, noch während Kamala Harris am Weißen Haus sprach. Die Demokraten sind seitdem zu Recht in Panik.
Die Abschrift der Videokonferenz, bereitgestellt vom Weißen Haus, liefert zwar Hinweise darauf, dass Joe Biden eigentlich sagen wollte, dass Trumps Unterstützer, also der einzelne Komiker auf der Bühne in New York, gemeint war. Aber auf diesen in den USA nun ausgebrochenen Streit, ob Biden nun die Mehrzahl und damit letztlich die Hälfte der Amerikaner gemeint hat, oder ob er wirklich nur diesen einzelnen Akteur meinte, kommt es gar nicht mehr an.
Was in diesem Wahlkampf zählt, ist, was bei der Mehrheit der Menschen ankommt. Und die Art und Weise, wie sich Joe Biden geäußert hat, lässt zulasten der Demokraten eben beide Lesarten, genauer gesagt beide Hörarten, zu. Da hilft es auch nicht, dass nach den zahlreichen sprachlichen Aussetzern in Joe Bidens politischem und auch sehr verdienstvollem Leben sein Stottern als Entschuldigung herangezogen werden kann. Es ist auch unerheblich, ob er mit seiner Aussage zu den rassistischen Ausfällen in Trumps Wahlkampf recht hat.
Die Intention wird zur Nebensache
Die Wirkung ist jetzt ein Riesenproblem für Kamala Harris. Denn sie kämpft um jede Stimme, besonders um die der Unentschiedenen. Das eigene Lager muss jetzt nicht mehr überzeugt werden. Wie schlecht die Biden-Aktion gelaufen ist, lässt sich schon daran ablesen, dass der US-Präsident noch am Abend eine Klarstellung veröffentlichen ließ. Und auch daran, dass sich Kamala Harris und viele andere Demokraten wie der Gouverneur von Pennsylvania, Josh Shapiro, dazu genötigt fühlten, sich klar zu distanzieren. Die immer gleiche und verhängnisvolle, weil extrem defensive Botschaft: "Nein, bitte, bitte glaubt uns, wir finden nicht, dass die Hälfte der Amerikaner Müll ist!"
Ein ähnliches Problem hatte schon die damalige Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton in ihrem Wahlkampf gegen Donald Trump im Jahr 2016. Damals sprach sie von Trumps Anhängern als "Basket of deplorables", also in etwa von einem "Haufen jämmerlicher Gestalten". Ein Teil ihrer Wahlniederlage wird bis heute insbesondere auf diese kollektive Wählerbeschimpfung zurückgeführt.
Für die Demokraten ist der Vorfall ein Trauma. Und Joe Biden sorgt nun für eine Retraumatisierung. In den Medien und erst recht in den sozialen Medien ist "garbage" seit vielen Stunden der neue Trendbegriff. Jetzt aber nicht mehr bezogen auf den rassistischen Witz eines Republikaners, sondern als Problem für Kamala Harris und die Demokraten.
Schon seit Monaten ist es in Washington kein Geheimnis mehr, dass das Wahlkampfteam den US-Präsidenten nicht bei den Veranstaltungen und Auftritten dabeihaben möchte. Genau, weil solche Momente geschehen können. Eben, weil Joe Biden in dieser Hinsicht als vollkommen unkontrollierbar erscheint. Zumindest kann er sich nicht so eindeutig ausdrücken, dass es keine Zweifel an seiner Intention gibt.
Bidens Rückzug war mehr als nötig
Jetzt wurde auch einmal mehr klar, warum das Presseteam des Weißen Hauses in den vergangenen dreieinhalb Jahren praktisch nie Pressekonferenzen mit Joe Biden abhielt. Und warum der Präsident fast keine Interviews gab. Wenn es Joe Biden wirklich um sein Vermächtnis und um die Bewahrung der US-Demokratie geht, dann sollte er jetzt endlich schweigen.
Schlussendlich muss man es so deutlich sagen: Joe Biden mag viele Verdienste haben. Aber es war absolut richtig, ihn als Kandidaten auszutauschen. Es hätte nur sehr viel früher geschehen müssen.
- Eigene Überlegungen