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Donald Trump: Perfides Video verbreitet sich rasant


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Neue Wahlkampftaktik
Brisantes Trump-Video verbreitet sich rasant


Aktualisiert am 10.01.2024Lesedauer: 6 Min.
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"Also schuf Gott Donald Trump": Der Anführer der Republikaner schwört seine Anhänger ein. (Quelle: t-online)
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In einem Wahlkampfvideo wird Donald Trump als von Gott gesandt bezeichnet, um das System in den USA zu bekämpfen. Aber was genau steckt hinter dem Machwerk?

Bastian Brauns berichtet aus Washington

Die Worte klingen wie aus der biblischen Schöpfungsgeschichte: "Und am 14. Juni 1946 blickte Gott auf sein geplantes Paradies herab und sagte: 'Ich brauche einen Bewahrer.' Also hat Gott uns Trump gegeben." Es sind Sätze aus dem neuesten Wahlkampfvideo für jenen Mann, der an diesem Tag geboren wurde: Donald Trump.

Mehr als zwei Minuten lang zieht sich der Werbespot. Er zeigt Donald Trump in vielen Sequenzen heroisch, untermalt von bedeutungsschwangerer Filmmusik und bedacht mit den immergleichen Worten: "Also hat Gott Trump geschaffen." Die heiligen Aufgaben für den göttlichen Bewahrer und Ex-Präsidenten der USA: Kämpfen gegen die Marxisten, die Lügenpresse, das Weltwirtschaftsforum und den korrupten, illegitimen Staat im Staate. Das Ziel: Amerika wieder so groß zu machen, dass die übrige Welt vor Neid erblasst.

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Guerilla-Taktik und eine alte amerikanische Erzählung

Bekannt wurde der Wahlwerbespot, weil Donald Trump das Video kürzlich auf dem Profil seiner eigenen Kommunikationsplattform "Truth Social" verbreitete. Es stammt nicht direkt von seiner Kampagne, sondern von einem Team, das gezielt für ihn arbeitet. Man könnte diese Form der inoffiziellen Wahlwerbung als das Werk einer Social-Media-Guerilla bezeichnen. Der Vorteil: Die Finanzierung bleibt schwer nachvollziehbar und intransparent. Das Team entzieht sich damit auch allen Regeln des Wahlkampfes. Offiziellen Charakter bekommt das Video trotzdem, und zwar dadurch, dass Donald Trump es selbst zuerst verbreitet.

Das "Und Gott schuf Trump"-Video erntete schnell Kritik, die von Führerkult bis Gotteslästerung reichte. Andere werteten den Film als reine Satire. Typisch Trump eben. Aber so absurd, satirisch und maßlos übertrieben der Spot einerseits wirken mag, so ausgeklügelt, kalkuliert und manipulativ ist das Machwerk andererseits. Denn Trump und seine Helfer bedienen sich damit wohldurchdacht einer Geschichte, die bereits Millionen und Generationen von Amerikanern geprägt hat.

Video | Genießt Trump Schutz vor Strafverfolgung?
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Quelle: dpa

Trump als gottesfürchtiger Bauer

Mit dem Wahlwerbespot soll nämlich ausgerechnet der milliardenschwere Immobilien-Mogul Donald Trump mit den einfachsten Bürgern der USA auf eine Stufe gestellt werden, und zwar mit Amerikas Bauern. Text, Stil und sogar die Stimme aus Trumps Kampagnenfilm sind nahezu deckungsgleich mit einer Rede aus dem Jahr 1978. Ihr Titel lautete: "So God Made a Farmer" (Also schuf Gott einen Bauern). Gehalten hat sie der in Amerika seit den frühen Fünfzigerjahren bekannte, erzkonservative Radiomoderator Paul Harvey damals im Rahmen einer Landwirtschaftsmesse. Abgedruckt wurde sie 1986 auch in der Zeitung "Altus Times".

Während es in Trumps Werbespot von 2024 heißt:
"Ich brauche jemanden mit Armen, die stark genug sind, um mit dem 'Deep State' zu kämpfen, und dennoch sanft genug, um sein eigenes Enkelkind zur Welt zu bringen ..."

Hieß es 1978 bei Paul Harvey:
"Ich brauche jemanden mit Armen, die stark genug sind, um ein Kalb niederzuringen, und dennoch sanft genug, um sein eigenes Enkelkind zur Welt zu bringen ..."

Mit seinen Talk-Sendungen soll Paul Harvey noch bis in das Jahr 2008 jede Woche bis zu 24 Millionen Menschen amerikaweit, aber vor allem in den ländlich geprägten Gebieten erreicht haben. Mehr als 1.000 private Radiosender, 400 Radiostationen des US-Militärradios und rund 300 Zeitungen haben seine Beiträge veröffentlicht.

Als Paul Harvey 2009 starb, war in der "New York Times" in einem Nachruf über ihn zu lesen:

"Wie vor ihm schon Walter Winchell und Gabriel Heatter personalisierte er die Radionachrichten mit seinen rechten Meinungen, gab ihnen jedoch sein eigenes Markenzeichen: ein hypnotisches Timbre, lange Wirkungspausen, herzerwärmende Geschichten durchschnittlicher Amerikaner und volkstümliche Beobachtungen ..."

Paul Harvey adressierte demnach das amerikanische "Heartland", also das ländlich geprägte Kernland, er hielt traditionelle Familienwerte hoch, wetterte gegen Sozialschmarotzer und befürwortete die Todesstrafe. Kurz: Er redete "konservativen Klartext, wie man ihn sonntags am Esstisch hörte."

"Er machte sich Sorgen über die Staatsverschuldung, einen übergriffigen Staat, Bürokraten ohne gesunden Menschenverstand, zu freizügige Eltern, Linksradikale und ein Amerika, das dem moralischen Verfall erlag", so die "New York Times".

Ikone der Erzkonservativen: Paul Harvey

Paul Harvey sprach in dem bellenden Sound der ausgehenden McCarthy-Ära, in der in den USA Jagd auf Kommunisten und Homosexuelle gemacht wurde. Die Überzeugungen dieser Zeit hievte der Radiomoderator noch bis ins neue Jahrtausend und Donald Trump und sein Wahlkampfteam wollen daran anknüpfen.

Millionen von jüngeren und älteren Amerikanern kennen den Sound, mit dem Paul Harvey einst sprach, noch immer. Jeden Tag begleiteten seine Stimme und seine Botschaften sie zu Hause, bei der Arbeit und natürlich im Auto. Diese Erinnerungen und Emotionen aus einer über Jahrzehnte erfahrenen amerikanischen Radio-Vergangenheit adressiert das Trump-Lager also ganz gezielt. Wissenschaftliche Studien haben in den vergangenen Jahren untersucht, welch großen politischen Einfluss die sogenannten Talk-Radios in den USA bis heute haben. Sie haben Donald Trump bereits den Weg zu seiner ersten Präsidentschaft geebnet.

Spätestens in Paul Harveys Todesjahr wurde die Bauern-Rede in ganz Amerika bekannt. Und zwar ausgerechnet in der Halbzeitpause des "Superbowl", dem landesweit ausgestrahlten Saisonfinale des American Football. Der US-Truck-Hersteller RAM zeigte einen aufsehenerregenden Werbespot, in dem Paul Harveys Rede abgespielt wurde, gepaart mit Bildern aus dem ländlichen Amerika. Erst ganz am Ende des Werbefilms taucht dann das beworbene Auto auf. Dazu der Spruch: "An die Farmer in uns allen". Spätestens jetzt war aus Paul Harvey und seiner christlichen Bauernrede amerikanische Popkultur geworden.

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Christliche Erzählung für das amerikanische Kernland

Geschickt knüpft das Trump-Team mit seinem Kampagnenfilm 2024 also an eine in Amerika tief verwurzelte und christlich geprägte Erzählung an, die darüber hinaus noch mit dem Patriotismus und dem Pioniergedanken der ländlichen und republikanisch geprägten Gegenden verbunden ist. Vermischt wird die alte Geschichte mit den für den Trumpismus typischen Anklagen, etwa gegen die freie Presse.

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An einer weiteren Stelle heißt es im Trump-Video, Gott wolle jemanden, der bereit sei, "den ganzen Tag gegen das System zu kämpfen und eine harte Arbeitswoche damit zu beenden, am Sonntag in die Kirche zu gehen." Das ist zumindest kühn, denn Trump ist nicht gerade für seine Frömmigkeit bekannt. Tatsächlich glauben jedoch Millionen von Amerikanern, dass Gott Trump gesandt habe. Der Ex-Präsident ist damit Teil eines göttlichen Plans, egal wie gläubig er selbst handelt. Gottes Wege sind im Zweifel eben unergründlich.

Eine "Troll-Armee" für Trump

Das mysteriöse Team, das hinter dem Gott-Video steckt, wurde von der "New York Times" schon vor einigen Wochen als Trumps "Troll-Armee" bezeichnet. Ihr Anführer ist der Podcaster Brendan Dilley. Die Inhalte der Videos und Memes sind oft voller Falschinformationen und Deepfakes, die teils mithilfe künstlicher Intelligenz erzeugt werden. Zu sehen und zu hören sind rassistische und sexistische Stereotype, Homosexuelle, Frauen und Transmenschen werden regelmäßig diffamiert, garniert mit Fäkalhumor.

Den Rest erledigen Trump und seine engsten Mitarbeiter, darunter sein Social-Media-Berater Dan Scavino, Trumps Wahlkampfsprecher Steven Cheung, sein Wahlkampfberater Jason Miller und Donald Trump Jr., der Sohn des Ex-Präsidenten. Sie teilen regelmäßig die Memes und Videos auf ihren Social-Media-Profilen. Millionen von Followern werden die Inhalte somit innerhalb von Sekunden zugänglich gemacht. Mal wird die Frau von Trumps Konkurrent Ron DeSantis als Prostituierte dargestellt, mal erscheint ein mehrminütiger Clip mit Stotter-Momenten des amtierenden Präsidenten Joe Biden.

Die wichtige Rolle des Internet-Wahlkampfs

Seit dem Wahlkampf von Barack Obama im Jahr 2008 wurde die Macht von Memes im Vergleich zu herkömmlicher Wahlwerbung im Fernsehen immer größer. Trumps Team hat unter Brenden Dilley diese kostengünstigen Techniken perfektioniert und profitiert von den neuen Medien. Denn anders als herkömmliche Wahlwerbung im Radio, Fernsehen oder in Zeitungen sind sie dort nicht reguliert, beziehungsweise kontrollieren die Social-Media-Plattformen die Inhalte kaum. Die Verbreitung geschieht quasi von alleine.

Brenden Dilley und sein Team haben inzwischen Hunderte Videos und Memes veröffentlicht. Und sie haben Großes vor. In seinem Podcast "The Dilley Show" sagte der Moderator: "Wir benötigen 12 Monate, in denen jeder Vollzeit arbeitet, um Donald Trump wieder ins Weiße Haus zu bringen und gleichzeitig Joe Biden zu zerstören."

Um zu gewinnen, muss Trump seine christlich-konservativen Wählergruppen ein weiteres Mal hinter sich versammeln. Während er im vergangenen Wahlkampf den Evangelikalen Mike Pence an seiner Seite wusste, muss er dieses Mal auf seinen ehemaligen Vizepräsidenten verzichten. Also rekrutierte sein Meme-Team nun Gott höchstselbst, um für Trump als seinen Stellvertreter, als den Bewahrer Amerikas zu werben.

Verwendete Quellen
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