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Absturz der USA: Das sind die Gewinner des Afghanistan-Debakels


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Die neuen Freunde der Taliban
Absturz der USA: Das sind die Gewinner des Afghanistan-Debakels

MeinungVon Gerhard Spörl

Aktualisiert am 17.08.2021Lesedauer: 3 Min.
Joe Biden
"US-Truppen sollen nicht in einem Krieg sterben, der den Afghanen keinen Kampf wert ist": Hier sehen Sie die wichtigsten Aussagen aus Joe Bidens Rede. (Quelle: Glomex)
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Die Taliban sind die Herren Kabuls, die USA hinterlassen ein Desaster. Für US-Präsident Joe Biden wird das noch ein Nachspiel haben. Für andere ist das Debakel ein großer strategischer Sieg.

Im Leben wie in der Politik ist es wohl einfach so, dass wir nur wissen, was wir wissen wollen – was in unser System, in unsere Vorstellungswelt hineinpasst. Was wirklich in Afghanistan los war und wie es dort zuging, wusste man in Amerika spätestens seit Dezember 2019 aus den "Afghanistan Papers", die aus Interviews mit 400 Militärs, Geheimdienstleuten und Diplomaten entstanden waren. Sie zeichneten einen grellen Zustandsbericht über Korruption und Inkompetenz in den afghanischen Eliten und über den niederschmetternden Mangel an Kampfeswillen der einheimischen Streitkräfte.

Was sich in Kabul heute ereignet, ist die Folge der Bilanz, die so vernichtend ausfiel, dass die Regierung Trump sie geheim hielt. Die "Washington Post" veröffentlichte sie.

Militärisch ein Gigant

Afghanistan ist kein Grund zur Schadenfreude, Afghanistan ist für Europa ein Grund zur Trauer. Die USA als die Schutzmacht des Westens, die immer noch militärisch irrsinnig überlegene Supermacht, verspielen den letzten Rest an moralischer Glaubwürdigkeit, der ihnen nach Vietnam, nach dem Irak, nach Syrien, nach Libyen geblieben ist.

Europa verliert mit, wenn Amerika verliert. Europa braucht Amerika immer noch, auch wenn Emmanuel Macron und Angela Merkel lange schon wissen, dass Europa endlich auf eigenen Füßen stehen sollte. Ab jetzt gibt es keine Ausreden mehr.

Umgekehrt gewinnen Amerikas übrige Feinde mit, wenn Amerika verliert. Sie besetzen umgehend das Vakuum, das durch einen schmachvollen Rückzug der stolzen US-Streitkräfte entsteht. Diese Erfahrung hat der Nahe Osten schon hinter sich und Asien hat sie jetzt vor sich.

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Eilfertig sagen die Nachbarstaaten, sie würden das Islamische Emirat Afghanistan anerkennen. Iran will vorangehen. Pakistan hält ohnehin die Hand über die Taliban und wird seinen Einfluss eifersüchtig verteidigen. Auch China zögert nicht, den neuen Machthabern Ehre zu erweisen. Russland triumphiert, weil Amerika sich genauso sang- und klanglos aus dem Abenteuer zurückziehen muss wie die Sowjetunion 1988, wobei deren Invasion nur neun Jahre angedauert hatte und nicht zwanzig.

Die Entschlossenheit Chinas

Niederlagen schwächen. Niederlagen haben Konsequenzen. Sie vollziehen sich ja auf der offenen Bühne der Geschichte und niemandem lässt sich ein Vorwurf machen, wenn er sich überlegt, was Afghanistan für ihn bedeutet.

Nehmen wir Japan, das auf Amerika angewiesen ist, vor allem in einem Konflikt mit China. Noch. Die pazifistische Grundhaltung hat Japan nach und nach aufgegeben. Seit zehn Jahren erst gibt es ein Verteidigungsministerium und die Aufrüstung, die ohnehin schon in Gang ist, dürfte sich unter dem Eindruck der Ereignisse am Hindukusch beschleunigen. Geostrategisch unterliegt Japan einer Zangenbewegung aus China und Russland.

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Wie glaubwürdig sind die USA noch? Das ist die Frage aller Fragen, die sich zum Beispiel auch die Regierung in Taiwan stellen muss. Taiwan ist diplomatisch draußen in der Welt völlig isoliert. Dafür sorgt China. Bleibt Amerika und nur Amerika als Schutzmacht, als Garant der Unabhängigkeit. Immer noch?

China ist entschlossen, die kleine Insel, auf der sich die Antikommunisten nach der Niederlage im Bürgerkrieg niederließen, heim ins Reich zu holen. Das Drohpotenzial der USA ist seit Afghanistan dramatisch gesunken. Das Drohpotenzial Chinas im selben Maß gestiegen. Ereilt Taiwan das gleiche Schicksal wie Hongkong? Wahrscheinlich.

Joe Biden läuft die Zeit davon

Eine Neuorientierung nach der Zäsur in Afghanistan kann gar nicht ausbleiben. Was denken sie in Vietnam, das den ewigen Nachbarn China fürchtet und die USA als Gegengewicht schätzt? Oder was überlegt man sich auf den Philippinen? Oder in Indonesien? In Indien?

Amerika sammelte die Nachbarstaaten, die Balance gegen China suchten, um sich. Das war geschickt, vor allem dann, wenn man davon ausgeht, dass die Konfrontation zwischen der alten und der neuen Weltmacht in diesem Jahrhundert unvermeidlich ist.

Also ein neuer Wettlauf der Systeme. Ein neuer Weltanschauungskrieg. Ein neuer Kalter Krieg. Das sagt Joe Biden offen, als wäre es selbstverständlich. Dafür reiste er um die Welt und bat die Verbündeten um Verständnis und Unterstützung. Damit muss er jetzt von vorne anfangen und erneut begründen, warum Asien und Europa noch auf die Verlässlichkeit der lädierten Supermacht bauen sollten.

Biden ist 79 Jahre alt. Ihm bleibt wenig Zeit. An Wiederwahl ist nicht zu denken. Afghanistan hat er nicht angefangen, aber aufgehört. Und die Taliban sind von nun an das schwarze Gespenst, das ihm überallhin folgt.

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