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Duell gegen Joe Biden: Warum Donald Trump immer schlechtere Karten hat


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Duell gegen Joe Biden
Warum Donald Trump immer schlechtere Karten hat

MeinungEine Kolumne von Gerhard Spörl

Aktualisiert am 22.06.2020Lesedauer: 3 Min.
Donald Trump in Tulsa: Der Start in den Wahlkampf ist erst einmal missglückt.Vergrößern des Bildes
Donald Trump in Tulsa: Der Start in den Wahlkampf ist erst einmal missglückt. (Quelle: Zuma Wire/imago-images-bilder)
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Donald Trump hat in Tulsa ein paar Wahlslogans ausprobiert – vor weit weniger Fans, als er gehofft hatte. Seine Reaktionen auf Corona und die Anti-Rassismus-Proteste verschlechtern seine Chancen. Was jetzt für Joe Biden spricht.

Normalerweise ist es zu früh, irgendwelche Prognosen darüber abzugeben, wer am 3. November gewählt wird. Momentan ist aber nichts normal, vor allem nicht in den USA, und deshalb wollen wir eine Ausnahme machen und schon heute darüber reden, wer der nächste Präsident sein könnte.

Für Donald Trump ist immer Wahlkampf. Das liegt an seinem Freund-Feind-Denken und der Neigung zur ständigen Rückversicherung bei seinen treuesten Anhängern wie gerade eben in Tulsa. Der Auftakt ist eher missglückt. Optimal wäre für ihn gewesen, wenn der Saal wirklich voll gewesen wäre und draußen Straßenschlachten zwischen Demonstranten und Polizisten getobt hätten. Weil beides ausblieb, lief der Präsident nicht zu Hochform auf und das Publikum tobte und wütete nicht wie gewohnt.

Natürlich probierte er ein paar der Wahlslogans aus, die bis in den November hinein ausgefeilt werden. Joe Biden bezeichnete er als "trojanisches Pferd für den Sozialismus". Die Leute hinter ihm würden die Polizei auflösen und zu Anarchie aufrufen. Dazu passt die dunkle Andeutung einer manipulierten Wahl, damit der Sieg nicht ihm zufällt, Trump.

Warum Biden es schaffen könnte

Je weniger seine klassischen Slogans zünden werden, desto schmutziger und brutaler wird die Kampagne ausfallen. Bedenkenlosigkeit ist seine Stärke. Trotzdem sieht manches danach aus, dass er nicht wiedergewählt werden könnte. Trotzdem könnte Joe Biden, den er als "Sleepy Joe" lächerlich macht, wider Erwarten gewinnen. Dafür sprechen vier Überlegungen:

  1. Die Corona-Krise ist eine Trump-Krise, weil ihm die Antworten fehlen, die in einer Demokratie angebracht sind: Vorsicht und Umsicht, Einfühlungsvermögen und sachliche Beschäftigung mit dem Problem. Stattdessen machte er zuerst seine Witzchen über das "chinesische Virus", redete frühzeitig vom Ende der Vorsichtsmaßnahmen und bescheinigt sich jetzt, einen "phänomenalen Job" gemacht zu haben. Außer ihm kommt niemand auf diese Idee.
  2. Der harte Kern seiner Wähler ist die weiße Unterschicht, die von Corona in besonderem Maße getroffen wird, medizinisch wie sozial. Sie sind unter den vierzig Millionen Arbeitslosen zu finden und im klassenmäßig organisierten Gesundheitssystem stehen sie ganz unten. Die Reindustrialisierung, die Trump versprach, war ohnehin eine Chimäre. Das wird die Begeisterung der Trump-Fans für ihren Präsidenten kaum schmälern, aber der Mangel an Enthusiasmus in Tulsa ist kein Zufall und könnte zum entscheidenden Problem werden.
  3. Die Rassismus-Unruhen dürften sich als Massenbasis für den demokratischen Kandidaten erweisen. Hillary Clinton verlor vor vier Jahren, weil sie ihr Potenzial nicht ausschöpfen konnte. Joe Biden sollte das eher gelingen, sofern er keine schweren Fehler begeht. Für flapsige Bemerkungen und kleinere Fehlleistungen ist er berüchtigt. Vermeidet er solche Fauxpas, schmälert er seine Chancen kaum.
  4. In dieser Wahl findet kein Duell statt, in dieser Wahl geht es einzig und allein um Donald Trump. Dieser Umstand kommt dem Präsidenten im Normalfall entgegen, da er ohnehin der Meinung ist, die Welt dreht sich nur um ihn. Diesmal aber könnte die zentrale Botschaft am Ende lauten: Wählt Trump ab.

Die Demokraten begannen mit einer riesigen Zahl von Kandidaten für die Wahl im November. Dann haben sie sich erstaunlich schnell auf einen moderaten, erfahrenen Kandidaten geeinigt. Biden ist weder jung (er ist vier Jahre älter als Trump) noch charismatisch, aber er gilt als anständig und berechenbar. Er saß jahrzehntelang im Senat und war acht Jahre lang Obamas Vizepräsident. Er ist vieles, was Trump nicht ist. Die Anti-Trump-Koalition muss ihn tragen. Sie reicht weit hinein in die Mittelschicht der nicht festgelegten Wähler, die Hillary Clinton nicht wollten und Trump zur allgemeinen Überraschung zum Weißen Haus verhalfen.

Historisches Momentum für Biden?

Die USA neigten in ihrer Geschichte oft genug dazu, das Gegenteil des jeweiligen Amtsinhabers zu wählen. Den jungen John F. Kennedy nach dem alten Ike Eisenhower. Den frommen Jimmy Carter nach Richard Nixon. Den jungen Bill Clinton nach dem alten George W. Bush. Donald Trump verkörperte den größtmöglichen Gegensatz zu Barack Obama und Joe Biden hat maximal wenig mit Trump gemeinsam.

Bis zum November ist es noch lange hin. Donald Trump, der schon einmal wie der sichere Gewinner aussah, kann sich in den nächsten Monaten erholen. Oder unvorhersehbare Ereignisse verändern das Gefüge und die Stimmung in den USA. Vieles ist möglich, jeder Wind dreht sich, schau’n mer mal.

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