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US-Wahlkampf 2020: Die Jagd auf Donald Trump wird heftig – und radikal


Meinung
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Post aus Washington
Die Trump-Jagd wird heftig – und radikal

MeinungEine Kolumne von Fabian Reinbold

Aktualisiert am 28.06.2019Lesedauer: 4 Min.
Zweite TV-Debatte der US-Demokraten: Die Senatoren Bernie Sanders und Kamala Harris.Vergrößern des Bildes
Zweite TV-Debatte der US-Demokraten: Die Senatoren Bernie Sanders und Kamala Harris. (Quelle: Wilfredo Lee/dpa)

Der US-Wahlkampf 2020 startet wild: Die Demokraten streiten sich zwei Abende lang vor der Nation. Eine heftige Attacke auf einen Favoriten verrät, in welche Richtung die Trump-Gegner stoßen.

Die Kolumne schreibe ich Ihnen diese Woche in einer heißen Sommernacht in Miami. Hier ist‘s schwül und die erste Debatte der US-Demokraten lodert noch nach.

20 Demokraten, die gegen Donald Trump antreten wollen, haben sich eine große Rangelei untereinander geliefert, sich zugleich der Nation vorgestellt und klargemacht, woher der Wind der Opposition weht, der Trump aus dem Amt fegen soll.

Ich schreibe Ihnen aus dem „Spinroom“ der Arena. Die Kandidaten und ihre Spindoktoren strömen nach der Debatte auf eine zweite Bühne hinter der Bühne, auf der sie von Reportern, Mikrofonen, Kameras umschwärmt werden und erklären, warum die Debatte ganz großartig für sie lief. Ein irres Schauspiel.

Wer kann Trump herausfordern?

Man kann es sich in Deutschland nur schwer vorstellen, welchen Raum dieses Rennen der Demokraten in der Öffentlichkeit schon jetzt einnimmt, knapp 17 Monate vor der eigentlichen Wahl. Iran-Krise? Trump bei G20? Nein, hier dominiert seit Tagen die „debate week“.

Ich habe heute den Medienzirkus in der Arena mitgemacht und die erste Debatte an der demokratischen Basis in einer Bar geschaut – denn nur durch den Medienhype und die Stimmung an der Basis kann man erklären, was hier gerade eigentlich passiert: Wer kann Trump herausfordern und mit welcher Strategie?

In der "Post aus Washington" berichtet unser Korrespondent Fabian Reinbold von der Arbeit im Weißen Haus und seinen Eindrücken aus den USA unter Donald Trump. Gefällt Ihnen die Kolumne? , der noch weitere Einblicke und Einschätzungen aus Washington enthält und einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Die Gewinner und Verlierer der Debatte sind schnell erzählt.

Die Gewinnerin im Medienzirkus ist Kamala Harris. Schon im Januar habe ich Sie in einer Kolumne gebeten, sich den Namen zu merken. Dann wurde es ruhiger um die Senatorin aus Kalifornien, bis Donnerstagabend kurz vor 10. Sie hat sich getraut, den in den Umfragen führenden Joe Biden frontal anzugehen wegen seiner früheren Positionen zu Fragen von Rassismus. Ein Moment, der viral geht. Punktsieg Harris.

Verlierer Joe Biden hätte die Debatte gern so nach Hause gefahren, wie er sie anfing. Nach dem Motto: Ist ja schön und gut, dass hier so viele mitspielen. Aber nur ich kann es mit Trump aufnehmen. Doch dann musste er sich immer wieder verteidigen. Er schaut erst wie ein getretener Hund, dann feuert er zurück, dann sagt er mitten in der Selbstverteidigung: Oh, meine Zeit ist ja um. Schwach.

Hier im "Spinroom" raunten manche schon von einem "Game changer“ für Biden, also einem Moment, der alles ändert. Ich sehe das etwas anders, gleich mehr dazu.

Kommen wir zu den linken Wirtschaftspopulisten: Verlierer ist Bernie Sanders. Er hat gar nicht viel falsch gemacht und seine treuen Fans stehen ihm weiter zur Seite. Doch er wirkt wie ein lauer Aufguss. Alles 2016 schon gehört. Motto: Sie kennen mich. Das reicht nicht.

Denn Gewinnerin Nummer zwei, Elizabeth Warren, hat ganz ähnliche Positionen. Sie dominierte die erste Debatte am Mittwochabend. Ihr Wirtschaftspopulismus kommt eleganter daher als der von Sanders, weniger belehrend. In ihrem Schlusswort sprach sie von den Härten ihres Lebens und sagte: "Ich werde für Euch so hart kämpfen wie für meine Familie." Das saß.

Ich habe die erste Debatte mit Anhängern in einer Innenhofbar ein paar Blocks vom Debatten-Zentrum entfernt geschaut. Dort traf sich die neue linke Wählerbasis der Demokraten: Migranten, Schwarze, Frauen, die sich allesamt als progressiv bezeichnen.

Die klarsten, man kann auch sagen: radikalsten, Positionen bekommen durchweg den lautesten Applaus.

Das interessanteste Gespräch führte ich mit zwei jungen Politikinteressierten. Als wir über die einzelnen Kandidaten, ging es wild durcheinander. Die Freunde Kieron Williams und Stephanie Cruz wissen überhaupt noch nicht, wen sie bevorzugen.

Doch in zwei Punkten sind sie sich einig. Ich fragte, was ihnen wichtiger sei, jemand, der ganz eng auf ihrer Linie liegt oder derjenige, der die besten Chancen hat, Trump zu schlagen.

Denn oft wird die Vorstellung transportiert, dass die Demokraten vor allem jemanden suchen, der Trump schlägt. Alles andere sei zweitrangig. Das passt so schön zu den sehr guten Umfragewerten Joe Bidens.

Stephanie und Kieron sehen das ganz anders.

"Hauptsache nicht Trump? Diese Denke ist doch gefährlich! Dann haben wir wieder vier Jahre, in denen es für uns nicht voran geht", so sagt es die 24-Jährige, die als PR-Managerin arbeitet. Sie will Politik für Schwarze, bei der Wohnungsfrage, bei der Frage der Polizeigewalt.

Als ich sie nach Biden frage, wird es laut. "Auf keinen Fall!", ruft sie. Der verstecke sich hinter Obama, könne nicht seine Fehler in der Vergangenheit einräumen. Das sagte sie wohlgemerkt einen Abend, bevor die Nation auf der Bühne genau das erlebte.

Es gibt eine andere Sicht auf Biden, nämlich die, dass er die Sehnsucht nach Normalität bediene.

Doch damit kann die Wählerbasis der Demokratischen Partei gerade nicht viel anfangen. Das beste Argument für Biden liefert ausgerechnet Trump, weil er den Ex-Vizepräsidenten immer wieder attackiert – und ihn als möglichen Gegner damit faktisch aufbaut.


Ja, Biden liegt in den Umfragen vorn, das liegt aber auch vor allem an der schlichten Tatsache, dass der Mann bekannt ist. Ich kann es mir nicht vorstellen, dass er sich in diesem wilden Rennen in dieser Zeit wirklich durchsetzt.

Nicht weil ihn Kamala Harris in dieser schwülen Nacht in Miami bloßgestellt hat und den "Spinroom" gewonnen hat, sondern weil er die eigene Parteibasis nicht begeistert.

Verwendete Quellen
  • Beobachtungen vor Ort
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