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Die unheimliche Macht von Facebook – Post aus Silicon Valley


Meinung
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Post aus Silicon Valley
Die unheimliche Macht

MeinungEine Kolumne von Fabian Reinbold

Aktualisiert am 11.05.2019Lesedauer: 5 Min.
Mark Zuckerberg spricht auf der Facebook-Konferenz F8: zu viel Macht in einer Hand.Vergrößern des Bildes
Mark Zuckerberg spricht auf der Facebook-Konferenz F8: zu viel Macht in einer Hand. (Quelle: Archivbild/Stephen Lam/reuters)

"Zerschlagt Facebook!": Im Silicon Valley bricht eine neue Zeit an, weil die Konzerne zu mächtig werden. Die Washington-Kolumne von Fabian Reinbold – dieses Mal von der US-Westküste.

Meine Kolumne kommt heute einmal nicht aus Washington, sondern aus dem Silicon Valley, wo ich diese Woche mehrere Geschichten recherchiert habe.

Eine Woche aus Washington fort zu sein, ist in der Ära Trump eine verdammt lange Zeit. Als ich los flog, sah es noch günstig aus: Es standen kaum wichtige Ereignisse an, im Weißen Haus waren fast nur Folklore-Termine mit Sportlern geplant.

Aber dann, aber dann: Konflikt mit dem Iran – angefacht, Handelskonflikt mit China – eskaliert, Machtkampf mit den Demokraten – zugespitzt.

Das ist die neue Realität für Korrespondenten unter Trump: Es gibt keine ruhige Zeit, die man abpassen könnte. Einer der erfahrensten US-Kollegen hatte mir am Anfang meiner Zeit im Weißen Haus erzählt: "Selbst unter Obama wussten wir noch, was die Woche bringen würde. Das ist vorbei." Diese Woche hat es mal wieder bewiesen.

So sichtbar, konkret und plump, wie sich Macht im Weißen Haus präsentiert und inszeniert, so verborgen und verschwommen kommt sie im anderen Machtzentrum daher, dem Silicon Valley. Wer durch die Bucht von San Francisco bis nach San José fährt, sieht abseits der Zentralen von Google, Facebook, Apple auf den ersten oder zweiten Blick nichts von der unfassbaren Gestaltungsmacht, die sich hier versammelt hat.

Die Architektur ist maximal unauffällig: Milliardenschwere Investoren, Big-Data-Firmen nisten sich in flachen Bauten ein, die nie futuristisch, sondern meist zweckmäßig wirken.

Man kann als Journalist ins Silicon Valley reisen und die neue Technik bestaunen. Mich interessiert aber mehr die unfassbare Macht, die sich in diesem Tal angehäuft hat. Macht über unsere persönlichsten Informationen, über das, was wir von der Welt sehen und was nicht, und die ungeheure Finanzkraft, mit der alle Branchen und Industriezweige von hier ausgehend erschüttert werden.

Die Macht hat in den letzten Jahren extrem zugenommen – und sie wird jetzt mit reichlich Verspätung auch in Frage gestellt. In die Woche platzte der Kommentar eines früheren Facebook-Mitgründers. Er forderte – sehr lesenswert – den Konzern zu zerschlagen, weil Mark Zuckerberg viel zu mächtig geworden sei.

Die Idee bekommt in den USA immer mehr Anhänger, auch Präsidentschaftskandidatin Elizabeth Warren fordert das. Zu dominant ist der Konzern geworden, insbesondere nach dem Kauf von Instagram und WhatsApp. Auch darüber habe ich mit vielen Gründern, Forschern, Investoren im Valley gesprochen, teils zusammen mit anderen ausländischen Journalisten, teils alleine. Von drei spannenden Begegnungen will ich Ihnen kurz berichten.

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Gehen wir gleich zu einem der einflussreichsten Männer im Valley. Reid Hofmann kommt in schlabbriger beigefarbener Cargohose und North-Face-Jacke in den Konferenzsaal und fragt: "Noch einen Keks, bevor es losgeht?"

Hoffman hat die Geschichte im Silicon Valley immer wieder mitgeprägt: Er hat die wegweisenden Firmen Paypal und LinkedIn mitgegründet, als einer der ersten in die damaligen Start-ups Facebook und AirBnB investiert. Jetzt ist er Partner bei Greylock, einem der mächtigsten Risikokapitalgeber.

Hoffman ist ein lockerer Typ, der ziemlich offen spricht. Der 51-Jährige kann es sich leisten: "Forbes" hat sein Vermögen auf 1,8 Milliarden Dollar taxiert. Er empfängt in einem dieser unscheinbaren Gebäude – nur die Kunst an den Zimmerwänden erzählt vom großen Geld. Ich frage ihn nach dem aktuellen, besonderen Moment im Silicon Valley.

Er sagt: "Das Valley hat jetzt begriffen, dass unser alter Modus nicht mehr funktioniert, nämlich zu sagen: Vertraut uns und wir basteln Euch wirklich gute Produkte. Jetzt müssen wir noch lernen, wie man andere Gruppen richtig beteiligt, die Regierung, die Zivilgesellschaft. In unserer polarisierten Gesellschaft wird das nicht einfach."

Man könnte sagen: Die Zeiten sind vorbei, in denen das Valley mit Tunnelblick voranprescht. Dafür hat es neben allerlei Segen zu viel Schaden angerichtet. Facebooks Motto lautete “Move fast and break things” – es ist Zeit für ein neues.

In der "Post aus Washington" berichtet unser Korrespondent Fabian Reinbold von der Arbeit im Weißen Haus und seinen Eindrücken aus den USA. Gefällt Ihnen die Kolumne? Sie können sie hier als kostenlosen Newsletter abonnieren, der noch weitere Einblicke und Einschätzungen aus Washington enthält und einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

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An der Uni Stanford sitzt in seinem Büro im zweiten Stock der Graduate School of Business ein Mann, der viel darüber erzählen kann, was "Move fast and break things" so bewirken kann.

Michal Kosinski, 37 Jahre alt, forscht an der Schnittstelle von Psychologie, künstlicher Intelligenz, Massenbeeinflussung – auf Grundlage seiner Arbeit hat etwa die gruselige Firma Cambridge Analytica laut eigenen Behauptungen Donald Trumps Internet-Wahlkampf so erfolgreich gemacht. Sie wussten, welche Wähler sie in welchem Ton ansprechen mussten. Nun sagt auch Kosinski: "Wir müssen Facebook jetzt regulieren."

Kosinski ist eine schillernde Figur. Er gefällt sich in der Rolle der Warners. Aber zugleich scheint bei ihm immer wieder durch, dass er das alles faszinierend und spannend findet. Er feiert die politische Aktivierung, die Facebook gebracht habe, und warnt vor ihren Folgen. Kürzlich hat er einen Bericht vorgelegt, nach dem Software allein anhand eines Fotos eines Mannes verraten könne, ob dieser schwul oder heterosexuell sei.

"Der Kampf um unsere Privatspähre ist schon verloren", sagt Kosinski. Wir seien einfach zu narzisstisch und hätten deshalb zu sorglos Persönlichstes im Netz preisgegeben. "Jetzt geht es nur noch darum, dass wir uns in der Gesellschaft daran gewöhnen, wenn intimste Daten öffentlich werden."

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Autonomes Fahren ist eine der größten Wetten, die derzeit im Silicon Valley laufen. Dazu sprach ich unter anderem mit dem Deutschen Sven Beiker.

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BMW hatte ihn einst ins Valley geschickt, später leitete er Stanfords Autoforschungszentrum, jetzt berät er Startups, Investoren, Autofirmen beim Thema Mobilität der Zukunft. Seit 16 Jahren ist Beiker im Valley – lang genug, um nicht gleich allen wilden Versprechen zu glauben.

Also gleich die wichtigste Frage: Wann ist der wilde, kühne Traum vom autonomen Fahren denn Alltag auf den Straßen?

"Herr Reinbold!", ruft Beiker und reißt die Augen auf, "stellen Sie doch mal ne bessere Frage!" Er werde das zu oft gefragt, findet Beiker. Als ich beharre, nimmt er erst einmal Luft aus der Sache: "In meiner Berufstätigkeit werden wir das flächendeckend noch nicht erleben - und 20 Jahre wollte ich schon noch machen."

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Beiker glaubt, dass das autonome Fahren sich in ein paar Jahren erst einmal in geschützten Bereichen durchsetzen werde, etwa in bestimmten verkehrsberuhigten Zonen. Oder in einer Modellstadt. Zu viele Fragen seien noch offen, die Künstliche Intelligenz (KI) noch nicht weit genug.


Auch beim großen Ganzen ist Beiker skeptisch. Das Silicon Valley stehe vor einer Zerreißprobe. "Die technologischen, gesellschaftlichen, politischen und betriebswirtschaftlichen Werte" stünden miteinander im Konflikt, sagt er. Vieles müsse dringend nachhaltiger werden, andere Orte holten auf.

Andererseits, sagt er, seien etwa bei der Künstlichen Intelligenz hier viele schlaue Köpfe versammelt: "Wir können uns gar nicht ausmalen, was hier noch entsteht."

Im Silicon Valley gibt es eben alles nebeneinander: den Hype, die Skepsis, die Zocker, die Beschwichtiger, die Träumer. Was für eine schöne Abwechslung zum momentan konstant zynischen Washington!


Zum Schluss möchte ich Ihnen noch diese freundliche Begegnung aus dem Hotel zeigen, in dem der Rezeptionist meinte, er schicke mir gleich einmal einen Snack aufs Zimmer.

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Wenn das Zeitalter der Roboter so aussieht – na, dann darf es gern sehr bald beginnen!

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