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Donald Trump und William Barr: Wie man sich dem US-Präsidenten unterwirft


Meinung
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Post aus Washington
Wie man sich Donald Trump unterwirft

MeinungEine Kolumne von Fabian Reinbold

04.05.2019Lesedauer: 4 Min.
Trump bei der Kabinettssitzung im Weißen Haus: Öffentliche Schritte der UnterwerfungVergrößern des Bildes
Trump bei der Kabinettssitzung im Weißen Haus: Öffentliche Schritte der Unterwerfung (Quelle: Chip Somodevilla/getty-images-bilder)
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"Herr Trump frisst deine Seele in kleinen Happen": Der US-Justizminister verblüfft mit seiner Parteinahme für den Präsidenten –

Die Woche in Washington war vom Entsetzen über Donald Trumps Justizminister beherrscht: “Wie kann er nur?!”, lautet knapp zusammengefasst die Kommentarlage.

William Barr trat vor dem Senat am Mittwoch nicht als Justizminister und Generalbundesanwalt, sondern erneut wie ein persönlicher Anwalt Trumps auf. Was wollt ihr eigentlich? pfefferte er den Demokraten sinngemäß immer wieder entgegen. Und: Trump habe kein Absägen von Sonderermittler Robert Mueller befohlen, und selbst wenn, dann wäre auch das sein gutes Recht!

Da klangen die dunklen Nixon-Jahre an, und ich musste sogleich an den berühmten, kruden Satz Richard Nixons denken: "When the President does it, that means it is not illegal." (Also: "Wenn der Präsident etwas tut, kann es nicht illegal sein.")

Barr wurde in Washingtons Establishment bis vor kurzem als “angesehener konservativer Rechtsexperte” betitelt und immer auch “ehemaliger Justizminister George W. Bushs”, was bedeuten sollte: einer aus unserer guten alten Zeit.

Dann kam der Mueller-Report und seitdem verdingt sich Barr konsequent als großer Vernebler im Dienste Trumps: Es begann an einem Sonntag im März, als Barr seine vierseitige Zusammenfassung der Mueller-Ergebnisse vorlegte: bis zur Verzerrung geschönt, wie sich später herausstellte.

Kurz darauf dementierte Barr vor Abgeordneten, dass er etwas über den Unmut Muellers über ihn wisse (da hatte er längst einen Brief Muellers enthalten, in dem dieser genau diesen Unmut ausdrückte, wie wir jetzt wissen.)

Es ging damit weiter, dass Barr anderthalb Stunden vor der Veröffentlichung des Mueller-Reports noch einmal die Befunde, die er kurz darauf an die Öffentlichkeit gab, im Sinne Trumps verzerrte. Nach dem Auftritt am Mittwoch vor dem mehrheitlich republikanischen Senatsausschuss verweigerte er sich dann der Anhörung beim mehrheitlich demokratischen Repräsentantenhaus.

Nicht nur die Demokraten schäumen. Was hat Barr bloß so korrumpiert? Wohlmeinende, die es außerhalb des Trump-Lagers immer weniger gibt, sagen, Barr vertrete einfach seine Linie, dass die Macht des Präsidenten sehr weitreichend sei.

Die schärfste, interessanteste Theorie dazu lieferte jetzt ausgerechnet eine der Hauptfiguren der ganzen Untersuchung Muellers, der von Trump gefeuerte FBI-Chef Jim Comey. Er beschreibt in der "New York Times", wie Trump aus seiner Sicht auch gestandene Minister und Beamte einwickle. "Herr Trump frisst deine Seele in kleinen Happen", schreibt Comey.

In der "Post aus Washington" berichtet unser Korrespondent Fabian Reinbold von der Arbeit im Weißen Haus und seinen Eindrücken aus den USA. Gefällt Ihnen die Kolumne? , der noch weitere Einblicke und Einschätzungen aus Washington enthält und einmal pro Woche direkt in Ihrem Postfach landet.

Die Dynamik, die Comey beschreibt, ist wirklich interessant: Es beginne damit, dass man still neben Trump sitze, während er lüge, und durch das Schweigen werde man zum Komplizen. Erst im Privaten, dann in der Öffentlichkeit. Indem er ohne Punkt und Komma, ohne Gelegenheit, ihn zu unterbrechen, spreche, mache Trump jeden zum "Mitverschwörer seiner Fakten und seiner Wahnvorstellungen".

Trumps berüchtigte Monologe sind laut Comey also keine narzisstische Marotte, sondern ein Mittel zur Machtausübung. Er ziehe einen damit in seinen "Zirkel der Zustimmung" hinein, schreibt Comey. Trump plappert und lügt alle platt, so würde ich es formulieren.

Das Ende sieht laut Comey so aus: Man will im Amt bleiben, gerade vielleicht auch als Gegengewicht zu Trump, doch dafür müsse man öffentlich als Teil seines Teams dastehen. "Du benutzt seine Sprache, lobst seine Führungsqualitäten, preist sein Bekenntnis zu Werten. Und dann bist Du verloren. Er hat Deine Seele aufgegessen."

Vieles davon spielt sich hinter verschlossenen Türen ab. Aber wenn Sie schon einmal Videoclips einer Kabinettssitzung gesehen haben, die Trump schon mehrmals mit einer großen Runde Lob für sich hat beginnen lassen, verstehen Sie sicher, was Comey meint. (Hier etwa können Sie einen der öffentlichen Schritte der Unterwerfung verfolgen.)


Es hat natürlich auch mit simplem Machtstreben zu tun. Bestes Beispiel ist wohl Lindsey Graham, der nun als Vorsitzender des Justizausschusses im Senat Barr gegenüber saß. Graham war ein enger Freund des verstorbenen Trump-Gegners John McCain und hatte vor der Wahl auch selbst Trump immer wieder ins Visier genommen, wie in diesem Tweet.

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Seit gut anderthalb Jahren hat sich Graham, Senator aus South Carolina, aber zum effektiven Trump-Gehilfen gehäutet – auch diese Verwandlung hatte damals in Washington viele erstaunt. Jetzt wirkt der Senator an wichtiger Stelle stets im Sinne des Präsidenten. Wer ist hier der Opportunist?

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Trumps Monolog als Machtinstrument ist auch für Journalisten und Öffentlichkeit sehr interessant. Als Teilnehmer seiner im Bewusstseinsstrom gehaltenen 90-Minuten-Pressekonferenzen kann ich bestätigen, dass einen die Flut an Unwahrheiten, Verzerrungen und ja, Lügen, überfordern kann.

Interessanterweise gibt es bei den US-Medien immer noch eine riesige Scheu, Trumps Lügen als solche zu benennen. Man behilft sich mit diesen Begriffen: Unwahrheiten, Falschaussagen, widerlegten Behauptungen.

Ich denke, dahinter steckt doch noch der riesige Respekt vor dem Amt, den die US-Kollegen verinnerlicht haben. Die öffentliche Erklärung lautet oft, man wisse nicht, wann Trump bewusst die Unwahrheit sage und wann nicht – und nur mit Absicht hat man eine Lüge.

Kürzlich gab es eine Geschichte der "New York Times" zum Mueller-Report, da konnte man diesen Krampf live mitbeobachten. Sie ging mit einer Überschrift auf die Website, in der von einer “Kultur der Lügen” im Weißen Haus die Rede war. Das verschwand ganz schnell wieder und wurde unpassend für den Inhalt des Textes in eine “Kultur des Chaos” geändert. Am Ende stand und blieb die “Kultur der Unehrlichkeit”.


Dabei ist doch allzu bekannt, wie Trump mit der Lüge Politik macht – und deshalb habe ich es Ihnen in dieser Kolumne schon oft genauso gesagt und werde das weiterhin so benennen.

Übrigens, Anfang der Woche vermeldeten die emsigen Fact-Checker der "Washington Post", dass sie die zehntausendste Unwahrheit gezählt hätten, die der Präsident im Amt von sich gegeben habe. Was wohl Barr und Graham über diesen Rekord denken?

Verwendete Quellen
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