Kolumne zur US-Politik Trump – der Cartoon in Endlosschleife
Er wütet, er demütigt, er lässt sich gehen: Donald Trump wird irgendwann verschwunden sein. Was bleibt, ist die Zerstörung der demokratischen Öffentlichkeit in Amerika.
Eine Kolumne von Gerhard Spörl
Zufällig ist der Fernsehapparat stumm gestellt, als The Donald seine Rede beginnt. Er rudert mit den Armen, er zieht sein Schmollmündchen, aus dem immer wieder erstaunliche Sätze hervorquellen. Dabei bleibt der Körper völlig unbewegt, die Stirn auch, nur der Mund bewegt sich, und wenn ihm ein Satz wichtig ist, holt er den schlenkernden rechten Arm heran, legt den Daumen an den Zeigefinger, wippt damit drei-, viermal vor und zurück und lässt dann den Arm wieder sinken. Er schaut in den Teleprompter wie in einen Vergrößerungsspiegel und findet sich rasend gut. Immer. Überall. Egal, was er sagt.
Er beleidigt sie alle, die zumeist schwarzen Football-Spieler, die Sonntags aus Protest gegen den grassierenden Rassismus bei der Nationalhymne knien, anstatt zu stehen; die Bürgermeisterin des sturmgepeitschten Puerto Rico wegen „schwacher Führung“; die Republikaner im Senat, die nichts hin bekommen, kein neues Gesundheitsgesetz, kein neues Einreisegesetz gegen ausgewählte muslimische Länder. Er ist ganz bei sich, wenn er seinen Kropf leeren kann. Er wütet, er demütigt, er lässt sich gehen. Er hat kein Problem mit sich, er ist immer der Größte, der Beste. Donald Trump ist wie ein Cartoon in Endlosschleife.
Endlosschleife? Schrecklicher Gedanke.
Unter den Heroen der Late Night Show kann Steven Colbert am besten The Donald nachahmen, die flatternden Arme, das Mündchen. Er imitiert, das Studiopublikum rast, und gerade deshalb fällt auf, dass Imitieren kein Argument ist. Das Argumentieren überlässt er seinen Studiogästen.
Neulich war Hillary Clinton da, die Trumps infantiles Gerede über "den kleinen Raketenmann" rezensieren durfte. Dabei kam sie zu der irrsinnig überraschenden Erkenntnis, dass Diplomatie jedem Kriegsgeschrei vorzuziehen ist. Ehrlich? Jeder gute Talkshow-Gastgeber hätte jetzt nachgefragt, warum Hillary als Außenministerin keinen Versuch gemacht hat, in diplomatischer Mission nach Nordkorea zu fliegen, wo sie doch so viel in der Welt herumgeflogen ist. Wäre interessant gewesen, hätte aber die Harmonie womöglich gestört und blieb daher ungefragt.
Erst einmal ist überhaupt jemand Hochrangiges aus einer US-Regierung seit dem Ende des Korea-Kriegs 1953 in Pjöngjang gewesen. Das war im Jahr 2000 und es war Madeleine Albright, Bill Clintons Außenministerin. Es war ein Versuch, ein Anfang, dem nichts folgte. Vielleicht wollte Hillary nichts riskieren? Vielleicht war ihr Nordkorea nicht so wichtig? Ein bisschen Selbstkritik wäre ehrenwert, oder?
Fox News ist der Trump-Verherrlichungs-Sender. Ein unerschöpfliches Reservoir an ins Surreale gestylte Schönheiten tritt als Cheerleader mit Pompons und kurzen Röckchen auf. Apologeten befragen andere Apologeten, ob sie nicht auch der Meinung sind, dass Trump alles richtig macht und bekommen darauf Antworten wie Brunftschreie.
Ironischerweise hat Fox Schwierigkeiten eine neue männliche Quoten-Heilsfigur zu finden, die Bill O’Reilly ersetzen könnte. Der war Abend für Abend wie eine Reinkarnation von Robespierre, musste aber abtreten, weil er offenbar trumpmäßig Frauen übermäßig nahe kam. Als herauskam, dass er deren Schweigen erkauft hatte, entließ ihn Fox. Tucker Carlson hat die besten Chancen auf die Nachfolge: sieht gut aus, stellt rasiermesserscharfe Fragen und verleiht noch dem größten Schwachsinn Trumps höhere Weihen.
Es gibt nur einen Mann, den Trump nicht zu beleidigen wagt
Präsident Trump wird irgendwann verschwunden sein. Was aber bleibt, ist die Zerstörung der demokratischen Öffentlichkeit, in der sich Gläubige mit Gläubigen austauschen und Gegenargumente nicht einmal mehr ignoriert werden. Das gilt für beide Lager, die sich im Fernsehen widerspiegeln, für Fox hier und MSNBC dort, auch für das betuliche CNN. Ein Trauerspiel.
In der vorigen Woche hat uns Donald Trump übrigens mit Tiraden über den Raketenmann verschont. Gut so. Wir haben sie nicht vermisst. Sein Außenminister Rex Tillerson flog nach Peking und bekam dort eine Menge Fragen gestellt, deren Antworten wir alle gerne mitgehört hätten. Wer würde nicht gerne wissen, was Amerika eigentlich will – Kim Jong-un loswerden oder nur seine Raketenversuchsserie stoppen? Unter welchen Voraussetzungen wären diplomatische Verhandlungen denkbar? Und worum könnte es dabei gehen?
Gute Fragen, rationale Fragen, pragmatische Fragen. Am Sonntagabend twitterte Donald Trump, es sei Zeitverschwendung mit dem kleinen Raketenmann zu verhandeln. Was denn nun?
Eigentlich gibt es nur einen Mann, den Trump nicht zu beleidigen wagt. Der Mann ist groß, sieht immer ein bisschen traurig aus der Wäsche und meidet die Öffentlichkeit. Er heißt Robert Mueller, war einmal FBI-Chef und ist seit Mai Sonderermittler. Er untersucht die Russland-Verbindungen des Trump-Lagers und zieht ruhig, aber entschlossen seine Kreise. So hat er Paul Manafort wissen lassen, dass er ihn anklagen will.
Manafort war Trumps Kampagnenchef vor der Wahl und wollte angeblich einem russischen Oligarchen und Geschäftspartner persönliche Informationen zukommen lassen. Manafort hat allerlei Geschäfte mit allerlei bunten Leuten gemacht und war eine Zeit lang unentbehrlich für Trump. Manafort hat viel zu verlieren. Er könnte versucht sein, einen Handel mit der Staatsanwaltschaft einzugehen: Straferlass gegen Trump-Insiderwissen. Dann wird es richtig spannend.
Mueller ist unbequem. Mueller ist eine Gefahr für Trump. Vom Weißen Haus verlangt er Unterlagen über allerlei Gespräche, die ihm wichtig zu sein scheinen. Mueller gräbt und gräbt und ist unantastbar. Ihn zu entlassen, wäre gefährlich, obwohl Trump vermutlich nichts lieber täte.
Erst wenn er auch diesen Mann beleidigt, wissen wir, dass der Anfang vom Ende gekommen ist.