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Putins Spiel mit Trump: Ein Waffenstillstand, der keiner ist


Telefonat mit Putin
Ein erbärmliches Eingeständnis von Trump

  • Bastian Brauns
MeinungVon Bastian Brauns

Aktualisiert am 19.03.2025Lesedauer: 4 Min.
Donald Trump im Weißen Haus: Kein Durchbruch mit Putin.Vergrößern des Bildes
Donald Trump im Weißen Haus: Kein Durchbruch mit Putin. (Quelle: Carlos Barria)
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Trump und Putin haben telefoniert – und während sich die USA und Russland annähern, droht Europa, den Preis zu zahlen. Der in Aussicht gestellte Mini-Waffenstillstand könnte für die Ukraine gefährlicher sein als der Krieg selbst.

Bastian Brauns berichtet aus Washington

Die Erwartungen an das Telefonat zwischen dem russischen und dem amerikanischen Präsidenten waren gewaltig. Donald Trump selbst hatte sie zuletzt noch weiter geschürt. An diesem Dienstag, so sagte er, werde es hoffentlich etwas Großes zu verkünden geben.

In der Tat sollte sich jetzt zeigen, was der Friedensplan von Donald Trump angesichts des Krieges gegen die Ukraine bewirken kann. Endlich hätte Wladimir Putin sich ebenso friedenswillig zeigen können wie Wolodymyr Selenskyj. Der ukrainische Präsident hatte sich nach Druck aus Washington zu einem ersten umfassenden Waffenstillstand für eine Dauer von 30 Tagen bereit erklärt.

Putin braucht eine Verschnaufpause

Doch auf Trumps große Ankündigung folgte ein geradezu armseliges Eingeständnis des Scheiterns. Nicht nur versetzte der russische Präsident den amerikanischen Präsidenten und ließ ihn offenbar eine Stunde warten; er scherzte darüber sogar auf offener Bühne. Über diese billige Provokation hinaus machte Putin den USA klar, dass er nicht zu einem Waffenstillstand bereit ist – und das, obwohl der Angreifer Russland anders als die Ukraine bislang noch keinerlei Zugeständnisse eingehen musste.

Video | Putin lässt Trump warten
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Quelle: t-online

Herausgekommen ist bei dem rund zweistündigen Telefonat lediglich, dass Putin zu einem 30-tägigen Stopp für Luftangriffe auf Energieinfrastruktur bereit ist. Das mag auf den ersten Blick zwar wie ein erster, kleiner Schritt in Richtung Frieden erscheinen. Auf den zweiten Blick jedoch zeigt sich, dass die ukrainischen Drohnenangriffe Russland weit mehr zusetzen, als es zugeben will. Putin benötigt eine Verschnaufpause, um seine Kräfte ungehindert zu sammeln.

Im Klartext bedeutet das auch: Während die Ukraine ihre relativ präzisen Nadelstich-Angriffe gegen die russische Versorgungsinfrastruktur einstellen müsste, die auch die Invasionsarmee mit Nachschub versorgt, dürfte Russland weiterhin zu Lande das Territorium des souveränen Nachbarlandes angreifen, solange keine Energieeinrichtungen ins Ziel genommen werden. Dazu sollen noch 175 Gefangene ausgetauscht werden. Was ohnehin regelmäßig geschieht und ohne Putins Krieg gar nicht nötig wäre, verkauft der russische Präsident sogar noch als Zeichen des guten Willens.

Putins Ziel: eine schutzlose Ukraine

Bei seinem großen Ziel aber bleibt Wladimir Putin knallhart. Als Voraussetzung für einen umfassenden Waffenstillstand oder gar einen langfristigen Frieden bekräftigte er gegenüber Donald Trump seine bekannte Forderung: Die USA, Europa und die weiteren Alliierten der Ukraine müssten ihre Waffenlieferungen einstellen und sollen keinerlei Geheimdienstinformationen mehr mit der Regierung in Kiew teilen. Eine Mobilisierung und Weiterbewaffnung der Ukraine dürfte nicht mehr stattfinden, findet der Kreml.

Das unverschuldet von Russland angegriffene Land soll sich also seiner notwendigsten Verteidigungsmittel berauben, noch während die Raketen auf dem eigenen Territorium einschlagen, russische Panzer rollen und Drohnen fliegen. Putin behauptet weiter, er könne einem umfassenden Waffenstillstand deswegen noch nicht zustimmen, weil "ernsthafte Risiken" bestehen würden, dass die Ukraine sich nicht daran hält. Auch hiermit verschleiert er weiter, dass in Wahrheit Russland und nicht die Ukraine das Risiko ist. Denn er hat diesen Krieg 2014 begonnen und 2022 gänzlich eskaliert.

Was das bedeutet, ist klar: Putin beabsichtigt, die Ukraine mit seinem auf Kriegswirtschaft ausgerichteten Staat weiterhin militärisch zu bedrohen, um eine für Russland vorteilhafte Sicherheitsordnung in Europa durchzusetzen. Seine Botschaft lautet: Wir sind stark, also müsst ihr schwach sein. Die Sicherheitsinteressen der westlich von ihm gelegenen Länder interessieren ihn nicht. Der russische Präsident will endlich wieder auf Augenhöhe mit Amerika über Einflusssphären verhandeln.

Wie viel Putins Wort wert ist, zeigte sich bereits weniger als einer Stunde später. Da griff Russland die Energieinfrastruktur der Stadt Slowjansk in der Donbass-Region an. So massiv, dass die halbe Stadt seither ohne Strom ist. Ist das überraschend? Kaum. Für den US-Präsidenten ist das eine öffentliche Erniedrigung. Das, was sich Trump so sehr von Putin zu wünschen scheint, bekommt er nicht: Respekt.

Trump will Putin nacheifern

Doch Donald Trump spielt munter weiter mit. Der große gemeinsame Nenner im Weißen Haus und im Kreml wurde in den jeweiligen Stellungnahmen nach dem Telefonat offensichtlich: Die USA und Russland wollen ihre Beziehungen um jeden Preis normalisieren. Dieser Preis aber ist Europa. Angesichts Hunderttausender Toter in diesem schlimmsten europäischen Krieg seit 1945 wirkt es zynisch, dass Putin und Trump sich über die Ausrichtung gemeinsamer Eishockey-Spiele ihrer beiden Nationen verständigten.

Für Putin hat all das einen erkennbaren Vorteil: Trotz seines völkerrechtswidrigen Krieges auf dem Kontinent kann er seine Macht künftig ungehindert, mit wirtschaftlicher Schützenhilfe der USA weiter ausbauen. Konsequenzen für sein Handeln muss er keine fürchten. Im Gegenteil: Sein vernichtender Krieg zahlt sich für ihn so erst recht aus. Die Lektion für die ganze Welt wäre dann: Die großen Atommächte können sich nehmen, was sie wollen, und unterstützen sich im Zweifel sogar gegenseitig dabei.

Trump kann das egal sein. Er wird sich als Friedensbringer inszenieren, während er die gemeinsamen Prinzipien einfach über Bord wirft. Mehr noch: Der US-Präsident scheint die imperialistischen Strategien Russlands und Chinas sogar selbst zu übernehmen. Seine Pläne für Grönland, Kanada und Panama mögen für viele immer noch undenkbar erscheinen.

Wie undenkbar sie wirklich sind, wird auch der weitere Verlauf der Verhandlungen mit Putin über einen langfristigen Frieden für die Ukraine zeigen. Denn hier entscheidet sich nicht nur, mit welchem Russland Europa künftig zu tun hat, sondern auch, mit welchen Vereinigten Staaten die Welt fortan umgehen muss. Nach alten Maßstäben wäre dieses Telefonat des US-Präsidenten mit Putin ein Gesichtsverlust. Aber nach Trumps Maßstäben ist er damit seinen eigenen Zielen ein gutes Stück näher gekommen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Überlegungen
  • Stellungnahme des Weißen Hauses (englisch)

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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