Wahlpläne gefährdet? Widerstand der Republikaner gegen Trump-Attacken
Donald Trump wettert immer wieder gegen die Briefwahl. An der republikanischen Parteibasis wird das nicht gerne gesehen.
Bei seinen Attacken nach dem Verlust der Präsidentschaftswahl 2020 hatte Donald Trump auch einen Teil des US-Wahlsystems als Verantwortlichen für seine Niederlage ausgemacht. Die Möglichkeit zur frühen Stimmabgabe hätte Betrug möglich gemacht, argumentierte er – und wiederholt die Aussagen auch im jetzigen Wahlkampf. Im Februar wetterte er im US-Staat Michigan: "Briefwahl ist total korrupt … Das muss man sich mal durch den Kopf gehen lassen."
Doch bei seinen Republikanern kommen diese Sprüche zunehmend weniger gut an. Sein eigener Sohn, Donald Trump Jr., hatte bereits in Pennsylvania für Briefwahl geworben. "Pennsylvania-Bewohner, ihr müsst euch heute in die Liste für die Briefwahl eintragen", riet er in einem Video.
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Jetzt hinterfragen Parteifreunde zunehmend die Ablehnungsstrategie. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters habe der republikanische US-Senator Ron Johnson bei einem gemeinsamen Flug im April das Thema mit Trump besprochen. Er habe den Präsidentschaftskandidaten gebeten, sich für eine frühe Stimmabgabe in seinem Heimatstaat Wisconsin auszusprechen. In den USA gibt es neben der Möglichkeit der Briefwahl auch die Option, früher als am Wahltag seine Stimme abzugeben.
Trump schlug Bitte von Senator aus
"Ich habe den Präsidenten gebeten, die Republikaner in Wisconsin zu ermutigen, ihre Stimmen zu sammeln", sagte Johnson zu Reuters und meinte, dass er bei Trump auf keinen Widerstand gestoßen sei.
Doch Trump folgte der Bitte nicht, kritisierte stattdessen das Wahlsystem in seiner Ansprache vor 3.000 Anhängern und schlug vor, die Möglichkeit zu wählen, einzuschränken. Als Johnson später in seiner Rede um Briefwahl bat, klatschten nur wenige, berichtet Reuters.
In den sogenannten Battleground-States, den besonders umkämpften US-Bundesstaaten, scheint sich die Stimmung bezüglich Trumps Linie zu drehen. Laut Reuters hätten Republikaner-Vertreter in Michigan, Wisconsin, Georgia und North Carolina gesagt, sie würden Wähler ermutigen, früher als am Wahltag ihre Stimme abzugeben.
Josh McKoon, Vorsitzender der Republikanischen Partei in Georgia, sagte, dass die Partei am 29. April ein Video mit Werbung für die vorzeitige Stimmabgabe an 70.000 registrierte Republikaner über soziale Medien und per E-Mail verschickt hat.
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Parteiführung rät zur Briefwahl
Die Führung der Republikanischen Partei (RNC) scheint sich dem anzuschließen. "Wir fordern alle Republikaner auf, vorzeitig, per Briefwahl oder am Wahltag zu wählen, je nachdem, welche Methode für sie am besten geeignet ist", sagte Claire Zunk, eine Sprecherin des RNC, in einer Erklärung an Reuters.
Fraglich ist, ob die Trumpanhänger dem Kandidaten folgen oder den Worten der Partei. Reuters zitierte eine Texanerin, die beim Kongress der Waffenlobby NRA vor wenigen Wochen auf die Rede des Ex-Präsidenten wartete: "Die Wahl dauert nur einen Tag. Alles wird an einem Tag ausgezählt, und wir wissen vor Mitternacht, wer der Gewinner ist." Sie sähe die Briefwahl mit Skepsis.
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"Das ist wirklich nicht hilfreich"
Trump scheint bisher nicht entschieden zu haben, ob er von seiner Position abrücken will. Am 11. Mai riet er erstmals in New Jersey: "Wählt früh oder am Wahltag". Doch in der gleichen Rede erklärte er die Briefwahl erneut als "korrupt". Reuters hat nachgezählt: Elf Mal verurteilte er die Briefwahl alleine in diesem Jahr in Reden. Nur in seinem Netzwerk Truth Social gab es zwei Beiträge, die dafür waren.
Dass Trump mit seinen Aussagen die Wahlpläne der Republikaner, auch vor dem Wahltag Stimmen zu bekommen, gefährdet, wird an der Basis nicht gern gesehen. "Das ist wirklich nicht hilfreich", sagte Oscar Brock, ein Mitglied des RNC-Komitees aus Tennessee und ein Befürworter der vorzeitigen Stimmabgabe, und bezog sich dabei auf Trumps unterschiedliche Botschaften. Trumps Sprecher legte sich auf Reuters-Anfrage auch nicht deutlich fest. Steven Cheung sagte, der ehemalige Präsident habe sich immer für freie und faire Wahlen eingesetzt, "bei denen jede legale Stimme gezählt und jeder Fall von Betrug ausgemerzt wird".
Das eigene Verhalten bei Gesetzgebungen könnte dabei den Republikanern noch zum Verhängnis werden. Denn in den fünf Bundesstaaten gab es 28 Versuche, mit Gesetzesinitiativen die frühe Stimmabgabe zu verhindern, zählten Reuters-Analysten. Außerdem habe die Partei 29 Gerichtsverfahren angestrengt, um die Stimmabgabe einzuschränken.
Bei den Wahlen 2020 hatten demokratische Wahlhelfer die Zahl der Abgabestellen für die Briefwahl erhöht – auch weil damals noch die Corona-Pandemie tobte. Es wurden auch Abgabefristen verlängert – was am Ende mehr Briefwähler brachte. Bei der Wahl hatten laut Reuters 82 Prozent der Biden-Unterstützer früher als am Wahltag abgestimmt, aber nur 62 Prozent der Trump-Anhänger. Die Zahl der Briefwähler für Biden war doppelt so hoch wie die für Trump.
- reuters.com:"Trump's attacks on early voting muddle Republican election plans" (englisch)youtube.com: "Join The List 2"