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Trump erneut US-Präsident? Evangelikalen stehen hinter ihm als Kandidaten


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Trump als nächster Präsident?
"Das soll Gott entscheiden"


25.06.2023Lesedauer: 5 Min.
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Die Konkurrenz läuft hinterher: Donald Trump bei den Evangelikalen. (Quelle: Drew Angerer)

Die Evangelikalen in den USA stehen nach wie vor hinter Donald Trump. Die anderen Kandidaten mühen sich wohl umsonst. Harte Attacken werden sofort bestraft.

Bastian Brauns berichtet aus Washington.

Alicia Adams sinkt auf ihre Knie. Unterhalb vom Rand der Rednerbühne sitzt die blonde Frau Mitte fünfzig und sagt seufzend: "Yes, that's true." Mit ihrem Daumen drückt sie auf den Auslöser ihres Smartphones und schießt Selfies mit dem prominenten Redner im Hintergrund. Auf dem Podium vor ihr spricht Tim Scott. Der schwarze Senator aus South Carolina mimt seit Monaten eine charmant höfliche Variante von Donald Trump. "Dann werden wir eine Mauer bauen", ruft Scott und der Rest seines Satzes geht im Jubel unter. "Yeah!", ruft Alicia Adams.

Tim Scott ist einer von acht Republikanern, die an diesem Wochenende in Washington bei einer Konferenz von Evangelikalen auftreten, um bei dieser wichtigen Wählergruppe für ihre Kandidatur gegen Donald Trump zu werben. Die meisten schweigen sich über den Ex-Präsidenten allerdings aus, einige wie Tim Scott jedoch kopieren ihn. Kritik am Ex-Präsidenten und inoffiziellen Anführer der Republikaner gibt es fast ausschließlich zwischen den Zeilen, mit wenigen Ausnahmen.

Aber wer soll nun der nächste Präsidentschaftskandidat der "Grand Old Party" (GOP) werden? Alicia Adams hat mit Tim Scott einen Favoriten. "Er ist phänomenal", sagt sie. Aber es sei nicht an ihr, diese Wahl zu treffen. "Sie alle sollen antreten. Aber wer es schließlich wird, das soll Gott entscheiden." Geht es nach der Stimmung im Publikum, das sich hier in einem Ballsaal ohne Tageslicht im Hilton-Hotel eingefunden hat, wird Gott einmal mehr Donald Trump erwählen.

Trump ist allgegenwärtig

Das wird spätestens deutlich, als ein Mann aus North Carolina auf die Bühne tritt. Er will nicht Präsident werden, sondern der nächste Gouverneur des Bundesstaates an der südlichen Ostküste der Vereinigten Staaten. Für dieses Ziel braucht er aber die Hilfe von Donald Trump. Darum wirbt er für ihn als den nächsten US-Präsidenten. Mike Robinson legt sich ins Zeug. Der Schweiß steht ihm auf Stirn und Glatze. Mit einem kleinen roten Handtuch tupft er sich ab. "Darum unterstütze ich Donald Trump", ruft er und bekommt dafür mehr Applaus als jeder andere Redner an diesem Tag.

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Zwei Attacken und Buh-Rufe

Nur zwei Männer wagen es, sich vor diesem christlichen Publikum gegen Donald Trump zu stellen. Beide Auftritte sind bemerkenswert und zugleich unterschiedlich. Unter Buhrufen wagt Chris Christie, der ehemalige Trump-Unterstützer und Ex-Gouverneur von New Jersey, als Einziger den Frontalangriff und kritisiert den grundsätzlichen Charakter von Trump. "Ich warne euch vor Anführern, die behaupten, nie einen Fehler zu machen und immer anderen die Schuld geben", sagt Christie und dann: "Er hat uns im Stich gelassen!" Immerhin einige im Publikum stehen auf und applaudieren ihm dafür.

Der andere Kritiker ist Mike Pence, Trumps ehemaliger Vize-Präsident. Früher wäre so eine Veranstaltung für den erzkonservativen Christen ein Heimspiel gewesen. "Ich bin ein Christ, ein Konservativer und ein Republikaner, und zwar genau in dieser Reihenfolge", sagt Pence. Es ist der Satz, den er in fast jeder seiner vergangenen Reden unterbringen will. Er sei dankbar für das, was Donald Trump für das Land getan habe. Aber er sei davon überzeugt, dass jede Zeit ihren eigenen Anführer brauchen würde. "Der Präsident und ich hatten unsere Differenzen und wir haben sie noch immer", sagt Pence. Es bleibt der einzige kritische Satz zu seinem Ex-Boss. Das wichtigste Ziel sei es, die Wiederwahl von Joe Biden zu verhindern. Immerhin das verfängt bei den Zuschauern.

Ein paar Reihen von der Bühne entfernt applaudieren ihm Zachary und Corey. Die jungen Männer tragen rote Baseballmützen, auf denen Trumps Wahlspruch "Make America Great Again" zu lesen ist. "Niemals wird Mike Pence Präsident und auch kein Vize-Präsident mehr", sagt Zachary. "Man fällt jemanden nicht in den Rücken", sagt Corey und spielt auf Pence Rolle am 6. Januar 2021 an. Trump hatte damals von seinem Vize-Präsidenten verlangt, die Wahl von Joe Biden, des Gewinners der Präsidentschaftswahlen, mit formalen, aber illegalen Mitteln zu verhindern. Pence weigerte sich und sagt dazu, er habe sich für Verfassungstreue und nicht für Donald Trump entschieden. Corey sagt, Pence habe damit seine politische Zukunft innerhalb der Partei verspielt.

Ron DeSantis probt für das Weiße Haus

Die Augen von Zachary wirken größer, als er von seinem Traum-Duo im Weißen Haus spricht. "Donald Trump und Ron DeSantis wäre aus meiner Sicht die beste Kombination", sagt er. Der Gouverneur aus Florida ist der bislang aussichtsreichste Kandidat, der Trump bei den Vorwahlen gefährlich werden könnte. Er sprich als letzter der Kandidaten an diesem Tag. Seine Rede dauert am längsten und er macht seine Ambitionen auf das Weiße Haus am deutlichsten.

Beim Anflug auf Washington erfülle ihn der Blick aus dem rechten Fenster immer mit Stolz. Denn dort erblicke man das Lincoln Memorial, die National Mall, den Kongress. Der Blick aus dem linken Fenster aber erinnere ihn immer daran, dass Amerikaner bereit sind, ihr Leben in den Dienst ihrer Uniform zu stellen. Dort blicke er auf den Soldatenfriedhof und die Tausenden weißen Grabsteine von Arlington.

Den Krieg, den DeSantis allerdings führen will, liegt nicht in anderen Ländern. Es geht ihm um einen Kampf gegen eine Ideologie, die nie klar definiert, die aber der Kern seines Wahlkampfes ist. "Woke" sei ein Virus, das den Verstand befalle, sagt er. Gemeint ist damit im Grunde jegliche Politik, die aus dem linken Spektrum kommt. Mal geht es um zu hohe Staatsausgaben, mal um zu strenge Waffenrechte, mal um zu viel Kriminalität, mal um Anti-Rassismus.

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Immer wieder aber kommt DeSantis auf das Thema Gender zu sprechen, seiner Meinung nach eine Ideologie, die das Kindeswohl gefährde. Es ist das Thema, mit dem fast alle Redner bei dieser Evangelikalen-Konferenz punkten wollen. Menschen, die sich ihres Geschlechts nicht sicher seien, werden als Gefahr dargestellt. Sogar der in Florida heimische Filmkonzern Disney habe "die Sexualisierung von Kindern" zur Programmatik erklärt, behauptet DeSantis. Es ist sein Kampf um Deutungshoheit. Was andere unter Aufklärung über verschiedene Lebensentwürfe verstehen, wollen er und seine Zuhörer möglichst totschweigen.

Den Aufstand gegen Trump wagt DeSantis nur zwischen den Zeilen: Er richte seine Politik nicht nach den Umfragen oder den Medien aus, sondern er mache das, was er für richtig halte. Es ist Trump, der fast jeden Tag jene Umfragen verbreitet, die ihn deutlich vor DeSantis liegend zeigen. Und noch eine kleine Spitze wagt DeSantis. Hillary Clinton habe noch im Präsidentschafts-Wahlkampf 2016 gegen Trump in mehreren Wahlkreisen gewonnen. Er, DeSantis, habe bei den Gouverneurswahlen 2022 hingegen fast alle Wahlkreise für sich entschieden.

Es bleiben zaghafte Versuche, den eigenen politischen Erfolg ins Verhältnis zu Trumps vergangenen enttäuschenden Ergebnissen zu setzen. Sich hier vollkommen gegen Trump zu stellen, kann DeSantis kaum wagen. Dann hätte er auch gleich fernbleiben können. Die Menge bleibt Trump im Kern treu, auch wenn einige Frauen vor der Bühne stehen und rufen: "We love you Gouverneur Ron DeSantis!" Er winkt ihnen kurz und sagt: "Hey, nice to see you." Es bleibt der einzige Moment, in dem er es schafft, einen Anflug von Charme zu zeigen.

Der Superstar der Konferenz hingegen bekommt eine Sonderbehandlung. Donald Trump spricht erst am Abend des kommenden Tages. Er bleibt der große Favorit der Basis, egal welche Taktik seine Gegner auch verfolgen. In Umfragen legt er weiter zu. Neue Spender sind bereit, die Kosten der Gerichtsverfahren gegen ihn zu übernehmen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen vor Ort
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