Vormarsch der Rebellen Äthiopische Regierung ruft Ausnahmezustand aus
In Äthiopien eskaliert der Konflikt zwischen der Zentralregierung und der Volksbefreiungsfront von Tigray weiter. Die Zentralregierung sieht sich unter Druck – und ruft den landesweiten Notstand aus.
Nach Geländegewinnen der Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF) hat Äthiopiens Zentralregierung am Dienstag mit sofortigem Effekt einen sechsmonatigen, landesweiten Ausnahmezustand ausgerufen. Er ermöglicht unter anderem die Errichtung von Straßensperren, die Unterbrechung der Verkehrs- und Kommunikationsverbindungen sowie die Übernahme der Verwaltung durch das Militär in bestimmten Bereichen. Zudem ist die Inhaftierung von Verdächtigen mit Verbindungen zum Gegner bis zur Dauer des Ausnahmezustands möglich, wie der Ministerrat erklärte. Er kündigte für die nächsten Tage weitere Ausführungsbestimmungen an.
Der militärische Konflikt begann vor rund einem Jahr, als Ministerpräsident Abiy Ahmed anfing, die in der Tigray-Region an der Macht befindliche TPLF zu verdrängen. Seit Anfang August weitete sich der Konflikt auf die Nachbarregionen Afar und Amhara aus – er hat zu einer schweren humanitären Krise im Norden des Landes geführt.
USA drohen mit Rausschmiss
Die Behörden in der Hauptstadt Addis Abeba riefen die Einwohner dazu auf, ihre Wohngegenden im Konflikt mit der TPLF zu verteidigen. Die Menschen sollten innerhalb der nächsten zwei Tage Schusswaffen polizeilich registrieren lassen. Alle Teile der Gesellschaft seien zur Kooperation aufgerufen. Abiy Ahmed hatte am Montagabend nicht näher benannte Ausländer weißer und schwarzer Hautfarbe beschuldigt, die TPLF zu unterstützten.
Im dem Konflikt musste sich das Militär in den vergangenen Tagen aus wichtigen Städten in der Region Amhara, welche an die Hauptstadt grenzt, zurückziehen. Gemeinsam mit Rebellen der Oromo Liberation Army (OLA) konnte sich die TPLF Zugang zu einer der wichtigsten Autobahnen im Land verschaffen. Sie rückt nun auf Addis Abeba vor.
Die USA drohten Äthiopien mit der Kündigung eines wichtigen Handelsabkommen. US-Präsident Joe Biden informierte den Kongress in einem am Dienstag vom Weißen Haus veröffentlichten Schreiben über seine Pläne, die er mit anhaltenden Menschenrechtsverstößen in dem Land begründete. Sollte es bis zum Beginn des neuen Jahres keine Besserung geben, droht der Rausschmiss aus dem Agoa-Programm. Es steht für African Growth and Opportunity Act und garantiert vielen afrikanischen Staaten zollfreien Zugang für Tausende Waren in den US-Markt. Für Äthiopien hat das Abkommen einen hohen ökonomischen Stellenwert.
- Nachrichtenagentur dpa