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Afghanistan: Taliban nähern sich militärischer Machtübernahme


Weitere Provinzhauptstädte erobert
Taliban nähern sich militärischer Machtübernahme in Afghanistan

Von dpa
Aktualisiert am 13.08.2021Lesedauer: 3 Min.
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Knapp 250.000 Menschen auf der Flucht: In Afghanistan spitzt sich die Lage zu, die Taliban sind auf dem Vormarsch und Hunderttausende Menschen auf der Flucht. (Quelle: t-online)

Fast eine Dekade lang haben die Taliban versucht, die wichtige Stadt Laschkargah im Süden Afghanistans einzunehmen. Vor allem mit Hilfe der USA wurden sie immer wieder gestoppt. Nun gehört sie ihnen.

Die radikalislamischen Taliban sind in Afghanistan weiter auf die Hauptstadt Kabul vorgerückt. Am Freitag eroberten sie die Provinzhauptstadt Pul-i-Alam, die nur 50 Kilometer südlich von Kabul liegt, wie ein Regionalparlamentarier der Nachrichtenagentur AFP sagte. Pul-i-Alam ist die Hauptstadt der Provinz Logar. Durch die Eroberung dieser Stadt öffneten sich die Islamisten einen Zugang für den weiteren Vormarsch in Richtung Kabul.

Die Taliban hätten die Kontrolle über Pul-i-Alam "zu 100 Prozent" übernommen, sagte der Abgeordnete Said Karibullah Sadat. Die Islamisten hätten alle Regierungseinrichtungen in der Stadt eingenommen. Es gebe derzeit in Pul-i-Alam keine Kämpfe mehr. Zuvor hatten die Taliban die wichtige Stadt Laschkargah eingenommen. Das bestätigten zwei Provinzräte am Freitag.

Laschkargah war seit Wochen schwer umkämpft

Die Taliban nähern sich damit weiter einer völligen militärischen Machtübernahme im Land. Es gibt Berichte über Angriffe auf weitere kleinere Provinzhauptstädte des Landes. Von den wichtigen Städten hält die Regierung nur noch die Hauptstadt Kabul, Masar-i-Scharif im Norden und Dschalalabad im Osten.

Laschkargah in der Provinz Helmand war seit Wochen schwer umkämpft. Viele Afghanen gingen aufgrund der heftigen Angriffe davon aus, dass sie die erste wichtige Stadt sein werde, die an die Islamisten fällt. Als die Regierung Ende Juli nur mehr zwei der zehn Polizeibezirke in der Stadt mit geschätzt 200.000 Einwohnern hielt, wurden aus Kabul noch einmal Spezialkräfte entsandt. Diese schafften es mit Unterstützung durch viele Luftangriffe der afghanischen und der US-Streitkräfte zunächst, die Lage zu stabilisieren, wobei aber auch ein Krankenhaus und eine Universität getroffen wurden.

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Nach anhaltenden schweren Angriffen und dem Einsatz auch von Autobomben gegen das noch von der Regierung gehaltene Polizeihauptquartier wendete sich die Situation in der Nacht zu Freitag allerdings zugunsten der Taliban. Der Provinzrat Abdul Madschid Achundsada sagte am Freitagmorgen, die Taliban hätten die gesamte Stadt eingenommen. Der Kommandeur des 205. Armeekorps, Sami Sadat, sei mit dem Gouverneur ausgeflogen worden. Restliche verbliebene Sicherheitskräfte hätten die Stadt auf dem Landweg verlassen.

Ehemalige Taliban-Hauptstadt zurückerobert

Auch Firus Koh in der Provinz Ghor im Westen des Landes sei von den Islamisten übernommen worden, bestätigten ein Provinzrat und eine Parlamentarierin am Freitag. Damit fiel die 15. Provinzhauptstadt innerhalb einer Woche an die Taliban. Die Stadt mit geschätzt 130.000 Einwohnern sei ohne jeglichen Widerstand von den Islamisten übernommen worden, sagte der Provinzrat Fasel-ul Hak Ehsan. Die Sicherheitskräfte und mehrere Regierungsvertreter hätten sich in eine Militärbasis in der Stadt zurückgezogen.

Am Freitagmorgen bestätigten Parlamentarier bereits die Einnahme der zweitgrößten Stadt des Landes, Kandahar, durch die Taliban, ihre bislang wichtigste Eroberung. Kandahar mit seinen mehr als 650.000 Einwohner ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz und das wirtschaftliche Zentrum des Südens. Kandahar war der Geburtsort der Taliban-Bewegung in den 1990er-Jahren. Die Stadt diente zudem als Hauptstadt der Islamisten während ihrer Herrschaft zwischen 1996 und 2001.

Mehr als drei Wochen lang kam es innerhalb der Stadt zu schweren Zusammenstößen zwischen der Regierung und den Taliban in Kandahar, bevor die Sicherheitskräfte die Stadt räumten, sagte der Parlamentarier Gul Ahmad Kamin, der die Provinz im Parlament vertritt. Die Regierungstruppen hätten schließlich die wichtigsten Behörden verlassen und im 205. Armeekorps der Provinz Zuflucht gesucht.

USA und Großbritannien schicken Soldaten

Am Donnerstag alleine konnten die Islamisten drei Städte einnehmen – darunter die drittgrößte Stadt Herat und die strategisch wichtige Stadt Gasni, die nur 150 Kilometer von Kabul entfernt liegt. Vertreter der afghanischen Regierung haben die sich überschlagenden Ereignisse noch nicht kommentiert.

Mehrere Staaten bereiten sich mittlerweile auf die Evakuierung ihrer Botschaftsmitarbeiter und anderer Staatsbürger vor. Die US-Streitkräfte verlegen sofort rund 3.000 zusätzliche Soldaten an den Flughafen in Kabul. Damit solle eine geordnete Reduzierung des US-Botschaftspersonals unterstützt werden, hieß es von einem Sprecher des US-Verteidigungsministeriums. Auch Großbritannien will rund 600 zusätzliche Soldaten schicken, um die Rückführung von Briten aus Afghanistan zu sichern. Zuletzt hatte US-Präsident Joe Biden am Donnerstag im Weißen Haus erklärt, die Afghanen müssten nun "selbst kämpfen, um ihren Staat kämpfen".

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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