Nach Ausschluss von Abgeordneten Hongkong: Pro-demokratische Fraktion will zurücktreten
Vier Abgeordnete werden aus dem Hongkonger Parlament ausgeschlossen, weil sie sich für die Demokratiebewegung einsetzten. Nun will die gesamte restliche pro-demokratische Fraktion aus Protest zurücktreten.
Aus Protest gegen den Rauswurf von vier Abgeordneten aus dem Hongkonger Parlament haben die Mitglieder des demokratischen Lagers nahezu geschlossen ihren Rücktritt angekündigt. Die 15 Abgeordneten des demokratischen Parteienbündnisses gaben ihre Entscheidung am Mittwoch bekannt.
Kurz zuvor hatte die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungsregion ihren Mitstreitern Alvin Yeung, Kwok Ka-ki, Dennis Kwok und Kenneth Leung die Mandate aberkannt. Hongkong war bis 1997 eine britische Kronkolonie und hat eigentlich besondere Rechte garantiert.
Wenige Minuten vor dem Rauswurf hatte Chinas staatliche Nachrichtenagentur Xinhua eine Entscheidung des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses veröffentlicht. Demnach kann Abgeordneten in Hongkong nun unter bestimmten Bedingungen ihr Sitz ohne Gerichtsbeschluss entzogen werden – wenn sie die Unabhängigkeit Hongkongs befürworten, sich an Handlungen beteiligen, die die nationale Sicherheit gefährden oder ausländischen Kräften helfen, sich in innere Angelegenheiten einzumischen.
Die vier betroffenen Politiker waren bereits von der Parlamentswahl ausgeschlossen worden, die eigentlich im September stattfinden sollte. Die Wahl wurde dann aber auf nächstes Jahr verschoben. Die vier gehörten im sogenannten Legislativrat – dem offiziellen Namen von Hongkongs Parlament – ebenfalls dem demokratischen Parteienbündnis an. Daneben gab es bislang nur wenige Abgeordnete, die China gegenüber ebenfalls kritisch eingestellt sind.
Regierungschefin Lam: Brauchen Patrioten im Parlament
Hongkongs pro-chinesische Regierungschefin Carrie Lam verteidigte das Vorgehen: "Wir brauchen ein politisches Gremium, das sich aus Patrioten zusammensetzt." Der Vorsitzende des demokratischen Lagers, Wu Chi-wai, sagte dagegen: "Heute geben wir bekannt, dass wir von unseren Posten zurücktreten werden, da unsere Kollegen durch den rabiaten Schritt der Zentralregierung ausgeschlossen wurden."
Auch international gab es Kritik. Die Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, Gyde Jensen (FDP), kritisierte, mit einem solchen "Blankoscheck-Gesetz" könnten künftig auch andere unliebsame Abgeordnete ausgeschlossen werden. Peking breche damit endgültig Völkerrecht. Die Bundesregierung müsse "endlich deutliche Konsequenzen ziehen". Eine offizielle Stellungnahme von deutscher Seite gab es zunächst nicht.
Hongkonger Parlament nur teilweise demokratisch gewählt
Der Legislativrat war bislang schon nur teilweise demokratisch besetzt, da Peking keine komplett freien Wahlen in der Sonderverwaltungsregion zulässt. Nur ein Teil der Abgeordneten werden nach allgemeinem freien Wahlrecht gewählt. Die anderen werden von Hongkonger Interessensgruppen bestimmt, die in der Mehrzahl dem Pro-Peking-Lager angehören. Wie die Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" berichtete, hatten sich die vier Abgeordneten an so genannten Filibustern beteiligt. Dabei wird durch andauernde Nachfragen eine Abstimmung über Gesetzesvorhaben verhindert.
Regierungschefin Lam bestritt, dass der Ausschluss damit zu tun habe. Man nehme Abgeordneten nicht die Sitze, "weil sie bestimmte parlamentarische Taktiken anwenden". Nicht zulässig seien aber Verstöße gegen die Verfassung und das Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit. China hatte das umstrittene Gesetz im Juni verabschiedet. Es richtet sich gegen Aktivitäten, die Peking als subversiv, separatistisch oder terroristisch ansieht. Kritiker halten dies für den bislang weitestgehenden Eingriff in Hongkongs Autonomie.
Seit dem 1. Juli 1997 gehört Hongkong wieder zu China, wird aber nach dem Grundsatz "Ein Land, zwei Systeme" regiert. Diese Vereinbarung sieht eigentlich vor, dass Hongkonger für 50 Jahre bis 2047 "ein hohes Maß an Autonomie" und viele Freiheiten genießen. Seit der Verabschiedung des Sicherheitsgesetzes reden viele jedoch nur noch von "Ein Land, ein System".
- Nachrichtenagentur dpa