Angriff in Nordsyrien Kampfjets bombardieren Markt – Dutzende Tote
Seit Wochen läuft eine Offensive gegen Syriens letztes großes Rebellengebiet in Idlib. Immer wieder sterben dabei Zivilisten. Nun traf es einen belebten Markt. Russland weist die Verantwortung von sich.
Trotz einer geltenden Waffenruhe sind in Syriens letztem großen Rebellengebiet Idlib erneut Dutzende Menschen bei einem Luftangriff ums Leben gekommen. Kampfjets griffen nach Angaben von Aktivisten einen Markt in der Stadt Maarat al-Numan an. Dabei kamen mindestens 41 Zivilisten ums Leben, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Mehr als 100 weitere Menschen seien verletzt worden, viele weitere seien unter den Trümmern begraben.
Die Beobachtungsstelle machte russische Jets für die Angriffe verantwortlich. Das russische Militär wies dies zurück. Russland ist in dem Krieg der wichtigste Verbündete des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und kämpft dort seit 2015 mit eigenen Truppen.
Der Angriff erfolgte nur einen Tag nach einem russischen Luftangriff auf die Stadt Chan Scheichun mit 18 Toten. Unter den Opfern des Angriffs im Süden der Rebellenbastion Idlib waren laut der Zivilschutzorganisation der Weißhelme neben sieben Kindern auch der 22-jährige Bürgerjournalist Anas al-Dyab, der als Video- und Fotojournalist auch für die Nachrichtenagentur AFP tätig war.
"Dies sind rein zivile Gegenden"
Aktivisten zufolge stieg nach den Angriffen in Maarat al-Numan schwarzer Rauch über dem Stadtzentrum auf. Ihnen zufolge flogen Kampfflugzeuge vier Angriffe hintereinander auf dieselbe Gegend. Anwohner berichteten, dass etwa 50 Geschäfte und ein Dutzend vierstöckiger Gebäude zerstört worden seien. "Dies sind rein zivile Gegenden", sagte Anwohner Omar al-Sud der Deutschen Presse-Agentur.
Rettungskräfte der Weißhelme bargen auf Tragen oder Matratzen blutüberströmte Opfer aus den Trümmern, wie ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Anwohner flohen teils barfuß mit ihren Kindern aus der Region, während zwischen dem Schutt ein lebloser Körper lag. Laut den Weißhelmen wurde auch einer ihrer freiwilligen Helfer getötet.
Hunderte Luftangriffe – trotz Waffenruhe
In Idlib und angrenzenden Regionen gilt seit vergangenem September eigentlich eine Waffenruhe. Die Truppen von Machthaber Baschar al-Assad und ihre russischen Verbündeten gehen seit Ende April aber wieder verstärkt gegen Dschihadisten und andere Rebellen vor. Bei Luftangriffen und Gefechten wurden laut der Beobachtungsstelle seitdem mehr als 650 Zivilisten sowie hunderte Kämpfer beider Seiten getötet.
Zudem wurden zehntausende Menschen in die Flucht getrieben und zwei dutzend Kliniken zerstört. Idlib ist die letzte Provinz in Syrien unter Kontrolle der Rebellen. Drei Millionen Menschen leben in der ländlichen Region an der Grenze zur Türkei, darunter hunderttausende Flüchtlinge. Experten gehen davon aus, dass die Assad-Truppen nicht die Einnahme der gesamten Region anstreben, sondern nur einzelne Gebiete erobern wollen.
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Zwei Kardinäle des Vatikans reisten am Montag nach Damaskus, um Präsident Assad zu treffen. Wie der Vatikan mitteilte, überbrachten sie dabei einen Brief von Papst Franziskus, in dem dieser "seine tiefe Besorgnis über die humanitäre Situation in Syrien ausdrückt, insbesondere über die dramatischen Bedingungen der Zivilbevölkerung von Idlib".
- Nachrichtenagentur dpa