Nach erneuten Ausschreitungen Macron kündigt Rede an die Nation an
Der französische Staatspräsident bricht nach der Eskalation der Gewalt sein Schweigen und will am Montag zur Nation sprechen. Die Arbeitsministerin dämpft jedoch bereits die Erwartungen.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will sich nach neuen gewaltsamen Protesten gegen seine Reformpolitik am Montagabend in einer Rede an die Nation wenden. Ein Regierungssprecher warnte allerdings vor überzogenen Erwartungen. Zuvor soll Macron am Vormittag mit Vertretern von Gewerkschaften und Arbeitgebern zusammenkommen.
Erneut 140 Menschen verletzt
Unterdessen machten sich am Sonntag Helfer in Paris an die Aufräumarbeiten: Sie schafften ausgebrannte Autos weg und reparierten zerstörte Schaufenster und Fassaden. In der französischen Hauptstadt war es bereits den vierten Samstag in Folge zu Ausschreitungen gekommen, auch in anderen Städten gab es Proteste. Rund 120 Demonstranten und 20 Polizisten im ganzen Land wurden verletzt.
Arbeitsministerin Muriel Penicaud kündigte an, dass Macron bei seiner Rede konkrete und sofortige Maßnahmen ankündigen werde. Darunter werde allerdings keine Anhebung des Mindestlohns sein, weil dies Jobs kosten würde. "Viele kleine Unternehmen können sich das nicht leisten und würden bankrott gehen", sagte sie. Regierungssprecher Benjamin Griveaux mahnte: "Nicht alle Probleme der Gelbwesten-Demonstranten können per Zauberstab gelöst werden."
Befeuert Russland die Krawalle?
Der Präsident steht zunehmend in der Kritik, weil er trotz der anhaltenden Proteste seit über einer Woche nicht in der Öffentlichkeit erschienen ist. Zwar gab es Zugeständnisse, indem etwa die umstrittene Anhebung der Ökosteuer fallengelassen wurde. Macron hatte es aber Ministerpräsident Edouard Philippe überlassen, die erste durchgreifende Kehrtwende während seiner Präsidentschaft anzukündigen. Zuletzt hatte sich Macron Ende November mit einer Rede an die Nation gewandt und betont, er werde sich nicht durch Schläger zu einem Politikwechsel drängen lassen. Rechts- und Linksextremisten versuchen die Proteste zu instrumentalisieren. Es gibt Berichte, denen zufolge Russland über soziale Netzwerke versucht, die Krawalle zu befördern.
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Die Proteste der "Gelbwesten" waren vor vier Wochen ausgebrochen, als fast 300.000 Menschen aus Wut über die geplante Erhöhung der Ökosteuer auf Frankreichs Straße gingen. Die Demonstranten, die als Erkennungszeichen gelbe Warnwesten für Autofahrer tragen, protestieren auch generell gegen hohe Lebenshaltungskosten. Viele von ihnen fordern mittlerweile den Rücktritt des Präsidenten. In Graffiti-Schriftzügen an Hauswänden nahe den Champs Elysees hieß es am Wochenende: "Du wirst es nicht bis nach Weihnachten schaffen, Emmanuel." Macron sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, ein Präsident der Reichen auf Kosten der Ärmeren zu sein. Am vergangenen Samstag war es in Paris zu den schwersten Ausschreitungen seit der Studentenproteste 1968 gekommen.
Wirtschaft könnte unter Protesten leiden
Wegen der anhaltenden Demonstrationen in der Vorweihnachtszeit erwartet Finanzminister Bruno Le Maire schwere Folgen für die Wirtschaft. "Wir müssen zum Jahresende wegen der Gelbwesten-Proteste mit einer erneuten Abschwächung des Wirtschaftswachstums rechnen", sagte Le Maire. Vor der Protestwelle waren Ökonomen noch davon ausgegangen, dass die Konjunktur nach einem schwachen ersten Halbjahr wieder Fahrt aufnimmt. Weil nun aber Geschäfte ihre Türen an einem der wichtigsten Einkaufstage geschlossen hielten, erwarten Händler Einbußen. Auch Industrieunternehmen und der Tourismusbranche machen die Demonstrationen zum Jahresende einen Strich durch die Rechnung. Aus Sicherheitsgründen blieben am Samstag Sehenswürdigkeiten und Museen geschlossen.
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Außenminister Jean-Yves Le Drian wies unterdessen Twitter-Kommentare von US-Präsident Donald Trump zu den jüngsten Protesten als Einmischung in innenpolitische Angelegenheiten zurück. "Ich sage Donald Trump, und der Präsident (Emmanuel Macron) sagt es ihm auch: Wir beteiligen uns nicht an amerikanischen Debatten, lassen Sie uns also auch in unseren Land unser Leben leben", so Le Drian im TV-Sender LCI. Trump hatte in mehreren Tweets Frankreichs Umwelt- und Steuerpolitik ins Visier genommen.
- Nachrichtenagentur Reuters