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Iran-Proteste: Parlamentarier fordern Todesstrafe für Demonstranten


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Proteste dauern an
Parlamentarier fordern Todesstrafe für Demonstranten im Iran


Aktualisiert am 08.11.2022Lesedauer: 4 Min.
Eine Frau bei einer Demonstration in Teheran: Dort sind mindestens 1.000 Menschen festgenommen worden.Vergrößern des Bildes
Eine Frau bei einer Demonstration in Teheran: Dort sind mindestens 1.000 Menschen festgenommen worden. (Quelle: IMAGO/Sobhan Farajvan)
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Die Demonstrationen im Iran lassen nicht nach, Tausende protestieren gegen das vorherrschende Regime. Nun fordern Parlamentarier harte Strafen.

Die Hand eine geballte Faust, der Rücken gerade durchgestreckt, der Blick voller Wut: Seit acht Wochen stehen die mutigen Demonstranten im Iran für ihren Wunsch nach Freiheit ein – koste es, was es wolle. Inzwischen sind es Tausende, die von der Sittenpolizei getreten, geschlagen und festgenommen wurden. Jetzt droht ihnen der Tod.

Am Sonntag haben 227 Abgeordnete des iranischen Parlaments die Justiz des Landes aufgefordert, gegen Demonstranten die Todesstrafe zu verhängen. Es solle "keine Nachsicht" geben.

Unter den insgesamt 290 Parlamentariern sind viele Hardliner und ehemalige Offiziere der Revolutionsgarden. Sie verurteilen die Proteste, die sich das gegen das islamische Regime richten.

In einer Erklärung, die am Sonntag im Parlament verlesen wurde, nannten sie die Demonstranten "Muhāraba". Im islamischen Recht oder der Scharia steht das Wort auch für den "Feind Gottes", der die Todesstrafe verdient. Sie verglichen die Demonstranten gar mit Mitgliedern des "Islamischen Staates", die "das Leben und Eigentum von Menschen angreifen".

Droht nun die nächste Stufe der Eskalation im Iran? Dreht sich die Polizeigewalt nun weiter, kommt es gar zu massenhaften Exekutionen?

Inzwischen dürften weit mehr als 10.000 Menschen im Iran im Gefängnis sitzen. Laut Javaid Rehman, dem UN-Sonderberichterstatter für die Menschenrechtslage in der Islamischen Republik Iran, sind es seit Ausbruch der Proteste rund 14.000. Andere Quellen, auf die sich etwa die Nachrichtenagentur dpa beruft, gehen sogar von mehr als 15.000 Leuten aus, darunter Journalisten, Aktivisten, Anwälte und Pädagogen.

Lektion für Demonstranten?

Den Demonstranten solle eine Lektion erteilt werden, um andere abzuschrecken, die die Autorität der iranischen Regierung bedrohen, zitiert CNN aus dem Schreiben unter Berufung auf das staatliche Portal "Press TV". Genauer sollen mindestens 1.000 Menschen in Teheran wegen ihrer angeblichen Beteiligung an den landesweiten Protesten angeklagt worden sein, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Irna. Die Prozesse sind öffentlich und laufen seit mehr als einer Woche.

Die Journalistin und Politikwissenschaftlerin Gilda Sahebi schreibt bei Twitter seit Beginn der Proteste über die Lage im Iran. Sie stellt zu dem Schreiben der Parlamentarier klar: Das Statement habe keine rechtliche Bindung. Es sei menschenverachtend und eine Verletzung von Menschenrechten.

Ihre Forderung: Die Parlamentarier sollten mit westlichen Sanktionen belegt werden, so wie sie die Europäische Union bereits im Oktober gegen einzelne Personen im Iran verhängt hat. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) äußerte sich Ende Oktober zur Lage im Iran, verurteilte die Menschenrechtslage in dem Land und hatte weitere Sanktionen angekündigt.

Röttgen: "Gibt kein Zurück mehr"

Auch Norbert Röttgen (CDU), Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, äußerte sich bei Twitter. "Auch aus diesem Grund gibt es für die Menschen im Iran kein Zurück mehr" schrieb er. "Sie wissen: Wenn Sie jetzt aufhören, wird die Brutalität, mit der das Regime zurückschlägt, gewaltig sein. Darum machen sie weiter und darum müssen wir sie unterstützen!"

Wie kann der Konflikt nun beigelegt werden? Irans Oppositionspartei Ettehad Mellat hat Neuwahlen gefordert, um die anhaltenden Proteste im Land friedlich zu beenden. "Der Mangel an politischer Legitimität (der jetzigen Regierung) ist die größte Bedrohung für die nationale Sicherheit, daher gibt es keinen anderen Weg als freie Neuwahlen und Stärkung des Rechtsstaatsprinzips", twitterte die Generalsekretärin der Partei, Asar Mansuri, am Montag. Das System solle "die Wurzeln" der Proteste begreifen und nicht mit irrelevanten Ausreden versuchen, sie zu vertuschen, so die Reformpolitikerin.

Seit Beginn der Proteste sollen insgesamt 319 Menschen durch die iranische Polizei getötet worden sein. Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben derzeit nicht, was auch daran liegt, dass die Behörden im Iran immer wieder gezielt Desinformationen streuen.

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Das fing bereits beim Auslöser der Demonstrationen an: dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini. Die junge Frau wurde offenbar von der Sittenpolizei so schwer am Kopf verletzt, dass sie kurze Zeit nach ihrer Festnahme in einem Krankenhaus starb. Festgenommen wurde sie, weil sie ihr Kopftuch nicht richtig getragen hatte.

Die Geschichte der Polizei lautet derweil: Amini habe eine Vorerkrankung am Herzen gehabt, die zu ihrem Tod geführt habe. Dem entgegen steht die Aussage von Aminis Vater, der im Gespräch mit dem Fernsehsender CNN nichts von einer solchen Erkrankung gewusst haben will.

Und auch die Abgeordneten im Parlament säen immer wieder Zweifel am eigentlichen Auslöser der Proteste. So bezeichnen viele von ihnen die aktuellen Proteste der Bevölkerung lediglich als "Unruhen" und behaupteten, dass "die USA und andere Feinde" zu Gewalt aufstacheln, Kundgebungen organisieren und finanzielle Unterstützung und Waffen bereitstellen würden, um die Proteste voranzutreiben.

Auch behaupten sie, "Schläger und Mobs" hätten Dutzende von Menschen getötet und die Sicherheit des Landes gestört. Das berichtet das Portal "Iran International".

Todesstrafen schon zuvor unverhältnismäßig verhängt

Sollten die Gefängnisinsassen nun zum Tode verurteilt werden, wäre das in diesem Ausmaß im Iran nicht das erste Mal. Die Todesstrafe wurde laut Amnesty International auch schon früher nach unfairen Gerichtsverfahren im Iran verhängt, auch für Straftaten, die nicht die Schwelle der schwersten Verbrechen erreichten.

Dazu zählen etwa Drogenhandel und Finanzkorruption sowie sogar eine Reihe anderer Handlungen, die international nicht als Verbrechen gelten. Todesurteile wurden als Repressionswaffe gegen Demonstranten, Dissidenten und ethnische Minderheiten eingesetzt, heißt es auf der Internetseite der Menschenrechtsorganisation.

Dass all das die Demonstranten von ihrem Protest auf der Straße abhält, ist unwahrscheinlich. So sieht es jedenfalls die Journalistin Gilda Sahebi: "Das muss allen klar sein: Weiter zu protestieren ist die einzige Chance auf Überleben, die die Menschen haben. Ich höre es immer wieder: Wenn wir aufhören zu protestieren, bringen sie uns alle um. Das Protestieren ist Selbstverteidigung, es ist ihre einzige Waffe."

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