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Angst vor Atomkrieg: Baerbock attackiert Russland – Putin beschwichtigt


Angst vor Atomkrieg
Baerbock attackiert Russland – Putin beschwichtigt

Von dpa, pdi

Aktualisiert am 01.08.2022Lesedauer: 3 Min.
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New York: Annalena Baerbock spricht bei der Generaldebatte der Überprüfungskonferenz zum Nuklearen Nichtverbreitungsvertrag der UN. (Quelle: Britta Pedersen/dpa)

Die Angst aus dem Kalten Krieg ist zurück: Durch Russlands Angriffskrieg in der Ukraine wächst auch die Gefahr der atomaren Vernichtung, so die Sorge der Vereinten Nationen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und ihr US-Amtskollege Antony Blinken haben die atomaren Drohgebärden Russlands vor den Vereinten Nationen scharf verurteilt. Russland habe wiederholt "rücksichtslose nukleare Rhetorik" verwendet, mit der es die Bemühungen der letzten 50 Jahre um die Eindämmung von Atomwaffen weltweit aufs Spiel setze, sagte Baerbock am Montag bei der UN-Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrags. Mit der Ukraine habe Russland ein Land ohne Atomwaffen angegriffen und damit frühere Zusicherungen "brutal verletzt".

Blinken warf Russland "gefährliches nukleares Säbelrasseln" vor. "In unserer Welt ist kein Platz für nukleare Abschreckung auf der Grundlage von Gewalt und Einschüchterung oder Erpressung. Wir müssen zusammenstehen, um dies abzulehnen."

Guterres warnt vor Atomkrieg

Russlands Präsident Wladimir Putin beteuerte dagegen, dass er nicht vorhabe, einen Atomkrieg vom Zaun zu brechen. "Wir gehen davon aus, dass es in einem Atomkrieg keine Sieger geben kann und er niemals begonnen werden darf", schrieb er in einem auf der Webseite des Kremls veröffentlichten Grußwort an die Konferenzteilnehmer.

Damit trat er seit Kriegsbeginn wachsenden Befürchtungen entgegen, dass Moskau in der Ukraine womöglich Atomwaffen einsetzen könnte. Putin hatte die russischen Atomstreitkräfte kurz nach dem Angriff auf das Nachbarland in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Nun betonte er, dass Russland seine Verpflichtungen als Gründungsmitglied des Atomwaffensperrvertrags erfülle und auch weiter erfüllen wolle.

UN-Generalsekretär António Guterres mahnte, die Welt befinde sich in einer "Zeit nuklearer Gefahr, wie es sie seit dem Höhepunkt des Kalten Krieges nicht mehr gegeben" habe. "Die Menschheit läuft Gefahr, die Lehren zu vergessen, die in den schrecklichen Feuern von Hiroshima und Nagasaki geschmiedet wurden". Die Welt sei nur ein Missverständnis oder eine Fehlkalkulation von der nuklearen Vernichtung entfernt.

"Nuklearwaffen eine bittere Realität"

Das mehr als 50 Jahre alte Abkommen über die Nichtverbreitung von Kernwaffen (NVV), dem 191 Staaten beigetreten sind, bildet die Grundlage für atomare Abrüstung weltweit. Es besagt, dass nur die USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien Atomwaffen besitzen dürfen. Die vier anderen mutmaßlichen Atommächte Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea sind dem Vertrag entweder nicht bei- oder wieder ausgetreten. Ziel des Vertrags ist es, die Verbreitung von Atomwaffen zu verhindern, nukleare Abrüstung voranzutreiben und die friedliche Nutzung von Kernenergie zu fördern.

Alle fünf Jahre ist eine Überprüfung des Erreichten vorgesehen. Die zehnte Überprüfungskonferenz sollte bereits 2020 stattfinden, wurde wegen der Corona-Pandemie aber verschoben, und läuft nun bis zum 26. August. Die atomare Abrüstung war schon vor Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine ins Stocken geraten. Jetzt wird die Reduzierung der knapp 13.000 Atomwaffen weltweit noch schwerer.

Baerbock machte sich nach ihrer Ankunft in New York trotzdem für konkrete Abrüstungsschritte stark. Gleichzeitig bekannte sie sich aber zur deutschen Beteiligung an atomarer Abschreckung. "Der brutale Angriffskrieg Russlands macht deutlich, dass Nuklearwaffen leider eine bittere Realität sind", sagte sie. "Der Einsatz für nukleare Nichtverbreitung und nukleare Abschreckung sind in diesen Zeiten kein Widerspruch."

US-Atomwaffen in Deutschland

Deutschland besitzt selbst keine Atomwaffen. Allerdings sind auf dem Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz nach Expertenschätzungen bis zu 20 US-Atombomben stationiert, die im Ernstfall von Kampfjets der Bundeswehr eingesetzt werden sollen. So beteiligt sich Deutschland an der nuklearen Abschreckung der Nato.

Angesichts von Spannungen und stockenden Verhandlungen über das iranische Atomprogramm nahm der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, in seiner Rede auch Teheran in die Pflicht: "Wir brauchen einen Zugang, der der Breite und Tiefe dieses nuklearen Problems angemessen ist". Nur dann sei die IAEA in der Lage "die notwendigen und glaubwürdigen Zusicherungen zu geben, dass jede Aktivität in der Islamischen Republik Iran friedlichen Zwecken dient."

Die Verhandlungen über eine Wiederbelebung des 2015 geschlossenen Abkommens zwischen dem Iran und den sechs Vertragspartnern – China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Russland und die USA stocken seit März. Der Iran signalisierte am Montag aber seine Bereitschaft zur Wiederaufnahme der Atomverhandlungen. "Wir haben in den letzten Tagen wichtige Botschaften erhalten (...) Es besteht in der Tat schon bald die Möglichkeit für neue Verhandlungen", sagte Außenamtssprecher Nasser Kanaani in Teheran.

Für Baerbock ist die Atomwaffen-Konferenz der Auftakt einer dreitägigen Nordamerika-Reise. Am Dienstag hält sie in New York eine Rede zu den transatlantischen Beziehungen und reist abends zu ihrem Antrittsbesuch nach Kanada weiter.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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