Streit mit EU Großbritannien verlängert einseitig Frist für Brexit-Regel
Eigentlich soll ab Ende des Monats der Handel zwischen Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs kontrolliert werden. Nun schiebt Großbritannien die Frist erneut auf. Die EU reagiert verschnupft.
Die britische Regierung will erneut einseitig die Anwendung von Brexit-Regeln für den Handel zwischen Nordirland und dem Rest des Landes aufschieben. Das teilte Brexit-Minister David Frost am Montagabend in einer Stellungnahme an das Oberhaus mit. Die eigentlich Ende des Monats auslaufenden Gnadenfristen werden verlängert, wie Frost schrieb. Damit solle der Raum für laufende technische Gespräche mit der EU geschaffen werden. Ziel sei es, einen "konstruktiven Prozess" zu erarbeiten, um Probleme anzugehen, die man im Nordirland-Protokoll identifiziert habe.
Die Reaktion aus der EU war verschnupft. Es handle sich um ein internationales Abkommen, dem alle Seiten rechtlich verpflichtet seien, hieß es in einer Stellungnahme der EU-Kommission. Weitere rechtliche Schritte wolle man aber vorerst nicht einleiten. Auch ein bereits laufendes Vertragsverletzungsverfahren solle vorerst nicht weiter betrieben werden, hieß es. Der Fokus liege darauf, praktische Lösungen für die Umsetzung des Protokolls zu finden. Eine von London geforderte Neuverhandlung der Vereinbarung schloss die EU-Kommission erneut aus.
EU wirft Briten Blockadehaltung vor
Das sogenannte Nordirland-Protokoll ist Teil des Brexit-Abkommens und soll sicherstellen, dass keine Grenzkontrollen zwischen dem zum Vereinigten Königreich gehörenden Nordirland und dem EU-Mitglied Irland notwendig werden. Eine offene Grenze zwischen den beiden Teilen der irischen Insel gilt als Voraussetzung für den Erhalt des brüchigen Friedens in der ehemaligen Bürgerkriegsregion.
Stattdessen muss nun kontrolliert werden, wenn Waren von England, Schottland oder Wales nach Nordirland gebracht werden. Das macht Schwierigkeiten, für die sich beide Seiten gegenseitig verantwortlich machen. In London heißt es, das Protokoll sei nicht umsetzbar, die EU hingegen wirft den Briten eine Blockadehaltung vor.
Problematisch ist das Protokoll vor allem im Hinblick auf Lebensmittel tierischen Ursprungs. Die britische Presse taufte den Streit daher "Würstchenkrieg". Fleisch- und Wurstwaren aus Großbritannien hätten eigentlich schon seit Juli nicht mehr nach Nordirland gebracht werden dürfen. Doch beide Seiten einigten sich damals auf eine Verlängerung der Gnadenfrist bis Ende September – diese will London nun nochmals verlängern.
- Nachrichtenagentur dpa