"Direkter Angriff auf die Meinungsfreiheit" Russland will offenbar BBC-Journalistin aus dem Land werfen
Es herrscht Eiszeit zwischen Großbritannien und Russland: Anfang der Woche wurde in Potsdam ein russischer Spion festgenommen. Nun hat Moskau offenbar das Visum einer BBC-Journalistin nicht verlängert.
Der britische Rundfunksender BBC hat die Ausweisung einer seiner Korrespondentinnen aus Russland mit scharfen Worten verurteilt. "Die Ausweisung von Sarah Rainsford ist ein direkter Angriff auf die Medienfreiheit", sagte BBC-Generaldirektor Tim Davie am Freitag. Zuvor hatte das russische Staatsfernsehen berichtet, die Journalistin habe bis Ende August Zeit, das Land zu verlassen. Die Ausweisung sei eine Antwort auf die britische Politik gegenüber Moskau.
Rainsford sei "eine außergewöhnliche und furchtlose Journalistin", sagte Davie. Sie habe "unabhängige und gründlich recherchierte Berichte über Russland und die ehemalige Sowjetunion" geliefert.
"Ausweisung stellt einen bedeutenden Einschnitt dar"
Der Fernsehsender Rossija 24 meldete ohne Angabe einer Quelle, dass das Visum der britischen Journalistin am 31. August auslaufe und es auf Anordnung der Behörden nicht verlängert werde. "Die Ausweisung stellt einen bedeutenden Einschnitt dar", kommentierte ein Journalist des Nachrichtensenders. Die Maßnahme sei entsprechend zu dem Druck, der in Großbritannien auf russische Medien ausgeübt werde.
2019 hatte die britische Rundfunkaufsicht Ofcom gegen den Kreml-nahen Sender RT eine Geldstrafe von 200.000 Pfund verhängt wegen gravierender "Einseitigkeit" in der Berichterstattung über den Giftanschlag auf den ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal 2018 im britischen Salisbury sowie über den Syrienkonflikt. Im Gegenzug leitete die russische Rundfunkaufsicht eine Untersuchung zur BBC-Berichterstattung über den Syrien-Konflikt ein.
Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, bestätigte den Bericht des Staatsfernsehens über die Ausweisung der britischen Journalistin nur indirekt. "Vertreter der BBC haben sich kürzlich ins Außenministerium begeben, man hat alles erklärt, sie können also alles erzählen", erklärte sie im Messengerdienst Telegram. "Seid nicht schüchtern", setzte sie an die BBC gerichtet hinzu. Russland habe in der Vergangenheit vergeblich "die Demütigungen" verurteilt, die London russischen Korrespondenten in Großbritannien bei der Visa-Vergabe zugefügt habe, erklärte die Ministeriumssprecherin.
Sehr angespannte Beziehungen
Die russischen Behörden kritisieren immer wieder öffentlich die westliche Berichterstattung über Russland und verurteilen Artikel oder Reportagen regelmäßig als russlandfeindlich. Ausweisungen von Journalisten sind jedoch selten.
In diesem Jahr verstärkten die Behörden ihr Vorgehen gegen Medien, Nichtregierungsorganisationen und russische politische Organisationen wegen angeblicher Regierungsfeindlichkeit und mit dem Vorwurf, vom Westen finanziert zu werden oder dessen Interessen zu dienen.
Die diplomatischen Beziehungen zwischen Großbritannien und Russland sind seit 2006 äußerst angespannt, als der frühere russische Agent und Kremlkritiker Alexander Litwinenko im Exil in London an einer Vergiftung mit hochgradig radioaktivem Polonium starb. London gibt Moskau die Schuld, das jegliche Verantwortung bestreitet.
Auf den versuchten Mordanschlag auf Skripal mit dem Nervengift Nowitschok in Großbritannien reagierte London mit der Ausweisung von 23 russischen Diplomaten, Moskau zog auf die gleiche Weise nach.
- Nachrichtenagentur afp