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Corona-Ausbruch: Die Angst der Chinesen vor dem Neujahrsfest


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Angeblich niedrige Corona-Zahlen
Die Angst der Chinesen vor dem Neujahrsfest

Von Maximilian Kalkhof

Aktualisiert am 13.02.2021Lesedauer: 4 Min.
Chinesische Laternen: Die Regierung des Landes meldet extrem wenige Corona-Fälle.Vergrößern des Bildes
Chinesische Laternen: Die Regierung des Landes meldet extrem wenige Corona-Fälle. (Quelle: imago-images-bilder)

Die Infektionszahlen sind in China

Zwei.

Die Zahl wirkt so unglaublich, dass man sie besser noch einmal wiederholt: Zwei. So viele Neuinfektionen meldete China am Donnerstag. Beide Infektionsfälle sollen importiert worden sein. Dazu meldete Peking noch 16 asymptomatische Infektionen. Auch hier sollen 15 Fälle importiert worden sein. Die Gesamtzahl der Infektionen liegt in China damit bei gerade einmal etwas mehr als 100.000. Nach Angaben der Nationalen Gesundheitskommission sind zudem bereits mehr als 40 Millionen Chinesen gegen Corona geimpft worden.

Die chinesische Kommunistische Partei (KP) hat zu Zahlen ein spezielles Verhältnis. Sie dienen der leninistischen Kaderpartei dazu, die Erfüllung selbst gesteckter Ziele zu proklamieren. Auch sollen sie den Bürgern signalisieren: Wir halten unser Versprechen.

Soziales Leben? Ohne App nicht möglich

Man sollte die chinesischen Corona-Zahlen also nicht für bare Münze nehmen. Doch selbst wenn sie geschönt sein sollten: Die Tendenz stimmt, das zeigt das Leben in China. Die Volksrepublik hat die Pandemie überwiegend im Griff. In den Großstädten ist das Leben schon seit Längerem wieder angelaufen. In den Clubs des Landes wird gefeiert. Selbst in Wuhan, der Stadt, in der das Virus zuerst ausgebrochen ist, drängen sich die Menschen wieder in Restaurants. Zur schönen neuen Welt gehört in China aber auch eine Gesundheits-App, die Beobachter als den Beginn eines autoritären Biosicherheitsstaats sehen. Soziales Leben ist ohne diese App nicht mehr möglich.

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Aber so gering die Gefahr einer zweiten Welle auch scheint: China hat panische Angst vor einem erneuten Ausbruch. An diesem Freitag beginnt in Ost- und Südostasien das Neujahrsfest. Nach dem Mondkalender läutet es das Jahr des Ochsen ein. Doch in China wird das Fest für viele Menschen ausfallen – trotz des geringen Infektionsgeschehens.

Das Neujahrsfest gleicht in China gewöhnlich einer Völkerwanderung. Im Jahr 2019, also vor Corona, wurden in China zu Neujahr drei Milliarden Reisen gezählt – bei einer Bevölkerung von 1,4 Milliarden Menschen. Das Neujahrsfest ist das wichtigste Fest des chinesischen Kalenders – ungefähr vergleichbar mit Weihnachten und Silvester zusammen. Für viele Chinesen ist es zudem die einzige Möglichkeit, einmal im Jahr ihre Familie zu sehen. In China gibt es etwa 300 Millionen Wanderarbeiter, die meist fern der Heimat leben. Oft lassen diese Arbeiter ihre Kinder in der Obhut ihrer Großeltern zurück.

"Häusliche Beobachtung" nach Ankunft

Für viele dieser Arbeiter heißt es dieses Jahr: Neujahr ohne Kinder. Denn China versucht, seine Bürger vom Reisen abzuhalten. Die Nationale Gesundheitskommission hat neue Regeln erlassen, die besonders die Menschen hart treffen, die in ländliche Gebiete zurückkehren wollen. Wer ins Hinterland reisen will, muss einen negativen Corona-Test vorlegen, der nicht älter als sieben Tage ist. Zudem muss nach der Ankunft eine zweiwöchige "häusliche Beobachtung" ausgesessen werden.


Viele Chinesen glauben, dass die Worte der Gesundheitskommission zivilisiert klingen, aber die harsche Realität verhüllen sollen. In den sozialen Medien kursierte eine Grafik, die zeigt, wie die untersten Verwaltungsebenen die Regeln wohl auslegen werden. Was die Kommission noch epidemiologisch begründet, heißt dort nur noch: "Zieh Leine!"

Die Angst vor einer zweiten Welle zieht sich wie ein roter Faden durch die chinesische Pandemiebekämpfung. Das Land hat seine Grenzen seit März 2020 faktisch geschlossen, Visa gibt es nur in Ausnahmefällen. Wer einreist, muss – je nach Region – zwischen zwei und vier Wochen in Quarantäne und mehrere Corona- und Antikörpertests machen.

Auswärtiges Amt verschärft Reisewarnung für China

Zuletzt berichtete die "Süddeutsche Zeitung", dass China Einreisende sogar über Wochen festhält und immer wieder untersucht – trotz negativer Corona-Tests. Demnach befindet sich ein Deutscher seit Mitte Januar in einem chinesischen Krankenhaus, obwohl er bei der Einreise, wie vorgeschrieben, einen negativen PCR- und einen negativen Antikörpertest vorlegte. Der Mann soll zuvor an Corona erkrankt, aber wieder genesen sein.

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Das Auswärtige Amt verschärfte diese Woche seine Reisehinweise für China. "Personen mit auskurierter Erkrankung werden, trotz negativer PCR- und IgM-Antikörpertests und grünem QR-Code, bei Einreise in sofortige mehrwöchige Krankenhausquarantäne überführt und weitreichenden Untersuchungen unterzogen", heißt es dort. Die Maßnahmen seien "invasiv", die deutschen Vertretungen in China hätten auf die Maßnahmen und ihre Durchführung „keinen Einfluss“. Heißt im Klartext: Wen die chinesischen Behörden in ein Krankenhaus stecken, den kriegt dort auch das deutsche Außenministerium nicht herausgeboxt.

Leere Hallen an den Flughäfen

All die von der Gesundheitskommission angekündigten Maßnahmen scheinen Wirkung zu zeigen: Wer sich dieser Tage Fotos und Videos von chinesischen Flughäfen anschaut, der sieht verhältnismäßig leere Hallen. Ein Sprecher des Verkehrsministeriums sagte vor ein paar Tagen, dass er dieses Jahr nur mit 1,1 Milliarden Reisen rechne – 60 Prozent weniger als 2019 und so wenig wie noch nie, seit die Neujahrs-Reisezahlen 2003 zum ersten Mal veröffentlicht wurden.

Doch während die Wanderarbeiter die Verlierer des Neujahrsfests sind, scheinen Besserverdiener Wege zu finden, trotz der Maßnahmen Urlaub zu machen. Auf Ctrip etwa werden eifrig Hotelbuchungen vorgenommen. Aber wie die Online-Reiseplattform mitteilte, werden überwiegend Vier- und Fünf-Sterne-Unterkünfte gebucht.

Und auch "The Beijinger" verriet seinen Lesern, wie und wo man trotz der widrigen Umstände ein schönes Neujahrsfest verbringen könne: Das Stadtmagazin empfahl unter anderem eine "Staycation" in dem Pekinger Luxushotel "Intercontinental". Der Preis für eine Nacht, Dinner und Champagner-Frühstück inklusive: umgerechnet rund 750 Euro.

Verwendete Quellen
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