Proteste gehen weiter Putsch in Myanmar – Biden verhängt Sanktionen gegen Militärs
Fünf Tage nach dem Putsch in Myanmar gehen die Proteste weiter, trotz Gewalt und Einschüchterung durch die Armee. Jetzt bekommen die Menschen auf den Straßen Unterstützung aus Washington.
Die USA haben nach dem Putsch in Myanmar Sanktionen gegen hochrangige Militärs angekündigt. Diese müssten die Macht wieder abgeben und die demokratische Führung des Landes freilassen, erklärte Präsident Joe Biden. Seine Regierung unternehme zudem Schritte, um den Zugriff der Armee auf Gelder im Volumen von einer Milliarde Dollar in den USA zu blockieren. Man sei bereit, weitere Maßnahmen zu erlassen.
In Myanmar protestierten unterdessen den fünften Tag in Folge zehntausende Menschen gegen die Militärjunta. Trotz der Gewalt der Polizei am Vortag strömten die Menschen in den zwei größten Städten Rangun und Mandalay auf die Straßen und forderten die Freilassung der entmachteten De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi. Am Dienstag hatte die Polizei die Menschen auf Kundgebungen mit Tränengas und Gummigeschossen auseinandergetrieben, die Zentrale der Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD) von Aung San Suu Kyi in Rangun zerstört.
Myanmar: Polizei erschießt Studentin bei Protesten
Soe Win, ein Mitglied der Partei, berichtete am Mittwoch über aufgebrochene Türschlösser, entwendete Computerausstattung und durchtrennte Serverkabel. Nach Informationen der Hilfsvereinigung für politische Gefangene wurden am Dienstag in Mandalay zudem weitere 30 NLD-Politiker festgenommen, darunter ein Rundfunkreporter des Senders DVB. "Wir werden alles tun, um die Militärregierung zurückzuweisen", sagte der demonstrierende Hotelangestellte Kyaw Kyaw in Rangun. "Wir wollen nicht in einer Diktatur leben", ergänzte der Student Nyein Wai.
Wie kam es zum Militärputsch in Myanmar? In Myanmar hat das Militär am Montag die Kontrolle übernommen und die zivile Regierung von Aung San Suu Kyi entmachtet. Offizieller Grund sollen – unbelegte – Vorwürfe des Wahlbetrugs bei der Wahl vom November gewesen sein, die die Partei der früheren Freiheitsikone Suu Kyi wieder haushoch gewonnen hatte. Das Militär putschte genau an dem Tag, als das neugewählte Parlament zusammenkommen sollte. Beobachter glauben, dass die Militärs vor allem Suu Kyis wachsender Beliebtheit im Land entgegensteuern wollten. Ihr Sieg bei der Wahl war geradezu erdrutschartig. Auch habe die 75-Jährige, die seit 2015 faktische Regierungschefin war, immer wieder Verfassungsänderungen gefordert. Dabei hatte das Militär bereits vor dem Putsch eine starke Stellung in Myanmar. Mehrere wichtige Ministerposten wurden durch die Armee besetzt.
Der UN-Sondergesandte Tom Andrews verurteilte den Einsatz von Gewalt durch die Polizei, nachdem am Dienstag einer Studentin in den Kopf geschossen worden war. "Sie können eine junge Frau erschießen, aber sie können nicht die Hoffnung und Entschlossenheit eines entschlossenen Volkes stehlen", schrieb Andrews am Mittwoch auf Twitter.
Offiziere laufen zu Demonstranten über
In der Stadt Loikaw im Osten des Landes liefen nach örtlichen Medienberichten vier Offiziere zu den Demonstranten über. Die Militärregierung ließ derweil eine Hotline für "schikanierte" öffentliche Angestellte und Beamte einrichten, die sich nicht an Protesten gegen das Militär beteiligen.
In Mandalay beobachteten Augenzeugen, dass Sicherheitskräfte Tränengas auf Demonstranten abfeuerten, die Fahnen der NLD schwenkten. Erstmals gingen auch die staatlichen Medien auf die Proteste ein. Sie berichteten, die Menschen hätten "obszöne Worte" gebraucht und mit Gegenständen nach der Polizei geworfen. Dabei seien vier Polizisten verletzt worden.
Armee will Internet einschränken und Daten abfragen
Die auf Technologie spezialisierte Organisation Mido twitterte, dass ein Entwurf für ein "Gesetz zur Cybersicherheit" an die Telekommunikationsunternehmen geschickt worden sei. Der Entwurf soll "Abschaltungen, Website-Verbote und Abhörungen" erlauben, zudem sollen Online-Netzwerke Daten der Benutzer auf Anfrage an die Behörden weitergeben. Die Militärjunta hatte vergangene Woche landesweit das Internet abschalten lassen, um den Protest gegen die Armee und für die Freilassung von Suu Kyi im Keim zu ersticken.
Die USA erneuerten ihren Aufruf, die freie Meinungsäußerung in Myanmar wieder zu garantieren. Die Junta um Militärchef Min Aung Hlaing müsse zurücktreten. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warnte, es könne Sanktionen gegen die Junta geben, allerdings solle die Bevölkerung in Myanmar von politischen Maßnahmen nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.
- Nachrichtenagentur AFP