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WTO-Blockade der USA: Die Welthandelsorganisation in der Krise


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WTO-Blockade der USA
Die Welthandelsorganisation taumelt einer Krise entgegen

MeinungVon Alexander Graf Lambsdorff (FDP)

11.12.2019Lesedauer: 3 Min.
Ampel vor dem WTO-Hauptquartier in Genf: Die Blockade durch die USA macht das Streitschlichtungssystem der Organisation handlungsunfähig.Vergrößern des Bildes
Ampel vor dem WTO-Hauptquartier in Genf: Die Blockade durch die USA macht das Streitschlichtungssystem der Organisation handlungsunfähig. (Quelle: Denis Balibouse/Reuters-bilder)
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Donald Trump beweist einmal mehr, was er von internationalen Abkommen hält. Nun blockiert er die Arbeit der Welthandelsorganisation (WTO). Das hat auch Konsequenzen für die deutsche Wirtschaft.

Mit dem heutigen Tag ist ein wichtiges Instrument der Welthandelsorganisation (WTO) blockiert. Bei Handelsstreitigkeiten zwischen Mitgliedsstaaten der WTO wird eine Schlichtung damit schwieriger. Welche Konsequenzen Deutschland und Europa daraus ziehen müssen, schreibt Alexander Graf Lambsdorff in einem Gastbeitrag für t-online.de.

Die Welthandelsorganisation taumelt einer schweren Krise entgegen. Ein Blick zurück: Sieben Jahre hatten die Verhandlungen gedauert, um aus dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen GATT eine echte internationale Organisation zur Regelung der globalen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zu schmieden. Ihr Ziel ist es, Handelskriege zu vermeiden und dafür zu sorgen, dass im internationalen Welthandel nicht das Recht des Stärkeren, sondern die Stärke des Rechts gilt. Zwei Aufgaben erhielt die WTO: die Koordinierung der Handelspolitik ihrer Mitgliedstaaten und die Schlichtung bei Handelsstreitigkeiten.

Ziemlich genau ein Vierteljahrhundert später ist eine dieser beiden Säulen – der Streitschlichtungsmechanismus – einsturzgefährdet. Die Folgen für die internationale Handelsordnung sind dramatisch. Ohne eine neutrale Instanz steigt das Risiko, dass sich Handelsstreitigkeiten zwischen WTO-Mitgliedstaaten zuspitzen, Arbeitsplätze gefährdet werden und Protektionismus, Handelskonflikte und Subventionitis Einzug halten. Die Regeln für den Welthandel werden weniger vorhersehbar, der Handel selbst schwerer zu steuern.

Gericht zur Streitschlichtung handlungsunfähig

Normalerweise funktioniert der Streitschlichtungsmechanismus so: Wenn ein Mitgliedstaat der Meinung ist, ein anderer Mitgliedstaat habe gegen WTO-Regeln verstoßen, beruft das Schiedsorgan der WTO eine Expertengruppe ein, um Empfehlungen zu erstellen. Gegen diese kann Berufung eingelegt werden. Das Ergebnis dieser Berufung hat großes Gewicht, da daraus oft empfindliche finanzielle Strafen resultieren. Ab heute ist das zuständige Berufungsgericht aber nicht mehr beschlussfähig, weil zwei seiner drei Richter aus Altersgründen ausgeschieden sind. Die USA blockieren die Neubesetzung.

Alexander Graf Lambsdorff ist Mitglied des Deutschen Bundestages und stellvertretender Vorsitzender der FDP-Fraktion. Er ist zuständig für Außen-, Sicherheits-, Europa- und Entwicklungspolitik.

Donald Trump setzt auf "America First"

Handelsstreitigkeiten auf multilateraler Ebene und nicht mehr zwischenstaatlich zu lösen, war eine wichtige Errungenschaft der internationalen Gemeinschaft. Sie hat Welthandel und Wohlstand in den letzten Jahrzehnten enorme Zuwächse beschert. Bisher waren die USA Garant dieser Ordnung. Mit Präsident Trump hat sich das geändert. Trumps "America First"-Politik sind schon das Pariser Klimaabkommen und das Nuklearabkommen mit Iran zum Opfer gefallen. Jetzt blockiert er die WTO. Aus Sicht der Trump-Administration überschreitet das Berufungsgericht der WTO seine Kompetenzen und handelt nicht im Interesse der USA. Es ist völlig unabsehbar, ob und wann die USA ihre Blockadehaltung aufgeben werden – zumindest unter einem Präsidenten Trump.

Für die Welthandelsmacht Europa kann dies nur eine Agenda bedeuten: Sie muss stärker mit den USA in den Dialog treten, um die WTO zu reformieren und sie wieder handlungsfähig zu machen. Zugleich sollte sie weiter daran arbeiten, eigene Handelsabkommen abzuschließen. Obwohl die EU in den letzten Jahren eine Reihe erfolgreicher Handelsabkommen abgeschlossen hat, die europäische Standards und Arbeitnehmerrechte beinhalten und schützen, weigert sich die Bundesregierung bisher beharrlich, das Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) dem Deutschen Bundestag zur Abstimmung vorzulegen.

Es muss ein starkes Zeichen für den Freihandel geben

Bereits 2017 stimmte das Europäische Parlament für CETA. Mit Australien und Neuseeland steht die EU seit 2018 in Verhandlungen. Anfang 2019 trat JEFTA in Kraft, das Abkommen mit Japan. Im Sommer wurden Einigungen bei den Abkommen mit dem südamerikanischen Staatenverbund Mercosur und Vietnam erzielt. Die vor fünf Jahren kurz vor dem Ziel gescheiterten Verhandlungen mit Indien sollten ebenfalls wieder aufgenommen werden. Die europäischen Hauptstädte, allen voran Berlin, müssen endlich ein starkes Zeichen für den regelbasierten Freihandel setzen.

Angesichts zunehmenden Drucks und Protektionismus von Rechts- und Linkspopulisten müssen wir uns klar machen: Europa und die Europäer sind nicht zufällig Teil der Globalisierung, wir sind einer ihrer Hauptnutznießer. Die Liste europäischer Exportschlager und daran hängender hochwertiger Arbeitsplätze ist lang. Kein Land hat in den vergangenen Jahren stärker vom Freihandel profitiert als Deutschland. Aber die Welt steht nicht still, rund um den Globus entstehen neue Märkte. Umfang und Art der Nachfrage verändern sich kontinuierlich. Es ist die Pflicht der europäischen Politik, darauf zu reagieren, neue Märkte für die europäischen Unternehmen zu öffnen und ihre Wachstumspotentiale zu erschließen. Das gilt besonders dann, wenn sich einzelne Staaten so protektionistisch verhalten, wie die USA es derzeit tun.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten spiegeln die Meinung des Autors wider und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online.de-Redaktion.

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