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Nach Türkei-Referendum: Abstimmung über Todesstrafe auch in Deutschland?


Neuer Ärger aus Ankara
Erdogan will auch in Deutschland über Todesstrafe abstimmen lassen

dpa, Can Merey

Aktualisiert am 19.04.2017Lesedauer: 3 Min.
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan vor seinem Präsidentenpalast in Ankara.Vergrößern des Bildes
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan vor seinem Präsidentenpalast in Ankara. (Quelle: dpa-bilder)
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Präsident Erdogan will die Todesstrafe wieder einführen und startet dafür womöglich ein neues Referendum. Nach türkischem Recht dürften dann auch wieder Türken in Deutschland abstimmen – über eine Maßnahme, die fundamental gegen europäische Werte verstößt.

Nach dem Referendum ist vor dem Referendum, wenn man dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan glaubt. Beim ersten Auftritt in Ankara nach seinem umstrittenen Sieg beim Verfassungsreferendum brachte Erdogan gleich zwei neue Volksabstimmungen ins Spiel: Eine über einen Abbruch der EU-Beitrittsgespräche durch die Türkei, eine weitere über die Wiedereinführung der Todesstrafe.

Beitrittsverhandlungen könnten abgebrochen werden

Erdogans Konfrontationskurs gegenüber Europa scheint mehr als nur Wahlkampfgetöse gewesen zu sein. Besonders ein Referendum über die Todesstrafe dürfte zu neuen Verwerfungen mit der EU führen – und besonders mit Deutschland.

Ein Abbruch der de facto ohnehin eingefrorenen Beitrittsgespräche durch Ankara käme zahlreichen EU-Staaten vermutlich ganz gelegen: Dann bliebe ihnen die unangenehme Diskussion darüber erspart, ob sie die Verhandlungen nicht selber beenden sollten.

Eine Aufnahme der Türkei fand noch nie eine Mehrheit in der EU, die das Land seit jeher wie einen ungebetenen Gast vor der Tür stehen lässt. Für die "Neue Türkei", die sich Erdogan gerade baut, gilt das erst recht. Erdogan selber hatte über die Kopenhagener Kriterien für einen EU-Beitritt vor dem Referendum gesagt: "Wir brauchen ihre Kriterien und dergleichen nicht mehr. Wir haben unsere Ankara-Kriterien."

Todesstrafe ist Erdogans "erste Aufgabe"

Automatisch enden würden die Beitrittsverhandlungen, sollte die Türkei die Todesstrafe wieder einführen. Nur Stunden nach dem Referendum am Sonntag kündigte Erdogan an, seine "erste Aufgabe" sei es nun, die Todesstrafe auf die Tagesordnung zu setzen.

In Ankara bekräftigte er am Tag darauf, er würde das entsprechende Gesetz unterzeichnen, sollte das Parlament eine solche Verfassungsänderung mit der nötigen Zweidrittelmehrheit beschließen

Für den wahrscheinlichen Fall, dass diese Mehrheit nicht zustande kommt, kündigte Erdogan an: "Dann machen wir auch dafür ein Referendum." Bei dem Referendum über sein Präsidialsystem setzte Erdogan auch auf die Auslandstürken, die zu seinem knappen Sieg beitrugen. In Deutschland kam er auf 63,1 Prozent der Stimmen – weit mehr als das vorläufige Gesamtergebnis von 51,4 Prozent.

Der Schluss, fast zwei Drittel der Türken in Deutschland seien Erdogan-Anhänger, ist dennoch nicht korrekt: Nicht einmal jeder zweite Wahlberechtigte beteiligte sich an der Abstimmung. Dass Erdogan unter den Türken in Deutschland allerdings viele glühende Verehrer hat, ist unbestritten. Würden sie ihm auch bei einem Referendum über die Todesstrafe folgen?

Werden Türken in Deutschland auch über Todesstrafe abstimmen?

Nach türkischem Recht dürften sich an einer Volksabstimmung darüber auch wieder wahlberechtigte Türken in Deutschland beteiligen, was einige Fragen aufwerfen würde.

Würden türkische Regierungsvertreter in Deutschland dann wieder um Stimmen werben – diesmal für eine Verfassungsänderung, die aus europäischer Sicht gegen die Menschenrechte verstoßen würde?

Wäre es vorstellbar, dass in Deutschland eine Abstimmung über eine Maßnahme stattfinden würde, die dort nicht mit dem Grundgesetz vereinbar wäre - unter Beteiligung vieler Türken, die zugleich die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen?

Erdogan interessiert, was Allah sagt

Erdogan sagte in Ankara unter dem Jubel seiner Anhänger, ihm sei gleichgültig, was westliche Staaten über die Wiedereinführung der Todesstrafe dächten. "Was George, Hans oder Helga sagen, interessiert uns nicht", rief er. "Uns interessiert das, was Hatice, Ayse, Fatma, Ahmet, Mehmet, Hasan und Hüseyin sagen. Das, was Allah sagt."

Allerdings hätten Hans und Helga ein Wörtchen dabei mitzureden, wenn Ayse und Ahmet in Deutschland wählen wollten: Die Bundesregierung müsste eine solche Abstimmung wieder genehmigen, wie beim Referendum über das Präsidialsystem.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu sieht da im Fall der Todesstrafe allerdings eine "rote Linie", die auf keinen Fall überschritten werden dürfe. Mutlu sagt: "Ein Referendum zur Einführung der Todesstrafe widerspricht unseren Werten diametral und darf in Deutschland nicht zugelassen werden."

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