Regierung unter Korruptionsverdacht Portugals Ministerpräsident Costa tritt zurück
Erst gab es Durchsuchungen, dann fünf Festnahmen, darunter auch der Kabinettschef. Nun ist Portugals Ministerpräsident António Costa zurückgetreten.
Portugals Ministerpräsident António Costa hat seinen Rücktritt verkündet. Die Ankündigung steht wohl im Zusammenhang mit Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu Geschäften mit Lithium-Abbau. Wegen der Zweifel an seiner "Integrität" habe er dem Präsidenten seinen Rücktritt angeboten, sagte Costa am Dienstag.
Zuvor hatte es Medienberichte gegeben, dass die portugiesische Polizei am Dienstag die Residenz von Costa sowie zwei Ministerien und andere Gebäude durchsucht habe. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft. Medienberichten zufolge wurden fünf Personen festgenommen, darunter Costas Kabinettschef Vítor Escaría.
Polizei durchsucht 40 Wohnungen und Büros
Es gehe um den Verdacht der Bestechlichkeit und der Vorteilsnahme, zum einen bei der Vergabe von Nutzungsrechten zum Lithium-Abbau in Montalegre, zum anderen bei der Produktion sogenannten Grünen Wasserstoffs nahe der Stadt Sines. Das berichteten die staatliche Nachrichtenagentur Lusa, der staatliche Fernsehsender RTP sowie andere portugiesische Medien unter Berufung auf Behördenkreise. Die Staatsanwaltschaft, die Polizei und die Regierung antworteten zunächst nicht auf Anfragen zu weiteren Details der Durchsuchungen.
Bei den Festgenommenen handele es sich neben dem Kabinettschef um den einflussreichen Unternehmer Diogo Lacerda und den Bürgermeister von Sines, Nuno Mascarenhas, sowie zwei weitere Geschäftsleute, berichteten RTP und Lusa weiter. Insgesamt seien 40 Wohnungen und Büros durchsucht worden, darunter die Ministerien für Infrastruktur und Umwelt. Was genau den Festgenommenen vorgeworfen wird, wurde zunächst nicht bekannt. Aus der Opposition wurden Forderungen nach einem Rücktritt Costas und nach einer Neuwahl laut.
Widerstand gegen Lithium-Abbau
Costa habe Termine für Dienstag abgesagt und sich umgehend mit Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa getroffen, berichteten Lusa und RTP. Infrastrukturminister Joao Galamba und Umweltminister Duarte Cordeiro sowie dessen Vorgänger im Amt, Joao Pedro Matos Fernandes, würden als Verdächtige geführt.
In der Region Montalegre im äußersten Norden des Landes werden die größten Lithium-Vorkommen Europas vermutet, die trotz großen Widerstandes in der Lokalbevölkerung abgebaut werden sollen. Das Metall ist wichtig für die Produktion von Batterien. Bei der Stadt Sines im Süden der Hauptstadt Lissabon soll in einem 2021 stillgelegten Kohlekraftwerk künftig unter Einsatz erneuerbarer Energien sogenannter Grüner Wasserstoff produziert werden. Beide Projekte sind wichtige Bausteine für Portugals Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe.
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP