Anschlag auf Pipelines Ukraine nennt deutsche Nord-Stream-Berichte "wahnhaft"
Laut anonymen Quellen sehen deutsche Ermittler die Verantwortung für die Nord-Stream-Anschläge bei ukrainischen Saboteuren. Der dortige Verteidigungsminister weist die Anschuldigungen zurück.
Der ukrainische Verteidigungsminister hat neue deutsche Medienberichte über eine ukrainische Beteiligung an den Nord-Stream-Anschlägen dementiert. Der "Kyiv Post" sagte Olexij Resnikow bei einer Pressekonferenz am Montag, die Berichte des "Spiegel" und des ZDF seien "wahnhaft". Insbesondere wies er die Behauptung zurück, der Oberkommandierende der ukrainischen Streitkräfte sei für die Sabotage verantwortlich.
Die ukrainischen Spuren
Der "Spiegel" und das ZDF hatten am Freitag unter Berufung auf anonyme Quellen in deutschen Regierungs- oder Ermittlerkreisen berichtet, Deutschland gehe mittlerweile davon aus, dass ein ukrainisches Kommando für die Sprengung der Pipelines im September 2022 verantwortlich sei. Eine russische Operation "unter falscher Flagge" sei unwahrscheinlich.
- Putins geheimer Konvoi: Russische Schiffe am Nord-Stream-Tatort
Demnach seien sechs Männer und Frauen mit der Segeljacht "Andromeda" zu den Tatorten gesegelt und hätten die Sprengungen dort mit Tauchgängen vorgenommen. Die Erkenntnisse korrespondierten mit Geheimdienstinformationen, dass Walerij Saluschnyj, der oberste Befehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, die Operation angewiesen habe.
Das Dementi
"Bei allem Respekt gegenüber den Medien, aber das ist eine Wahnvorstellung", sagte nun der ukrainische Verteidigungsminister Resnikow zu den Berichten. Saluschnyj habe klar definierte Aufgaben. "Und die Aufgaben beinhalten nicht Operationen im Ausland." Auch Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte entsprechende Berichte über Geheimdienstinformationen bereits im Juni zurückgewiesen: "Wenn unser Militär das getan haben soll, dann zeigt uns Beweise."
"Spiegel" und ZDF zufolge sollen deutsche Ermittler mittlerweile über eine Vielzahl von Spuren verfügen. Angeblich seien die Attentäter nach den Anschlägen in die Ukraine zurückgekehrt. Neue Indizien wurden durch die Berichte allerdings nicht bekannt. Im Gegenteil: Ein DNA-Abgleich mit einem konkret verdächtigten ukrainischen Soldaten habe keinen Treffer ergeben, hieß es im Bericht. Auch andere angeführte Spuren sind nicht eindeutig.
Die russischen Spuren
Zwar führt der "Spiegel" eine ukrainische Frau an, über deren Unternehmen die Segeljacht angemietet wurde. Eine weitere für das Unternehmen verantwortliche Frau bleibt aber unerwähnt. Sie lebt auf der von Russland besetzten Krim, organisierte prorussische Referenden und bewegt sich bis heute frei in Russland, wie der "Stern" zuerst berichtete. Der aufgrund der Wetterlage einzige mögliche Zeitraum für die angeblichen Tauchgänge überschneidet sich mit der Anwesenheit eines russischen Frachters über einer der Explosionsstellen und einem nicht weit entfernten Nato-Manöver.
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t-online hatte im März exklusiv über russische Militärschiffe berichtet, die wenige Tage vor den Explosionen mit Spezialausrüstung für Unterwasseroperationen am Tatort operierten. Die nächtliche Operation löste Reaktionen von Nato-Truppen aus. Das dänische Verteidigungsministerium bestätigte der dänischen Zeitung "Information" daraufhin, es habe Fotos der Schiffe angefertigt. Auch das deutsche Verteidigungsministerium räumte auf Anfrage von t-online schließlich ein, entsprechende Informationen an den Generalbundesanwalt weitergeleitet zu haben.
Die Präsenz der Schiffe erklären "Spiegel" und ZDF nun damit, die russische Marine habe die Pipelines vermutlich schützen wollen – was sie letztlich daran gehindert haben soll, bleibt unklar. Alle Spuren deuten den anonymen Quellen der beiden Medien zufolge auf die Ukraine.
- KyivPost.com: "‘It’s Delusional’ – Reznikov Slams German Media Report Pinning Nord Stream Attack on Ukraine" (englisch)