Nach Eklat um Botschafter China beteuert Souveränität der Ex-Sowjetrepubliken
Die Äußerungen des chinesischen Botschafters in Frankreich sorgten international für Empörung. Jetzt versucht Peking, die Wogen zu glätten.
Nach heftigem Wirbel um kontroverse Äußerungen ihres Botschafters in Frankreich hat die chinesische Regierung beteuert, dass sie die Souveränität ehemaliger Sowjetrepubliken unverändert anerkennt. Indirekt distanzierte sich Außenamtssprecherin Mao Ning am Montag vor der Presse in Peking von der Darstellung des Botschafters Lu Shaye, der die Souveränität in Frage gestellt hatte.
"China respektiert den Status der früheren Sowjetrepubliken und souveränen Länder nach der Auflösung der Sowjetunion", bekräftigte Mao Ning. China sei eines der ersten Länder gewesen, die diplomatische Beziehungen zu ihnen aufgenommen hätten. Die chinesische Position sei "klar und beständig".
Auf Nachfragen bekräftigte Mao Ning, dass China auch die Ukraine als souveränen Staat betrachte. Die Kontroverse schrieb die Sprecherin nicht dem Botschafter, sondern "einigen Medien" zu, die die Haltung Chinas zur Ukraine verdreht und Streit in den Beziehungen zu den betreffenden Ländern angezettelt hätten.
Diese Äußerung sorgte für Empörung
Auf die Frage, ob die Krim zur Ukraine gehöre, hatte zuvor der chinesische Botschafter in Frankreich in einem TV-Interview gesagt, es hänge alles davon ab, wie man dieses Problem betrachte. Der Moderator intervenierte und sagte, dass die von Russland seit 2014 besetzte Schwarzmeer-Halbinsel völkerrechtlich ein Teil der Ukraine sei.
Daraufhin entgegnete Lu Shaye: "Im Völkerrecht haben selbst diese Länder der ehemaligen Sowjetunion keinen effektiven Status, weil es kein internationales Abkommen gibt, um ihren Status als souveränes Land zu konkretisieren." Hier lesen Sie mehr zu dem Auftritt des chinesischen Botschafters in Frankreich.
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Baltische Staaten bestellen chinesische Botschafter ein
Die Äußerungen stießen in Europa und besonders in den baltischen Staaten auf Empörung. Estland, Lettland und Litauen bestellten daraufhin jeweils ihre chinesischen Botschafter ein.
Die Diplomaten würden aufgefordert zu erklären, ob sich Chinas Position zur Unabhängigkeit der Baltenstaaten geändert habe, sagte der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis am Montag. Zudem würden die chinesischen Diplomaten daran erinnert, "dass wir keine post-sowjetischen Staaten sind, sondern Länder, die illegal von der Sowjetunion besetzt wurden".
Landsbergis' estnischer Kollege Margus Tsahkna äußerte ebenfalls sein Unverständnis und forderte eine Erklärung. Es sei klar, dass Lettland, Litauen und Estland unabhängige und souveräne Länder sowie Mitglieder in EU und Nato seien, sagte der Außenminister.
Macron: "Für einen Diplomaten nicht angemessen"
Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kritisierte die Bemerkungen des chinesischen Botschafters und drückte den betroffenen Ländern seine Solidarität aus. "Ich denke, es ist für einen Diplomaten nicht angemessen, diese Form der Sprache zu wählen", sagte Macron am Rande eines Gipfeltreffens in der belgischen Hafenstadt Ostende am Montag. "Daher volle Solidarität mit den Ländern, die in ihrer Lesart der Geschichte und ihren Grenzen angriffen wurden", fügte er hinzu.
In Deutschland lösten die Äußerungen ebenfalls große Empörung aus. Nils Schmid, außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, bezeichnete sie auf Anfrage von t-online als vollkommen inakzeptabel. Wie Grünen-Außenpolitiker Jürgen Trittin, der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag Jürgen Hardt und weitere Politiker reagierten, lesen Sie hier.
Estland, Lettland und Litauen waren im Zweiten Weltkrieg abwechselnd von der Sowjetunion und Deutschland besetzt. Nach Kriegsende wurden die drei kleinen Ostseestaaten im Nordosten Europas gegen ihren Willen jahrzehntelang zu Sowjetrepubliken. Erst 1991 erhielten sie ihre Unabhängigkeit zurück, seit 2004 gehören sie EU und Nato an.
- Nachrichtenagenturen dpa und AFP