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Krieg in der Ukraine: Verteidigung ohne Vorbehalt? Dänen stimmen über mehr EU ab


Krieg in der Ukraine
Verteidigung ohne Vorbehalt? Dänen stimmen über mehr EU ab

Von dpa
Aktualisiert am 31.05.2022Lesedauer: 3 Min.
Eine Partei wirbt für die Abschaffung des dänischen EU-Verteidigungsvorbehalts.Vergrößern des Bildes
Eine Partei wirbt für die Abschaffung des dänischen EU-Verteidigungsvorbehalts. Im Hintergrund ist Schloss Christiansborg zu sehen, in dem das dänische Parlament sitzt. (Quelle: Steffen Trumpf/dpa./dpa)

Kopenhagen (dpa) - In Sachen EU gelten die Dänen als Neinsager. Dem Vertrag von Maastricht stimmten sie erst im zweiten Anlauf zu, als ihnen mehrere Ausnahmen eingeräumt wurden - weshalb die Skandinavier etwa bis heute in Kronen zahlen und nicht in Euro.

Wenn es seitdem in Volksabstimmungen um die Abschaffung der Vorbehalte ging, erklang aus Dänemark jedes Mal ein "Nej". Vielen Politikern sind die Sonderregeln aber ein Dorn im Auge. Nach Russlands Einmarsch in die Ukraine sieht Regierungschefin Mette Frederiksen eine historische Chance, eine der Ausnahmen loszuwerden: Am Mittwoch stimmen die Dänen über die Teilnahme an der EU-Sicherheits- und Verteidigungszusammenarbeit ab.

Bislang steht die nordische Nation in dieser außen vor. Dänemark kann sich deshalb zwar an zivilen, nicht aber an militärischen Missionen der EU beteiligen und nimmt nicht an der gemeinsamen Entwicklung von Waffensystemen teil. Das Land ist zum Beispiel nicht bei der Kooperationsplattform Pesco dabei, über die gemeinsame Militärprojekte von EU-Staaten organisiert werden. Doch ob die Dänen sich deshalb nun für mehr EU entscheiden, ist alles andere als sicher.

Furcht vor Souveränitäts-Verlust

"Was die dänische EU-Skepsis in allen Bereichen der Zusammenarbeit kennzeichnet, ist die Angst, Souveränität abzugeben", sagt Christine Nissen, Forscherin am Dänischen Institut für Internationale Studien. Zwar schätzen die Dänen den EU-Binnenmarkt, fürchten aber stets, politische Selbstbestimmung zu verlieren. Diese Angst machen sich die Parteien zunutze, die für ein Nein bei der Volksabstimmung und damit gegen die Abschaffung des Verteidigungsvorbehalts werben. Auch die Boulevardzeitung "Ekstra Bladet" hat Stellung bezogen. "Stimmen wir nur ab, weil Krieg ist?", fragt sie auf großen Plakaten in der Stadt.

Die meisten Parteien im Parlament mit Ausnahme des ganz rechten und ganz linken Spektrums wünschen sich vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine eine engere Anbindung an die EU-Verteidigungszusammenarbeit. Dabei spielten auch das Heranrücken Finnlands und Schwedens an die Nato und die von Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufene Zeitenwende eine Rolle, sagt der Kopenhagener Politikwissenschaftler Kristian Søby Kristensen. "Aus dänischer Perspektive versprechen vor allem die 100 Milliarden Euro an Investitionen und die Zusage, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu investieren, ein völlig anderes Deutschland in der europäischen Sicherheit und Verteidigung."

Risiko politischer Niederlage

Trotz dieser politischen Mehrheit für die Abschaffung der EU-Sonderregeln haben sich dänische Politiker in der Vergangenheit nur selten an Volksabstimmungen getraut. Zu kompliziert die Materie, zu groß die Gefahr, dass die Dänen wieder Nein sagen. Wie 2000 zum Euro und 2015 zur EU-Justizzusammenarbeit. Auch Frederiksen geht mit dem Referendum vor der Parlamentswahl, die spätestens im nächsten Sommer stattfinden muss, das Risiko einer politischen Niederlage ein.

Deshalb beschwört die Sozialdemokratin ihre Landsleute kurz vor der Volksabstimmung in einer Rede im Parlament emotionaler als sonst: "Wenn die Welt sich verändert, und wie diesmal in etwas, das schlechter und unsicherer ist, darf Dänemark nicht stehenbleiben. Deshalb empfehle ich, von ganzem Herzen, ein Ja am 1. Juni."

Es sieht danach aus, dass ihr am Mittwoch eine Mehrheit der Dänen zustimmen wird: Im Umfragen sprachen sich deutlich mehr Befragte für die Abschaffung des Verteidigungsvorbehalts aus als dagegen, allerdings war das Lager der Unentschlossenen bis zuletzt noch relativ groß. Und in der Regel, geben Experten zu bedenken, zeige sich in Volksabstimmungen eher die Tendenz, beim Bestehenden zu bleiben. Deshalb könnte es am Ende doch ganz knapp ausgehen.

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