"Sehen uns nicht als auskunftspflichtig" Umstrittene Klimastiftung unterliegt vor Gericht
Auch durch Recherchen von t-online wurden Verbindungen zwischen der Klimastiftung Mecklenburg-Vorpommern und der Gaspipeline Nord Stream 2 aufgedeckt. Die Stiftung schweigt dazu – zu Unrecht, so ein neues Urteil.
Das Landgericht Schwerin hat die umstrittene Klima- und Umweltstiftung Mecklenburg-Vorpommern dazu verurteilt, gegenüber Medien Auskünfte über ihre Aktivitäten zur Fertigstellung der russischen Erdgaspipeline Nord Stream 2 zu geben. Die Stiftung habe zunächst zwei Wochen Zeit, um gegen das sogenannte Versäumnisurteil Einspruch zu erheben, sagte ein Sprecher des Gerichts am Montag.
"Sehen uns nicht als auskunftspflichtig"
Das hat die Stiftung offenbar vor. Der Stiftungsvorsitzende Erwin Sellering sagte t-online nach dem Urteil: "Zu den zahlreichen Fragen zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sehen wir uns nicht als auskunftspflichtig. Das ist eine Rechtsfrage, über die das Oberlandesgericht entscheiden wird." Die Stiftung hatte in den vergangenen Monaten zahlreiche Anfragen von t-online und anderen Medien unzureichend oder gar nicht beantwortet. Sollte das Urteil Bestand haben, wäre sie auch nachträglich dazu verpflichtet.
Im konkreten Fall muss die Stiftung einem Journalisten der "Welt" unter anderem Details zu ihren Beschäftigten, ihren Anteilen an anderen Firmen, ihren Ankäufen von Material und Gerätschaften und zu ihren Erlösen mitteilen, die mit ihrem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im vergangenen Jahr zusammenhängen. Ähnliche Fragen hatte auch t-online der Stiftung wiederholt gestellt.
Die Plattform "FragDenStaat" hatte deswegen im Rahmen gemeinsamer Recherchen mit t-online einen Teil der Fragen wortgleich gestellt und ebenfalls per Klage durchzusetzen versucht. Das Landgericht Schwerin gab der Klage vor zwei Wochen statt, doch auch gegen diese Entscheidung legte die Stiftung Berufung am Oberlandesgericht Rostock ein.
Schwesig wegen Umgang mit der Stiftung unter Druck
Die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns hatte die Stiftung im vergangenen Jahr gegründet, um auch die Fertigstellung von Nord Stream 2 trotz drohender US-Sanktionen gegen beteiligte Firmen sicherzustellen. Vom Land wurde die Stiftung mit 200.000 Euro ausgestattet; das Pipelinekonsortium Nord Stream 2, das von dem russischen Gaskonzern Gazprom dominiert wird, beteiligte sich mit 20 Millionen Euro als Zustiftung.
Auch wegen des umstrittenen Umgangs mit der Stiftung war Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) in den vergangenen Tagen massiv unter Druck geraten. Sie plädiert allerdings inzwischen dafür, die Stiftung aufzulösen. Der Vorsitzende der Stiftung, der frühere Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD), wehrt sich gegen die Auflösung und verweigert fast alle Auskünfte über den Geschäftsbetrieb der Stiftung.
Nord Stream 2 sollte unter Umgehung der Ukraine russisches Gas unter der Ostsee nach Deutschland bringen. Angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hatte die Bundesregierung das Zulassungsverfahren für das Pipeline-Projekt gestoppt.
- Eigene Recherchen
- Nachrichtenagentur AFP