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Ukraine | Bei Eskalation: USA und Deutschland stoppen Nord Stream 2


Bei Eskalation des Ukraine-Konflikts
USA und Deutschland ziehen Stopp von Nord Stream 2 in Betracht

Von afp, dpa, reuters, lw

Aktualisiert am 07.12.2021Lesedauer: 4 Min.
Video-Gipfel von Biden und Putin: Im Ukraine-Konflikt droht eine Eskalation.Vergrößern des Bildes
Video-Gipfel von Biden und Putin: Im Ukraine-Konflikt droht eine Eskalation. (Quelle: Mikhail Metzel/Pool Tass/dpa)

Die USA warnen Russland vor weiterer Eskalation im Ukraine-Konflikt. Mit Deutschland soll sich Präsident Biden auf mögliche Sanktionen geeinigt haben: Sie betreffen die Ostseepipeline Nord Stream 2.

Die USA sind einem Insider zufolge mit Deutschland übereingekommen, im Falle einer russischen Invasion der Ukraine die umstrittene Pipeline Nord Stream 2 zu schließen. Dies hätten US-Regierungsvertreter Abgeordneten gesagt, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag von einem Kongressmitarbeiter.

Die USA hätten entsprechende Zusicherungen von deutscher Seite erhalten. Allerdings sei unklar, ob beide Regierungen sich auf eine Definition einer Invasion verständigt hätten. Die Unterstaatssekretärin im US-Außenministerium Victoria Nuland erklärte, es würden "intensive Beratungen" mit der neuen deutschen Regierung geführt. Sie glaube, dass Deutschland zu bedeutenden Schritten bereit sei, wenn Russland in die Ukraine einfalle.

Abhängigkeit befürchtet

Ein europäischer Diplomat sagte Reuters, die USA hätten ihren Verbündeten mitgeteilt, im Falle einer Invasion ohnehin die Pipeline mit Sanktionen belegen zu wollen. Damit wären Schritte von deutscher Seite hinfällig: "Wenn die USA (zusätzliche) Sanktionen verhängen, ist das eine akademische Frage", sagte der Insider. "Niemand wird mit Nord Stream 2 Geschäfte machen können aus Furcht vor US-Sanktionen."

Durch die rund 1.200 Kilometer lange Doppelröhre soll Erdgas von Russland nach Deutschland und in weitere europäische Länder transportiert werden. Die Bundesnetzagentur muss die Leitung noch genehmigen. US-Präsident Joe Biden und Abgeordnete beider großen Kongressparteien sehen die Gasleitung seit Längerem kritisch. Sie befürchten, dass sich Europa damit in eine zu große Abhängigkeit von Russland begibt.

Biden droht mit weiteren Sanktionen

US-Präsident Joe Biden hatte seinen russischen Kollegen Wladimir Putin bei ihrem Videogipfel vor einer militärischen Eskalation in der Ukraine-Krise gewarnt. Die USA und ihre Verbündeten würden in einem solchen Fall "mit starken militärischen und anderen Maßnahmen" reagieren, hieß es nach dem gut zweistündigen Gespräch am Dienstag in einer Erklärung des US-Präsidialamts.

Sollte der Konflikt militärisch eskalieren, setze sich Russland "starken Sanktionen, darunter wirtschaftlichen" aus, sagte Biden. Der US-Präsident habe "die tiefe Besorgnis der Vereinigten Staaten und unserer europäischen Verbündeten" über die Ukraine-Krise zum Ausdruck gebracht.

Weiter teilte das Weiße Haus mit, Biden habe seine Unterstützung für die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine bekräftigt. Er habe zur Deeskalation und zur Rückkehr zur Diplomatie aufgerufen.

Nato ist alarmiert

Der Videogipfel wurde von massiven Spannungen im Ukraine-Konflikt überschattet. Ursprünglich war mit einem längeren Austausch gerechnet worden. Der Kreml hatte zuvor erklärt, es könne angesichts der Vielzahl von Konfliktthemen ein sehr langes Gespräch werden.

Die Nato ist alarmiert wegen Berichten über mutmaßliche Angriffspläne Russlands auf die Ukraine. Moskau hingegen weist den Vorwurf der Aggression zurück und beschuldigt im Gegenzug die Ukraine, mehr als 120.000 Soldaten an die Linie zu den ostukrainischen Separatistenregionen Donezk und Luhansk verlegt zu haben.

Biden will mit Merkel und weiteren Regierungschefs sprechen

Nach seinem Gespräch mit Putin wollte Biden sich mit der scheidenden Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dem britischen Premierminister Boris Johnson und dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi beraten, wie das Weiße Haus mitteilte. Bei einem Gespräch am Vortag hätten die Verbündeten bereits vereinbart, "eng miteinander in Kontakt zu bleiben, um ein koordiniertes und umfassendes Konzept als Reaktion auf Russlands militärisches Aufrüsten an den Grenzen der Ukraine zu entwickeln".

Schon vor Bidens Schalte mit Putin hatten die USA der Regierung in Moskau im Fall einer militärischen Eskalation im Ukraine-Konflikt mit schwerwiegenden Konsequenzen gedroht. Die Kosten würden sehr hoch ausfallen, "sollte Russland sich für ein solches Vorgehen entscheiden", sagte ein US-Regierungsvertreter. Dann müsse Putin mit "erheblichen wirtschaftlichen Gegenmaßnahmen sowohl der Europäer als auch der Vereinigten Staaten" rechnen.

Bilder aus Russland – keine aus den USA

Während das Weiße Haus zunächst keine TV-Bilder von dem Gipfel verbreitete, zeigte das russische Staatsfernsehen Putin am Dienstag an seinem Schreibtisch vor einem Bildschirm. "Gut, Sie wiederzusehen", sagte Biden zur Begrüßung. Leider sei der Kremlchef Ende Oktober nicht beim G20-Gipfel in Rom gewesen. Nächstes Mal wolle er Putin wieder persönlich treffen, sagte der US-Präsident.

Von dem Gipfel seien keine "Durchbrüche" zu erwarten, hatte Kremlsprecher Dmitri Peskow betont. Es handele sich um "ein Arbeitsgespräch in einer sehr schwierigen Zeit". Wenige Stunden vor der Schalte, die demnach über eine besonders geschützte und abhörsichere Leitung geführt wurde, waren mit Blick auf die Ukraine zudem noch einmal warnende Worte aus Moskau gekommen.

Scholz zeigt sich besorgt

"Russland hat nicht vor, irgendjemanden anzugreifen, aber wir haben unsere Befürchtungen und unsere 'roten Linien'", sagte Peskow vor dem Videogipfel. In der vergangenen Woche hatte Putin erklärt, dass etwa die Verlegung von militärischer Nato-Infrastruktur in die Ukraine aus russischer Sicht eine solche "rote Linie" darstellen könnte. Der Kremlchef sprach sich für ein schriftlich vereinbartes Ende der "Nato-Osterweiterung" aus.

Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich besorgt über den russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine. Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa setzten Prinzipien voraus, die in der Entspannungspolitik ausgehandelt worden seien und bis heute fortwirkten, mahnte Scholz. "Dazu gehört die Unverletzlichkeit und Unverletzbarkeit der Grenzen."

Von der Leyen drohte Moskau mit Sanktionen

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen drohte Moskau mit weiteren Sanktionen. Die Europäische Union werde auf weitere Aggressionen Moskaus reagieren, sagte sie. Bestehende Sanktionsregime könnten erweitert oder neue Strafmaßnahmen ergriffen werden. Sie wolle noch einmal "die uneingeschränkte und unerschütterliche Unterstützung der EU für die Ukraine" unterstreichen. Derzeit seien es Russlands bewusste Entscheidungen und aggressive Handlungen, die die Sicherheit Europas weiter destabilisierten.

Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow warnte in einem Interview des US-Senders CNN, dass ein russischer Einmarsch in die Ukraine ein "wirklich blutiges Massaker" bedeuten würde. Moskau wiederum forderte von Kiew eine Garantie, die von den prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiete im Donbass nicht anzugreifen. Im Falle eines Angriffs durch die Ukraine sähe Russlands Militärdoktrin klar einen Einmarsch vor – weil im Donbass auch viele russische Staatsbürger leben.

Als Staatschefs hatten sich Putin und Biden erstmals im Juni in Genf persönlich getroffen. Bei dem Videogipfel am Dienstag sollte es auch um die Cybersicherheit beider Länder sowie um das iranische Atomprogramm und weitere internationale Konflikte gehen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters
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