95 Prozent Machthaber Assad in Syrien wiedergewählt
Der Sieger der syrischen Präsidentenwahl stand schon vorab fest. Das Ergebnis fällt noch klarer aus als bei der vorherigen Abstimmung. Die Opposition spricht von einer "Farce", der Westen von Betrug.
Mit einer übergroßen Mehrheit ist Machthaber Baschar al-Assad im Bürgerkriegsland Syrien wiedergewählt worden. Der 55-Jährige erhielt nach offiziellen Angaben 95,1 Prozent der Stimmen, wie ein Parlamentssprecher mitteilte. Die Opposition wies die Ergebnisse jedoch als unrechtmäßig zurück. Der führende Regierungskritiker Hadi al-Bahra bezeichnete sie am Freitag auf Twitter als gefälscht und manipuliert. Auch international gibt es daran große Zweifel. Die Europäische Union erkennt den Ausgang der Präsidentenwahl nicht an.
Russlands Präsident Wladimir Putin gratulierte Assad hingegen und sicherte ihm weitere Unterstützung im "Kampf gegen Terrorismus und Extremismus" zu. Die Ergebnisse bestätigten Assads Autorität voll und ganz, schrieb er in einem Telegramm. Russland ist neben dem Iran Assads wichtigster Verbündeter.
Gegenkandidaten ohne echte Chance
Der autoritär regierende Staatschef ist seit dem Jahr 2000 an der Macht, die er von seinem Vater Hafis al-Assad übernommen hatte. Er geht nun in seine vierte Amtszeit, die sieben Jahre dauert – also bis 2028. Bei der Wahl 2014 hatte er rund 89 Prozent erhalten.
Die Wahlbeteiligung lag den Angaben zufolge diesmal bei fast 79 Prozent. Bahra bezweifelte jedoch, dass so viele Syrer ihre Stimme abgegeben haben. Die angegebenen Zahlen seien "zum Lachen und zum Weinen". Assads beide Gegenkandidaten blieben bei der Abstimmung am vergangenen Mittwoch chancenlos. Sie galten ohnehin nur als Zählkandidaten.
Millionen haben Land verlassen
In Syrien herrscht seit mehr als zehn Jahren ein Bürgerkrieg, in dessen Zuge etwa zwölf Millionen Menschen vertrieben wurden. Viele Gebiete sind zerstört. Zudem steckt das Land in einer schweren Wirtschaftskrise. Millionen leiden unter Hunger und Armut. International ist Syriens Regierung weitestgehend isoliert. Die Regierungsanhänger kontrollieren rund zwei Drittel des Landes. Nur in diesen Gebieten konnten die Syrer ihre Stimmen abgeben.
Die Staatsmedien zeigten nach Verkündung des Wahlergebnisses Jubelfeiern in verschiedenen Landesteilen. Im Zentrum der Hauptstadt Damaskus feierten Tausende Menschen. Trotz Corona-Pandemie standen sie dicht gedrängt. Viele schwenkten syrische Fahnen oder hielten Assad-Porträts hoch. Feuerwerk stieg in den Himmel auf.
EU erkennt Ergebnis nicht an
Die Wahl stößt auch international auf Kritik. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärte, sie habe nicht die Kriterien einer "echten demokratischen Abstimmung" erfüllt. Sie untergrabe die Bemühungen um eine Lösung des Konflikts. Die EU verlängerte zudem ihre Sanktionen gegen Damaskus um ein Jahr.
Kritisch äußerte sich auch UN-Syrien-Vermittler Geir Pedersen. Die Abstimmung sei nicht Teil des internationalen politischen Prozesses, bekräftigte er vor dem UN-Sicherheitsrat in New York. Eine Resolution des Sicherheitsrates sieht für Syrien Wahlen unter UN-Aufsicht vor, nachdem sich Regierung und Opposition auf eine neue Verfassung geeinigt haben. Die Arbeit des Verfassungsausschusses in Genf liegt jedoch seit Monaten auf Eis.
Syriens Führung ging es bei der Wahl nach Einschätzung von Beobachtern um eine hohe Wahlbeteiligung, um Assad zusätzliche Legitimität zu geben. Eine syrische Lehrerin berichtete, sie und ihre Kollegen seien von der regierenden Baath-Partei zur Stimmabgabe aufgefordert worden. Mit dem Ergebnis kann sich Assad gegenüber der internationalen Gemeinschaft als alternativloser Herrscher des Landes präsentieren, um so die Isolation zu brechen. Zuletzt gab es Berichte über eine Annäherung zwischen Syrien und Saudi-Arabien.
- Nachrichtenagentur dpa