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Blockade im UN-Sicherheitsrat: Myanmars Militär ernennt nach Putsch Kabinett


USA drohen mit Sanktionen
Myanmars Militär ernennt nach Putsch Kabinett

Von dpa
Aktualisiert am 02.02.2021Lesedauer: 4 Min.
Ein Mann liest in Rangun die Zeitung "Myanmar Times" mit der Schlagzeile "Ausnahmezustand".Vergrößern des Bildes
Ein Mann liest in Rangun die Zeitung "Myanmar Times" mit der Schlagzeile "Ausnahmezustand". (Quelle: Aung Kyaw Htet/SOPA Images via ZUMA Wire/dpa./dpa)

Naypyidaw (dpa) - Nach dem Militärputsch in Myanmar und der Entmachtung von Regierungschefin Aung San Suu Kyi haben die Streitkräfte die wichtigsten politischen Posten mit Mitgliedern aus den eigenen Reihen besetzt.

Das elfköpfige Kabinett besteht nur noch aus Generälen, ehemaligen hochrangigen Soldaten und Politikern einer vom Militär gestützten Partei. Einige davon waren bei der Parlamentswahl im November gescheitert, wie die Zeitung "Irrawaddy" berichtete. Die 75-jährige Suu Kyi und ihre Partei NLD hatten die Wahl klar gewonnen. Die USA und die EU drohen mit Sanktionen.

Derweil konnte sich der UN-Sicherheitsrat in New York zunächst nicht auf eine gemeinsame Haltung einigen. Das mächtigste UN-Gremium konnte bei einer Sitzung am Dienstag in New York nach Angaben aus Ratskreisen zunächst keine entsprechende Stellungnahme aushandeln. Von Diplomaten hieß es, dass China und Russland hinter verschlossenen Türen unter anderem darauf verwiesen, bislang keine Instruktionen aus ihren Hauptstädten bekommen zu haben. Es wurde jedoch betont, dass die Verhandlungen weitergingen. Das von Großbritannien zur Debatte gestellte Statement verurteilt unter anderem den Putsch und fordert die Freilassung der Festgenommenen.

Suu Kyis Partei, die Nationale Liga für Demokratie, forderte die Freilassung der Friedensnobelpreisträgerin von 1991 sowie aller anderen festgesetzten Politiker. "Lasst sofort alle Festgenommenen frei", verlangte die NLD auf Facebook. Das Militär hatte sich in der Nacht zum Montag zurück an die Macht geputscht und Suu Kyi sowie andere ranghohe zivile Mitglieder der Regierung festgesetzt. Nach einem Bericht der "Myanmar Times" sind mehr als 100 NLD-Politiker betroffen. Suu Kyi stehe wie die meisten anderen unter Hausarrest.

Der Aufenthaltsort anderer Festgenommener ist noch unklar. Die Tochter eines Menschenrechts-Aktivisten postete ein Video auf Twitter, auf dem zu sehen ist, wie ihr Vater von Soldaten abgeführt wird. "Wir wissen immer noch nicht, wo er und andere Aktivisten festgehalten werden und wie es ihnen geht", schrieb sie.

Die Streitkräfte hatten am Montag einen einjährigen Ausnahmezustand über das südostasiatische Land mit knapp 54 Millionen Einwohnern verhängt. Die Flughäfen wurden gesperrt. In der Millionenstadt Mandalay im Norden des Landes fuhren am Dienstag gepanzerte Militärfahrzeuge durch die Straßen, wie Fotografien in sozialen Netzwerken zeigten. Berichte über Gewalt gab es bislang aber nicht.

Der frühere Armeechef General Min Aung Hlaing - schon lange ein Gegenspieler Suu Kyis - hat die oberste Befehlsgewalt übernommen. Das Militär war in Myanmar (ehemals: Birma) früher bereits fast ein halbes Jahrhundert an der Macht.

Forderungen nach einer entschlossenen Reaktion der internationalen Gemeinschaft wurden lauter. Die 27 EU-Staaten drohten: "Die Europäische Union wird alle ihr zur Verfügung stehenden Optionen in Erwägung ziehen, um sicherzustellen, dass sich die Demokratie durchsetzt." Der Versuch, sich gewaltsam über den Willen der Menschen in Myanmar hinwegzusetzen, werde nicht hingenommen. Der UN-Sonderberichterstatter für Myanmar, Tom Andrews, sagte der Deutschen Welle: "Wir wissen aus Erfahrung, dass die Junta in Myanmar die Sprache der Wirtschaftssanktionen versteht."

Das US-Außenministerium wertete das Vorgehen am Dienstag offiziell als Militärputsch. Auf dieser Basis könnten Unterstützungszahlungen an die Regierung beschränkt werden, hieß es aus dem Ministerium. Humanitäre Hilfe für die Bevölkerung sei davon unberührt. Zudem sollen Sanktionen gegen Militärs und mit ihnen verbundene Firmen geprüft werden. Die formale Einschätzung als Militärputsch dürfte dafür als Grundlage dienen. US-Präsident Joe Biden hatte bereits am Montag mit Sanktionen gedroht.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) betonte, Myanmars Armee habe in mehr als 50 Jahren ein Wirtschaftsimperium geschaffen, samt Brauereien, Banken, Häfen, Immobilienagenturen sowie Unternehmen zur Förderung von Jade, Rubinen, Saphiren und Kupfer. Diese böten genügend Möglichkeiten für Sanktionen.

Offiziell gelten Vorwürfe des Wahlbetrugs als Hintergrund des Putsches. Jedoch wurde über andere Hintergründe spekuliert. UN-Sonderberichterstatter Andrews verwies darauf, dass das Militär das Wahlergebnis auch über "legale Kanäle" hätte anfechten können. Der Verfassung zufolge fallen in Myanmar 25 Prozent der Sitze im Parlament automatisch der Armee zu. Zudem besetzte sie schon vor dem Putsch wichtige Ministerposten wie Inneres, Verteidigung und Grenzangelegenheiten. Darauf hatte die Armee beim Übergang zu demokratischen Reformen vor zehn Jahren gepocht.

Beobachter glauben, dass die Militärs vor allem Suu Kyis Beliebtheit im Land entgegensteuern wollten. Ihr Sieg bei der Wahl war geradezu erdrutschartig. Auch habe die 75-Jährige, die seit 2015 faktische Regierungschefin war, immer wieder gefordert, die Quote für Verfassungsänderungen zu ändern. "Das hat den Verdacht des Militärs vertieft, dass Suu Kyi das zivil-militärische Kräfteverhältnis verändern wollte", schrieb die indische Zeitung "Hindustan Times". International stand die Politikerin wegen der gewaltsamen Vertreibung von Muslimen aus dem mehrheitlich buddhistischen Land in der Kritik.

Dass das Militär gerade jetzt geputscht hat, hängt Kommentatoren zufolge mit General Min Aung Hlaing zusammen. Der 64-Jährige hätte im Juli aus Altersgründen sein Amt als Armeechef abgeben müssen. Offensichtlich will er aber an der Macht festhalten - einer Verlängerung der Amtszeit hätte jedoch Suu Kyi zustimmen müssen. "Einige haben spekuliert, dass der Putsch von General Min Aung Hlaing als Mittel zum Schutz seiner persönlichen Macht und Position initiiert wurde", schrieb die britische Zeitung "Guardian".

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