Brexit-Debatte Opposition: Johnson schürt vorsätzlich Ängste vor Unruhen
Boris Johnson wird für seine kriegerische Ausdrucksweise im Brexit-Streit scharf kritisiert. Er spricht von "Kapitulation" und "Verrat". Labour vermutet dahinter einen Plan.
Der Brexit-Experte der Labour-Partei, Keir Starmer, warf Johnson in der Nacht zu Sonntag via Twitter vor, vorsätzlich Ängste vor Unruhen – sogar mit Toten – zu schüren, wenn der Brexit Ende Oktober nicht stattfände. Auf diese Weise könnte der Premier versuchen, eine Notstandsermächtigung zu aktivieren und so die Verlängerung der EU-Mitgliedschaft vermeiden.
Es sei ziemlich offensichtlich, dass das so abgestimmt sei. "Wenn das Teil des Plans von Johnson ist, die Kompetenzen unter einer Notstandsgesetzgebung zu missbrauchen, werden wir ihn vor Gericht und im Parlament besiegen", schrieb Starmer.
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Johnson war schon zuvor quer durch alle Parteien wegen seiner kriegerischen Ausdrucksweise im Brexit-Streit scharf kritisiert worden. Er hatte die Befürworter einer weiteren Verlängerung der Brexitfrist der "Kapitulation" und des "Verrats" beschuldigt.
Johnson bleibt bei seiner No-Deal-Drohung
Im Mittelpunkt des Parteitags der Tories von diesem Sonntag bis Mittwoch in Manchester steht der Streit um den Brexit-Kurs. Auch knapp fünf Wochen vor dem geplanten EU-Austritt sind weder im Parlament noch in den Gesprächen zwischen London und Brüssel Fortschritte erkennbar. Der Premier droht immer wieder mit einem Brexit ohne Abkommen am 31. Oktober, obwohl ihm das ein Gesetz verbietet. Wie Johnson das Gesetz umgehen will, ist unklar. Bei einem No Deal werden Prognosen zufolge die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche erheblich geschädigt.
Johnson hatte die Opposition zu einem Misstrauensvotum ermutigt. Seine Regierung hat keine Mehrheit im Parlament und ist dringend auf eine Neuwahl angewiesen. Die Opposition will aber keine Wahl, bevor ein ungeregelter EU-Austritt am 31. Oktober absolut ausgeschlossen ist. Sollte ein Misstrauensvotum gelingen, müssten sich die zerstrittenen Oppositionsparteien innerhalb von 14 Tagen auf einen alternativen Regierungschef einigen. Die Schottische Nationalpartei SNP von Sturgeon deutete an, dass sie Labour-Chef Jeremy Corbyn als Übergangspremier stützen könnte.
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Die "Sunday Times" berichtete derweil, Johnson habe sich nach der Entscheidung des Supreme Courts am Dienstag, dass die Zwangspause des Parlaments rechtswidrig sei, persönlich bei der Königin entschuldigt, sie in Verlegenheit gebracht zu haben. Er hatte sie aufgefordert, der Suspendierung des Unterhauses zuzustimmen. Laut Kreisen aus dem Königshaus habe es bereits vor der Entscheidung des Supreme Courts innerhalb der königlichen Familie Streit über Johnsons Vorgehen gegeben.
- Nachrichtenagentur dpa