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Hamburg: Nach drei Jahren – Witwe von IS-Terrorist Dennis Cuspert festgenommen


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Sie lebte unbehelligt in Hamburg
Ermittler nehmen Witwe von IS-Terrorist Dennis Cuspert fest


Aktualisiert am 09.09.2019Lesedauer: 4 Min.
Der IS-Terrorist und seine Frau Omaima A. aus Deutschland: Denis Cuspert alias Deso Dogg mit der Hamburgerin auf einem der Fotos, die in Syrien gefunden wurden. Die Journalistin Jenan Moussa hat sie ausgewertet.Vergrößern des Bildes
Der IS-Terrorist und seine Frau Omaima A. aus Deutschland: Denis Cuspert alias Deso Dogg mit der Hamburgerin auf einem der Fotos, die in Syrien gefunden wurden. (Quelle: Screenshot/Al Aan TV)
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Drei Jahre lebte sie unbehelligt in Deutschland, jetzt haben die Behörden doch zugeschlagen: Die Witwe des deutschen IS-Kämpfers Deso Dogg alias Dennis Cuspert, Omaima A., ist festgenommen worden. Ein Handy hat sie verraten.

Sie lebte in Rakka und Homs in Syrien, war die Frau an der Seite zweier bekannter IS-Kämpfer, und betrieb selbst einen Propaganda-Kanal, wie ihr Handy verraten soll. Fotos zeigen sie mit Kalaschnikow. Am Montag hat der Generalbundesanwalt die 34-jährige Hamburgerin Omaima A. als Terrorunterstützerin festnehmen lassen. Noch vor Monaten hatte die Karlsruher Behörde sich nicht äußern wollen.

Die Frau hatte sogar ihr Kopftuch abgelegt und sich – neueren Einträgen in sozialen Netzwerken zufolge – eine Existenz in der Kosmetikbranche aufgebaut: einmal Scharia und zurück.

Denn die Generalbundesanwaltschaft wirft der mehrfachen Mutter vor, dass sie die Terrormiliz unterstützt, die Fürsorge- und Erziehungspflicht verletzt und gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen hat. Sie wurde am Dienstag dem Haftrichter vorgeführt, der Untersuchungshaft anordnete.

Journalistin hatte Vorleben von Omaima A. enthüllt

Im April hatte die libanesische Investigativjournalistin Jenan Moussa im arabischen Sender Al Aan TV enthüllt, wer da in Hamburg lebt. Ihr waren die Daten eines gefundenen Handys zugespielt worden. 24.634 Dateien, 36 Gigabyte Fotos, Videos, Tickets, PDFs. Bei der wochenlangen Auswertung der Dateien stieß sie schnell darauf, dass die Frau mit zwei bekannten Deutschen zusammen war. Moussa erklärte, dass sie zunächst gedacht habe, die Besitzerin sei tot. "Ich war schockiert, als ich darauf stieß, dass sie unbehelligt in Hamburg lebt." Doch sie bekam die Frau ans Handy, sprach an der Haustür mit ihrer Tochter.

Die Stationen auf dem verlorenen Handy tauchen nun in den Vorwürfen der Bundesanwaltschaft wieder auf: Den Daten zufolge war sie im Januar 2015 ihrem aus dem Rhein-Main-Gebiet stammenden Ehemann Nadir Hadra Richtung Syrien nachgereist, einem Salafisten, der zuvor in Deutschland in der "Lies"-Bewegung mit Koranverteilungen aktiv war. Ein Verwandter begleitete sie in die Türkei, wo sie Hadra wiedersah. Der IS-Kämpfer nahm sie in die IS-Hochburg Rakka nach Syrien mit.

IS zahlte Omaima A. 1.310 Dollar Entschädigung

In dem Handy fand sich auch eine gespeicherte Bescheinigung des IS, die besagt, dass sie "Witwe eines Märtyrers" ist. Hadra starb nur sechs Wochen nach ihrer Ankunft bei der Schlacht um Kobane, auf dem Handy sind ihre letzten unbeantworteten Nachrichten an ihn, fand Moussa heraus. Die Terrormiliz zahlte 1.310 Dollar Entschädigung, zeigen Belege. Die Bundesanwaltschaft erklärt nun: "Die Beschuldigte erhielt von dem IS eine Kondolenzzahlung in Höhe von 1.000 US-Dollar sowie eine Verdienstzahlung in Höhe von weiteren 310 US-Dollar."

Die Hamburgerin mit tunesischen Wurzeln fand damals mit ihren Kindern ein neues Zuhause bei einem engen Freund ihres Mannes: Dennis Cuspert. Der frühere Rapper aus Berlin war eine zentrale Figur für die Propaganda des IS im deutschsprachigen Raum, er posierte auch in einem Enthauptungsvideo.

2012 war der aus Berlin-Kreuzberg stammende Cuspert untergetaucht, nachdem es in Bonn gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen "Pro NRW" und radikalen Salafisten gegeben hatte. Ein Islamist hatte dabei auch zwei Polizisten mit einem Messer verletzt. Für den Messerstecher wurde gesammelt. Das Spendenkonto lief auf den Namen der Hamburgerin.

Drohung gegen Deutschland auf dem Handy

Auf dieses Vorleben geht die Bundesanwaltschaft in ihrer Mitteilung nicht ein. Die von Moussa veröffentlichten Aufnahmen zeigen, dass die Hamburgerin sich schon in den Jahren vor ihrer Ausreise radikalisiert hatte. Auf Fotos ist sie mit Nikab in Hamburg zu sehen.

In Syrien musste dann den Fotos zufolge auch ihre kleine Tochter die Vollverschleierung tragen. Der jüngere Sohn hält auf einem Foto eine Pistole in der Hand.

Auch die Mutter ist auf einem Foto mit Kalaschnikow zu sehen. Das Bild wird ihr nun zum Verhängnis: "Im März 2015 übte die Beschuldigte zudem die tatsächliche Gewalt über ein Sturmgewehr Kalaschnikow AK 47 aus", erklärt die Bundesanwaltschaft.

Sie führt in den Vorwürfen auch zwei E-Mails an: Diese habe die Frau Ende 2015 an zwei bislang nicht näher identifizierte Personen geschickt, um sie für den Kampf des IS zu gewinnen. Unter den Bildern fand sich eine Montage mit Drohungen, die IS-Kämpfer vor dem Bundestag zeigen. Auf ihrem Handy war zudem ein inzwischen gesperrter dschihadistischer Twitter-Account zur Unterstützung inhaftierter "Schwestern" eingerichtet.

Das Smartphone zeigte auch, dass Ex-Rapper Cuspert, Kampfname Abu Talha al-Almani, ihr Liebesgedichte schickte. Den Ermittlungen der Bundesanwaltschaft zufolge war es mit der Liebe dann aber vorbei: "Aufgrund von Streitigkeiten mit ihrem neuen Ehemann, und um ihr erwartetes viertes Kind in Deutschland zur Welt zu bringen, verließ Omaima A. schließlich das Territorium des IS und kehrte mit ihren Kindern Anfang September 2016 in die Bundesrepublik zurück."

Als Freiberuflerin in der Beauty-Branche

Dort lebte sie bisher unbehelligt. Im Netz präsentierte sie sich top gestylt als Freiberuflerin in der Beauty-Branche. Bilder zeigen eine Frau ihres Namens mit Urkunden nach zwei Lehrgängen, in den Kommentaren äußern sich Kundinnen lobend.

Verbindungen in die Islamistenszene könnte sie jedoch weiterhin unterhalten haben: Im April gab es große Razzien beim Verein Ansaar International, der der Terrorhilfe verdächtigt wird. Unmittelbar danach fragte die Hamburgerin einem Facebook-Posting zufolge dort nach, wann denn jemand vor Ort sei, der Spenden entgegennehmen könne. Ansaar- und IS-Anhänger gelten allerdings als verfeindet.


Omaima A. ist nicht die einzige Frau aus Hamburg, die in das IS-Gebiet gereist war. Laut einer Aufstellung der Hamburger Sicherheitsbehörden nach einer AfD-Anfrage hatten sich 17 Frauen nach Syrien abgesetzt. Der Zweck der Reise war vielfach unklar. Im Februar wussten die Behörden von drei IS-Anhängerinnen, die 2015 oder 2016 zurückgekehrt sind.

Verwendete Quellen
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