Presseschau zu Sri Lanka "Christen stehen in vielen Teilen der Welt im Kreuzfeuer"
Der Anschlag auf wehr- und arglose Betende in Sri Lanka am Ostersonntag hat die Kommentatoren weltweit entsetzt. Zugleich reagieren sie mit Hoffnung. Ein Überblick.
Die "New York Times" schreibt am Sonntag: "Wie es sich für ein Land gehört, das seit langem im Zentrum globaler Handelswege liegt, ist Sri Lanka seit Jahrhunderten die Heimat verschiedener Religionen. (...) Diese Religionen haben nicht immer in Harmonie miteinander gelebt, aber solche Konflikte sind im Allgemeinen die Ausnahme geblieben. Denn Menschen verschiedener Glaubensrichtungen haben, zumindest mit Blick auf den Glauben selbst, an diesem besonderen Ort, an dem sie gemeinsam leben, und in der relativen Isolation eines kleinen Inselstaates im Indischen Ozean gewöhnlich Wege des Zusammenlebens gefunden. Diese Isolation ist nun plötzlich und unbestreitbar vorbei. Berichte über die jüngsten Anschläge deuten darauf hin, dass die Behörden in Sri Lanka bereits heimische islamische Gruppen beobachtet haben, die im Verdacht standen, Anschläge auf katholische Kirchen zu planen, und die zweifellos von globalen Bewegungen und Konflikten weit jenseits der Küsten der Insel inspiriert waren."
Die britische "Times" schreibt am Montag: "Christen stehen in vielen Teilen der Welt im Kreuzfeuer. In Nordkorea sperrt man sie ins Gefängnis. In China werden sie von Behörden in den Untergrund getrieben. In Pakistan fallen sie Gesetzen gegen Gotteslästerung zum Opfer, und in Indien werden sie von Ultranationalisten angegriffen. In 73 Ländern sind sie Gefahren ausgesetzt. Gestern nun wurden Christen während des Gottesdienstes getötet. Es ist unerlässlich, die Motive der Angreifer in Erfahrung zu bringen. Davon hängt das weitere politische Vorgehen ab und schließlich auch der Weg zur Vergebung, den Christen wählen werden. Zunächst kommt es jetzt aber darauf an, dass andere Religionen die Verbrechen in Sri Lanka gemeinsam mit den Christen verurteilen und mit ihnen zusammenarbeiten, um sich von dieser Geißel zu befreien. Gläubige an einem Tag des Friedens in einem Gotteshaus abzuschlachten, ist ein abscheuliches Verbrechen."
Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schreibt: "Christliche Kirchen – für islamistische Fanatiker gibt es keine 'besseren' Ziele, um ihre wahnsinnige, religiös verbrämte Ideologie in die Tat umzusetzen. Es sind die Objekte, die in ihrem 'Kampf der Zivilisationen' eine herausgehobene Stellung einnehmen. (...) Aber es gibt noch eine andere Hetze, die sich im Massenmord entlädt. Im Januar ermordete eine weißer Rechtsradikaler beim Sturm auf zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch fünfzig muslimische Gläubige. Im Internet hatte der Mann seine ebenfalls ideologisch-kulturzivilisatorisch verquaste Tat angekündigt. Das trifft auch für den Angreifer zu, der im vergangenen Jahr in einer Synagoge in Pittsburgh mordete: Der Tat ging antisemitische Hetze voraus. Diese 'Ankündigungen' müssen die Sicherheitsbehörden noch weitaus ernster nehmen als bisher. Gottes- und Gebetshäuser sind die Ziele einer neuen terroristischen Internationale."
Die italienische Tageszeitung "La Stampa" schreibt am Montag in ihrer Online-Ausgabe: "Die Bilanz könnte sich angesichts der Schwere der Anschläge noch verschlimmern (...). Nach Jahrzehnten innerstaatlicher Konflikte zwischen der Regierung und Separatisten der Tamilen ist gestern, an Ostern, der Terror in das Land zurückgekehrt: Neun Explosionen hintereinander gab es in mehreren Kirchen und Hotels in der Hauptstadt Colombo und in zwei anderen Orten, Batticaloa und Negombo. Für die Gläubigen im Gebet gab es kein Entkommen."
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Der Londoner "Guardian" kommentiert: "Politiker aus allen Teilen der Gesellschaft haben sich zusammengetan, um zu Einheit und Standhaftigkeit aufzurufen. Von dieser gemeinsamen Botschaft und von ähnlichen Gedanken, die führende Persönlichkeiten auf der ganzen Welt geäußert haben, geht Hoffnung aus – selbst wenn einige von ihnen in Wahrheit Spaltungen geschürt und ausgenutzt haben. Es erwächst Hoffnung aus dem Anblick von Menschen aller ethnischen Gruppen und Religionen, die jetzt zusammenkommen, und aus dem Andrang von Menschen, die Blut spenden oder Überlebenden anderweitig helfen. Es sind nicht allein die Sri Lanker und die Katholiken, die den Schmerz dieser Gräueltaten spüren und die Zerstörungen fürchten, die sie nach sich ziehen könnten. Nicht nur Christen glauben, dass die Hoffnung selbst in den schlimmsten Zeiten siegen kann und muss."
- Nachrichtenagentur dpa
- faz.net: "Massenmord an Ostersonntag"