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Klare Absage an Verschiebung: May kämpft mit neuen Zusagen aus Brüssel für Brexit-Deal


Termin für EU-Austritt
May kämpft mit neuen Zusagen aus Brüssel für Brexit-Deal

Von dpa
Aktualisiert am 14.01.2019Lesedauer: 4 Min.
Fähren im Ärmelkanal: Die britische Regierung hat Verträge mit Reedereien abgeschlossen, um mögliche Engpässe nach dem Brexit mithilfe von gecharterten Fähren abzufedern.Vergrößern des Bildes
Fähren im Ärmelkanal: Die britische Regierung hat Verträge mit Reedereien abgeschlossen, um mögliche Engpässe nach dem Brexit mithilfe von gecharterten Fähren abzufedern. (Quelle: Gareth Fuller/PA Wire./dpa)

London/Brüssel (dpa) - Mit neuen Zusicherungen der Europäischen Union hat die britische Premierministern Theresa May um Unterstützung ihres Parlaments für den Brexit-Vertrag gekämpft. "Geben Sie diesem Deal eine zweite Chance", sagte May bei einer Ansprache im Parlament am Montag.

Nur die Zustimmung zum Austrittsabkommen am Dienstagabend könne einen chaotischen EU-Austritt oder den Stopp des Brexits verhindern. Dennoch scheint weiterhin keine Mehrheit für den Vertrag im Unterhaus in Sicht. Die nordirische DUP, von deren Unterstützung Mays Minderheitsregierung abhängt, lehnte die Zusicherungen aus Brüssel als "bedeutungslos" ab. Die EU hält nun eine Verschiebung des Brexits über das vorgesehene Datum 29. März hinaus für möglich.

Doch gibt die EU-Seite auch die Hoffnung nicht auf, dass Großbritannien doch noch Mitglied bleibt. Mehr als 100 Europaabgeordnete richteten in einem offenen Brief einen emotionalen Appell an die Briten: "Wir bitten darum, im Interesse der nächsten Generation den Austritt zu überdenken." Bei einer Abkehr vom Brexit würde man zusammen daran arbeiten, "die Europäische Union zu reformieren und zu verbessern, so dass sie besser im Sinne aller Bürger funktioniert", heißt es in dem Papier.

May will aber keine Abkehr vom Brexit und auch keine Verschiebung. Stattdessen bewegte sie EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk zu neuen Zusicherungen, die für die Ratifizierung des Brexit-Vertrags in Großbritannien hilfreich sein sollen. Juncker und Tusk schickten am Montag einen langen Brief nach London.

Enthalten sind zwei wichtige Punkte : Die in Großbritannien umstrittene Garantie für eine offene Grenze, der sogenannte Backstop, wird als reine Rückversicherung dargestellt, die möglichst nie genutzt werden solle - und wenn doch, dann nur übergangsweise, bis eine bessere Lösung gefunden sei. Und die EU bestätigte, dass diese Zusicherungen "juristischen Wert" haben, was May wichtig war.

In der Substanz ändert der neue EU-Brief allerdings nichts. Denn Juncker und Tusk halten gleich zu Beginn fest: "Wie Sie wissen, sind wir nicht in der Lage, irgendetwas zuzustimmen, das das Austrittsabkommen ändert oder nicht mit ihm übereinstimmt." Man sei aber bereit, die Interpretation des Abkommens zu bekräftigen.

May räumte bei ihrer Ansprache im Parlament ein, dass die von Kritikern im Parlament gewünschte Befristung des "Backstops" nicht möglich gewesen sei. Dennoch seien wichtige Punkte erreicht worden. Darunter sei die Zusage, dass die Verhandlungen über die künftige Partnerschaft Großbritanniens mit der EU bereits vor dem Austrittsdatum am 29. März beginnen könnten. Junckers und Tusks Zusagen seien "rechtswirksam".

Trotz Mays Appellen in letzter Minute sah aber auch ihre Regierung einen Tag vor der Abstimmung kaum eine Chance auf eine Mehrheit, wie Handelsminister Liam Fox am Montag in der BBC eingestand. Spekuliert wurde eigentlich nur noch darüber, wie schlimm die Niederlage für May ausfällt und wie es danach weitergeht.

Die nordirische Protestantenpartei DUP bezeichnete die Zusicherungen aus Brüssel als "bedeutungslos". Die Bedenken seiner Partei gegen den Brexit-Deal seien dadurch sogar noch verstärkt worden, sagte DUP-Fraktionschef Nigel Dodds einer Mitteilung zufolge. "Nichts ist neu. Nichts hat sich verändert."

Sollte das Parlament das Abkommen am Dienstag mit großer Mehrheit ablehnen und sich auch in den kommenden Wochen nicht auf ein weiteres Vorgehen einigen, droht ein Austritt ohne Abkommen mit dramatischen Konsequenzen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche.

Nach einer Niederlage der Regierung könnte es auch zu einem Misstrauensvotum kommen. Allerdings wird nicht damit gerechnet, dass die Regierung damit zu Fall gebracht werden kann.

Möglich ist aber, dass das Parlament am Dienstag selbst schon einen Ausweg weist. Die Beschlussvorlage kann noch vor der eigentlichen Abstimmung abgeändert werden. Sollte der Text so stark verändert werden, dass die Regierung selbst bei einer Zustimmung kein Mandat dafür hätte, das Abkommen zu unterzeichnen, wäre eine Abstimmung obsolet. Für May hätte das den Vorteil, dass ihr eine krachende Niederlage möglicherweise erspart bliebe. Sie könnte stattdessen beanspruchen, den Auftrag für Nachverhandlungen mit der EU erhalten zu haben.

Eine Verschiebung des Brexits lehnte May am Montag trotz Forderungen danach von verschiedenen Seiten im Parlament erneut explizit ab. EU-Diplomaten hatten zuvor bestätigt, dass man in Brüssel einen britischen Antrag auf Verlängerung der Austrittsfrist nach Artikel 50 der EU-Verträge für möglich hält. Eine "technische" Verlängerung bis Juli wäre ein erster Schritt, um May Extrazeit zu geben. Noch gebe es aber einen solchen Antrag nicht, und nötig wäre für seine Billigung Einstimmigkeit der 27 übrigen EU-Staaten.

Die deutsche Wirtschaft warnte erneut vor den negativen Folgen im Falle eines Brexits ohne Abkommen. "Ohne Deal würden zusätzlich Millionen an Zollanmeldungen und Milliarden an Zöllen fällig", sagte der Präsident des Deutschen Industrie-und Handelskammertages, Eric Schweitzer, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag). Zudem würden Just-in-time-Produktionen und Lieferketten unterbrochen.

Er wies abermals darauf hin, dass in Deutschland ungefähr 750 000 Arbeitsplätze vom Handel mit Großbritannien abhingen. Großbritannien ist Deutschlands fünftwichtigster Handelspartner. Das Handelsvolumen beträgt 122 Milliarden Euro. Die deutsche Außenwirtschaft äußerte sich ebenfalls besorgt und warnte vor Milliardenkosten.

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