Vertrag gekündigt Russische Marine verliert einzigen Hafen im Ausland
Im syrischen Hafen Tartus hatte die russische Marine Schiffe stationiert und gewartet. Jetzt wurde der Vertrag gekündigt.
Syrien hat einen Vertrag mit Russland aufgekündigt, der Moskau die Nutzung des Hafens von Tartus übertragen hatte. Dort ist ein Teil der russischen Marine untergebracht, es ist der einzige Auslandshafen der Flotte. Wie syrische Medien übereinstimmend berichten, ist ein Abkommen von 2019 außer Kraft gesetzt worden, das einer russischen Firma den Betrieb des Hafens für 49 Jahre garantierte.
Gegenüber der arabischen Nachrichtenseite "Alwatan" bestätigte der Zolldirektor des Hafens, Riad Judy, dass die Vereinbarung gekündigt worden sei. Als Grund wird eine Restrukturierung des Hafens angegeben. Der russischen Betreiberfirma wurde vorgeworfen, die Anlagen nicht ausreichend gewartet zu haben. Die Einkünfte aus dem Betrieb sollen in Zukunft wieder Syrien zugutekommen. Man wolle die Zollgebühren um 60 Prozent senken, um den Standort attraktiver zu machen.
Baerbock und EU sollen Druck gemacht haben
Nach Informationen der "Bild" hat auch der diplomatische und wirtschaftliche Druck der EU auf die neuen Machthaber in Damaskus dazu geführt, dass Syrien jetzt den Hafen wieder unter eigene Kontrolle bekommen will. Außenministerin Annalena Baerbock habe sich auf ihren Reisen nach Damaskus und Riad klar für einen Abzug der russischen Truppen aus Syrien eingesetzt, beruft sich die Bild auf Diplomatenkreise. Sie habe dabei immer wieder unterstrichen, dass dies für Deutschland auch eine Frage der Sicherheit Europas sei.
Tartus hat eine wichtige strategische Lage am Mittelmeer. Russland hatte den Hafen 2017 übernommen und einen Teil davon als Basis für seine Kriegsschiffe verwendet. Russland konnte den Hafen auch nutzen, um seine Mittelmeerflotte zu warten. Dafür bekam es Sonderrechte: "Die logistische Einrichtung genießt volle Immunität von der Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit Syriens. Ihr bewegliches und unbewegliches Eigentum genießt Immunität vor Durchsuchung, Beschlagnahme, Festnahme oder Vollstreckungsmaßnahmen", zitierte die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass aus dem Vertrag. Sowohl der Kommandeur als auch Soldaten und russische Angestellte dürften nicht von syrischen Behörden verfolgt werden.
Russland hatte in den Tagen nach dem Fall des Assad-Regimes begonnen, Truppen und Material aus Syrien abzuziehen. Dazu gehörten auch Schiffe, die zunächst im Mittelmeer ankerten, dann weiterfuhren, einige davon nach Libyen. In Tartus waren mehrere russische Kriegsschiffe stationiert, teilweise auch atomgetriebene Schiffe. Zum gleichen Zeitpunkt war auch die Nutzung der Hmeymim-Militärbasis vereinbart worden, ebenfalls für 49 Jahre. Sie befindet sich noch unter russischer Kontrolle. Kurz nachdem Rebellengruppen Damaskus erobert hatten, gab es Berichte über eine Verlegung von russischem Material von der Basis. Noch ist unklar, ob Russland die Einrichtung weiter benutzen darf.
Chef von Hafenbetreiber unter Sanktionen
Der Firma Stroytransgaz wurde die Hafennutzung vom Assad-Regime zugesagt. Nach einem Bericht der Londoner Medienseite "The New Arab" wurde vereinbart, dass Damaskus bis zu 35 Prozent der Profite erhalten solle. Stroytransgaz ist eine große russische Baufirma, die dem Oligarchen Gennadi Timtschenko gehört, der beste Beziehungen zu Wladimir Putin haben soll. Er steht auf Sanktionslisten der USA, Großbritanniens und der EU.
Moskau hatte jahrzehntelang die syrischen Machthaber unterstützt. Baschar al-Assad floh nach seiner Entmachtung nach Russland. Die Beziehungen zwischen Russland und Syrien sind geprägt von einer langjährigen politischen, wirtschaftlichen und militärischen Partnerschaft, die bis in die Zeit des Kalten Krieges zurückreicht. Russland hat durch militärische Interventionen, insbesondere seit 2015, entscheidend zum Machterhalt des Assad-Regimes beigetragen. Außerdem gab es enge wirtschaftliche Beziehungen.
Kritik an Beziehungen zu Russland
Doch diese Zeiten könnten vorbei sein. Aus Syrien kommen immer mehr kritische Stimmen. Der Patriarch der Syrisch-Orthodoxen Kirche, die Russland eigentlich beschützen wollte, sagte der BBC: "Wir haben nicht die Erfahrung gemacht, dass Russland oder irgendjemand aus der Außenwelt uns beschützt". Und wurde noch direkter "Die Russen waren hier, um ihre eigenen Vorteile und Ziele zu verfolgen", so Ignatius Aphrem II. gegenüber der BBC.
Allerdings könnte Putin auf die militärische Abhängigkeit hoffen. Syrien wurde vor allem aus Russland mit Waffen versorgt. "Der Wiederaufbau des syrischen Militärs erfordert entweder einen völligen Neuanfang oder eine fortgesetzte Abhängigkeit von russischen Lieferungen, was zumindest eine Art von Beziehung zwischen den beiden Ländern voraussetzen würde", meinte Turki al-Hassan, ein Verteidigungsanalyst und pensionierter General der syrischen Armee, gegenüber der BBC.
Im Gegenzug für Waffen könnte Moskau versuchen, zumindest ein Bleiberecht in Tartus auszuhandeln. Vonseiten der syrischen Behörden gab es bislang kein Wort über die zukünftige militärische Nutzung des Hafens. Von russischer Seite gab es bislang keine Stellungnahme.
- newarab.com: "Syria terminates deal with Russian firm managing Tartus port" (englisch)
- bild.de: "Syrien schmeißt Putins Marine raus"
- handelsblatt.com: "Sanktionen im Ukraine-Konflikt: Gegen diese drei russischen Milliardäre geht Großbritannien als Erstes vor" (kostenpflichtig)
- forbes.com: "Gennady Timchenko" (englisch)
- alwatanonline.com: "مدير جمارك طرطوس لـ«الوطن»: الرسوم الجمركية لم ترتفع... وأرقام الإيرادات غير دقيقة" (arabisch)
- tass.com: "Russian Navy to receive 40 new warships and vessels in 2017" (englisch)