Trump nennt Kapitol-Stürmer "Geiseln" Rechtsradikaler "Proud Boys"-Anführer wird aus Haft entlassen
Der Angriff auf das Kapitol am 6. Januar 2021 war eine Zäsur in den USA. Hunderte Menschen wurden nach dem Gewaltausbruch verurteilt. Donald Trump lässt nun alle frei.
Die wegen der Erstürmung des US-Kapitols in Washington verurteilten Straftäter kommen per Erlass des neuen US-Präsidenten Donald Trump frei – unter ihnen auch die zu langen Haftstrafen verurteilten führenden Mitglieder rechtsextremer Milizen, denen besonders schwere Straftatbestände wie "aufrührerische Verschwörung" zur Last gelegt wurden.
Trump begnadigte am Montag die rund 1.500 an der Erstürmung des Kongressgebäudes Beteiligten oder erklärte deren Strafen für verbüßt. Die prominente demokratische Politikerin Nancy Pelosi nannte Trumps Vorgehen "beschämend".
Unter den Begnadigten ist der frühere Anführer der "Proud Boys" (Stolze Jungs), Enrique Tarrio, der zu 22 Jahren Haft verurteilt worden war. Bei fünf weiteren verurteilten Mitgliedern der Miliz erklärte Trump deren Strafen für verbüßt. Die "Proud Boys" sind eine 2016 gegründete neofaschistische Gruppierung, die politische Gewalt gegen linke Politiker und Aktivisten glorifiziert. Trump hatte während seiner ersten Amtszeit mit der Gruppierung sympathisiert.
Zuny Tarrio, die Mutter des ehemaligen Anführers der rechtsextremen Gruppierung, schrieb bei X, ihr Sohn werde aus der Haftanstalt entlassen.
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Auch Stewart Rhodes, der Gründer der "Oath Keepers" (Hüter des Eides), der wegen seiner Verstrickung in die Kapitolerstürmung zu 18 Jahren Haft verurteilt worden war, profitierte von dem Dekret: Trump erklärte auch seine Strafe und die von acht weiteren Mitgliedern für abgeleistet. Die Miliz rekrutiert frühere oder aktuelle Polizisten und Soldaten und sieht sich im Kampf gegen eine angebliche Tyrannei durch die vorhergehende US-Regierung.
Trump bezeichnet Verurteilte als "Geiseln"
Die Erstürmung des Kapitols durch die fanatischen Trump-Anhänger am 6. Januar 2021 gilt als eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte der US-Demokratie. Trump hatte damals seine Niederlage bei der Präsidentschaftswahl gegen Joe Biden nicht akzeptiert, danach Chaos gestiftet und die Falschbehauptung vom Wahlbetrug verbreitet. Fanatische Trump-Unterstützer überrannten Absperrungen, prügelten Polizisten brutal nieder und drangen gewaltsam in das Parlamentsgebäude ein, während Trump tatenlos zuschaute. Infolge der Krawalle kamen fünf Menschen ums Leben.
Trump hatte zwar im gesamten Wahlkampf immer wieder eine Begnadigung von Straftätern von damals versprochen. Vertraute aus seinem Umfeld, darunter sein Vizepräsident J. D. Vance, hatten vorab aber betont, es werde niemand begnadigt, der gewalttätig geworden sei. Trump wiederum hatte sich vor seiner Amtseinführung nicht auf Details festlegen wollen – und überraschte nun mit der rigorosen Entscheidung der Straffreiheit für alle.
Trump unterzeichnete wenige Stunden nach seiner Vereidigung nun das entsprechende Dekret und bezeichnete die Betroffenen als Geiseln. "Dies sind die Geiseln, etwa 1.500 Menschen, für eine Begnadigung, eine vollständige Begnadigung", sagte Trump bei seiner Rückkehr ins Weiße Haus. "Wir hoffen, dass sie heute Abend freikommen. Sie warten darauf."
Hochrangige Demokraten äußerten sich schockiert. Die frühere Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, sprach von einer "schändlichen" Entscheidung und einer "ungeheuerlichen Beleidigung des Rechtssystems".
Die Strafverfolgung
Laut Zahlen des US-Justizministeriums von Anfang Januar wurden infolge der Krawalle mehr als 1.500 Menschen auf Bundesebene angeklagt – die Vorwürfe reichten dabei von Widerstand gegen die Staatsgewalt bis zu Angriffen gegen Polizisten. Gut 1.000 Angeklagte bekannten sich demnach schuldig, in mehreren Hundert Fällen kam es zu einem Prozess.
Bislang wurden laut Ministerium etwa 1.100 Angeklagte für kriminelle Handlungen rund um die Kapitol-Attacke verurteilt – mehr als 660 davon erhielten Haftstrafen und weiteren 145 Angeklagten, die zu Haftstrafen verurteilt wurden, wurde anstelle von Gefängnis Hausarrest gewährt. Mehrere Hundert Verfahren liefen zuletzt noch, sollen gemäß Trumps Anordnung nun aber eingestellt werden.
- Nachrichtenagenturen afp und dpa