Viele Häftlinge verlegt Tauscht Putin dutzende Gefangene aus?
In Russland ist der Kontakt zu vielen ausländischen Gefangenen abgebrochen. Kommen die Häftlinge jetzt plötzlich frei?
Nach Berichten über die Verlegung von zahlreichen politischen Gefangenen in Russland könnte es zu einem größeren Austausch von Häftlingen kommen. Die Zeitung "Welt" berichtet unter Berufung auf Sicherheitskreise, es könnte sich um den "größten Gefangenenaustausch seit Ende des Kalten Krieges" handeln.
Konkret könnten dabei mehr als zwei Dutzend Inhaftierte aus Russland freikommen. Über verschiedene Namen wird seit Tagen spekuliert. Zu ihnen könnte etwa der prominente russische Oppositionelle Wladimir Kara-Mursa gehören, der laut seines Anwalts aus dem Straflager in Omsk an einen aktuell unbekannten Ort verlegt wurden.
Austausch geplant?
Laut den Spekulationen umfasst der mögliche Gefangenenaustausch eine Vielzahl von Inhaftierten, darunter mehrere Kremlgegner. Russland will unter anderem den in Deutschland inhaftierten sogenannten Tiergarten-Mörder freipressen.
Alle Inhaftierten sind Gegner des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und erhielten langjährige Strafen. Der Westen hatte die Urteile als Justizwillkür kritisiert und die Freilassung der Gefangenen gefordert.
Putin bereit für Tausch
Kremlchef Wladimir Putin, der in der Kritik steht, politische Gefangene als Geiseln zu nutzen, um Russen aus westlichen Gefängnissen freizupressen, hatte zuletzt wiederholt die Bereitschaft zu einem Austausch erklärt. Die USA wollen etwa die Freilassung ihrer wegen Spionage verurteilten Bürger Paul Whelan und Evan Gershkovich, der Journalist vom "Wall Street Journal", erreichen. Kremlsprecher Dmitri Peskow wollte sich am Freitagmorgen zu den Spekulationen nicht äußern. "Ich habe dazu noch immer keinen Kommentar abzugeben", sagte Peskow in Moskau.
Putin soll besonders großes Interesse an dem in Deutschland inhaftierten Russen Wadim K., der wegen eines Mordes an einem Exil-Tschetschenen im Kleinen Tiergarten in Berlin verurteilt worden war. K. soll die Tat im Auftrag staatlicher russischer Stellen verübt haben.
In Belarus hob Machthaber Alexander Lukaschenko am Dienstag die Todesstrafe gegen den Deutschen Rico K. auf. Zuvor hatte es Spekulationen gegeben, dass auch der Deutsche gegen den "Tiergarten-Mörder" ausgetauscht werden könnte.
Zahlreiche Gefangene nicht auffindbar
In Russland sind allerdings noch weitere Personen in Haft, die für einen Austausch infrage kämen und ähnlich wie Kara-Mursa aktuell als verschwunden gelten. Darunter sind drei Gefangene, die sich nach Angaben ihrer Angehörigen und Unterstützer nicht mehr im selben Gefängnis befinden, sondern laut der Gefängnisbehörden in eine andere Einrichtung "abgereist" sind: der Oppositionspolitiker Ilja Jaschin, der prominente Menschenrechtsaktivist Oleg Orlow und Danila Krinari: Ein Mann, der wegen Zusammenarbeit mit ausländischen Regierungen verurteilt wurde.
- Nawalny war kein Einzelfall: Das sind Putins Geiseln
Vier weitere Gefangene hat der russische Staat aus unterschiedlichen Gründen als gefährliche Extremisten eingestuft. Im Westen werden sie von Regierungen und Aktivisten als zu Unrecht inhaftierte politische Gefangene betrachtet: Der wegen Hochverrats verurteilte deutsch-russische Staatsbürger Kevin Lick, die Oppositionsaktivistinnen Lilija Tschanyschewa und Xenia Fadejewa und die Antikriegskünstlerin Alexandra Skotschilenko.
Die Gefängnisverlegungen folgten auf die ungewöhnlich rasche Verurteilung des US-Journalisten Gershkovich am 19. Juli wegen Spionagevorwürfen, die er bestreitet. Er wurde zu 16 Jahren Haft verurteilt. Russland hat bereits bestätigt, dass Gespräche über einen Austausch stattgefunden haben. Alsu Kurmaschewa, eine russisch-amerikanische Journalistin für das von den USA finanzierte Radio Free Europe/Radio Liberty, wurde am selben Tag in einem Geheimprozess in ungewöhnlicher Eile zu sechseinhalb Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie falsche Informationen über die russische Armee verbreitet haben soll. Sie streitet dies ab.
- welt.de: "'Größter Gefangenenaustausch seit Ende des Kalten Krieges'"
- Nachrichtenagentur dpa und Reuters