Rumänien gibt auf Niederländer Rutte kann Nato-Generalsekretär werden
Mark Rutte hätte bereits vor Monaten zum nächsten Nato-Generalsekretär gekürt werden sollen. Vor allem ein Alliierter leistete allerdings hartnäckig Widerstand - bis jetzt.
Der Weg für die Ernennung von Mark Rutte zum nächsten Generalsekretär der Nato ist nach monatelanger Blockade frei. Als letzter Bündnisstaat kündigte Rumänien an, seinen Widerstand gegen die Vergabe des Spitzenpostens an den scheidenden niederländischen Regierungschef aufzugeben.
Rumäniens Staatspräsident Klaus Iohannis zog seine eigene Kandidatur zurück, wie die Präsidentschaftskanzlei am Donnerstag in Bukarest bekanntgab. Zugleich unterstütze Rumänien nunmehr die Kandidatur Ruttes, hieß es.
Kurz vor der Entscheidung Rumäniens hatten am Dienstag auch Ungarn und die Slowakei eingelenkt. Diese zwei Länder waren längere Zeit zusammen mit Rumänien und der Türkei die einzigen Nato-Staaten gewesen, die eine Ernennung des 57-jährigen Rutte zum Nachfolger von Jens Stoltenberg noch blockiert hatten.
Ungarn befürchtet Ausweitung von Krieg
Ungarn hatte den Widerstand zuletzt aufgegeben, nachdem Rutte auf ungarische Forderungen eingegangen war. Dabei ging es unter anderem darum, dass Ungarn sich sicher sein will, nicht zu einer Beteiligung an einem geplanten Nato-Einsatz zur Koordinierung von Waffenlieferungen für die Ukraine gedrängt zu werden. Die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban befürchtet, dass das Bündnis durch das Projekt in eine direkte Konfrontation mit Russland getrieben werden könnte.
Als Hintergrund der von Anfang an aussichtslosen Kandidatur des Rumänen Iohannis galt in Bündniskreisen dessen ungewisse berufliche Zukunft. So wurde vermutet, dass es Iohannis vor allem darum ging, als Alternative irgendeinen anderen internationalen Spitzenposten angeboten zu bekommen. Die zweite Amtszeit des Rumänen endet im Herbst und er kann dann in Rumänien kein weiteres Mal mehr antreten.
Stoltenberg-Vertrag läuft noch bis Oktober
Der derzeitige Vertrag des amtierenden Nato-Generalsekretärs Stoltenberg läuft noch bis 1. Oktober. Er hatte in der Vergangenheit schon mehrfach angekündigt, den Posten aufgeben zu wollen. Im vergangenen Sommer scheiterten allerdings erneut Versuche der Mitgliedstaaten, sich auf einen Nachfolger zu einigen. Damals hatten als mögliche Anwärter für die Nachfolge Stoltenbergs unter anderem die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen und der damalige britische Verteidigungsminister Ben Wallace gegolten.
Stoltenberg hat den Top-Job mittlerweile seit fast zehn Jahren inne. In der Geschichte des Bündnisses ist er damit bereits jetzt der am zweitlängsten amtierende Generalsekretär. Am längsten war bislang der Niederländer Joseph Luns der höchste internationale Beamte der Allianz. Er amtierte von 1971 bis 1984.
Kanzler stellte sich bereits im Februar öffentlich hinter Rutte
Für die Ernennung eines neuen Generalsekretärs ist im Verteidigungsbündnis ein Konsens notwendig. Das bedeutet, dass keiner der aktuell 32 Nato-Staaten einen Einwand gegen den Kandidaten vorbringen darf. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte sich bereits im Februar öffentlich hinter Rutte gestellt. Weitere Unterstützung kam damals auch aus den USA und Großbritannien. Aus Bündniskreisen hieß es am Donnerstag, es sei sehr wahrscheinlich, dass Rutte nun bereits in der kommenden Woche offiziell als Nachfolger Stoltenbergs präsentiert werden könne.
Der 57-Jährige gilt als äußerst erfahrener Außenpolitiker. Er war zuletzt knapp 14 Jahre Regierungschef der Niederlande, so lange wie noch keiner vor ihm und damit auch einer der dienstältesten der EU.
Große Aufgaben und ein Trump-Szenario
Hauptaufgabe des Generalsekretärs der Nato ist es, die politischen Abstimmungsprozesse zwischen den Alliierten zu koordinieren und dafür zu sorgen, dass auch bei schwierigen Themen ein Konsens erzielt werden kann. Weil er auch Handlungsvorschläge machen kann, spielt er damit gerade in Zeiten von Krisen oder Konflikten eine entscheidende Rolle. Zudem repräsentiert der Generalsekretär das Verteidigungsbündnis auf internationaler Ebene und leitet als oberster Verwaltungsbeamte das Nato-Hauptquartier.
Eine besonders große Herausforderung dürfte der neue Job für Rutte werden, wenn es nach der US-Präsidentenwahl im November zu einer Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus kommen sollte. Äußerungen des Republikaners hatten in der Vergangenheit Zweifel daran geweckt, ob die USA unter seiner Führung uneingeschränkt zur Beistandsverpflichtung stehen würden.
Bereits in seiner Amtszeit von 2017 bis 2021 hatte er immer wieder über die seiner Ansicht nach zu niedrigen Verteidigungsausgaben von europäischen Alliierten gewettert und zeitweise sogar mit einem Austritt der USA aus dem Bündnis gedroht.
Ruttes innenpolitischer Widersacher Geert Wilders gratulierte Rutte am Donnerstag zu seiner bevorstehenden Ernennung. "Die Ära Rutte endet in den Niederlanden und beginnt bei der Nato," teilte der rechte Politiker der niederländischen Agentur ANP mit. "Beides ist gut, und ich wünsche ihm viel Erfolg."
- Nachrichtenagentur dpa