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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Weil Politiker Ungarn kritisieren Orbán will Schwedens Nato-Beitritt blockieren
Ungarn will Schwedens Beitritt zur Nato blockieren. Grund ist die Kritik von schwedischen Politikern am Zustand der Demokratie in Ungarn.
Bisher trat vor allem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan als Bremser beim Nato-Beitritt von Schweden in Erscheinung. Im Juli beim Nato-Treffen in Vilnius ebnete schließlich Erdoğan den Beitritt der Schweden zum Verteidigungsbündnis. Doch nun will der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán den Aufnahmeprozess aufhalten.
In einem Brief teilt der ungarische Außenminister Péter Szijjártó seinem schwedischen Amtskollegen Tobias Billström mit, den Prozess nicht ratifizieren zu wollen. Der Brief ist auf den 14. September datiert. Orbáns Sprecher veröffentlichte den Brief sogar auf X, ehemals Twitter. Er schrieb dazu: "Wenn es um den Beitritt Schwedens zur Nato geht, spricht dieser Brief für sich selbst."
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"Lieber Minister, lieber Tobias", schreibt Szijjártó am Anfang noch ganz harmlos. Doch dann legt er direkt los: Schwedische Politiker wären "voreingenommen, unfair" und würden "ungerechtfertigte Anschuldigungen" gegen Ungarn anbringen.
Ungarn fühlt sich beleidigt
Orbán ist offenbar erzürnt über Äußerungen und Kritik von schwedischen Politikern und des schwedischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks über den Zustand der ungarischen Demokratie. In dem Brief schreibt der ungarische Außenminister, die Abgeordneten des Parlaments seien demokratisch gewählt. "Wenn sie ihre Politiker hören, wie sie sie als undemokratisch oder autoritär bewerten, dann, seien Sie bitte nicht überrascht, bewerten sie das als Beleidigung."
Ungarn werden immer wieder demokratische und rechtsstaatliche Defizite attestiert – nicht nur von Schweden. Auch die Europäische Union hat Bedenken. Im aktuellen Rechtsstaatsbericht wirft die Europäische Kommission Orbán vor, dass die Justiz nicht unabhängig sei und die Pressefreiheit nicht garantiert werde.
EU zahlt wegen Defizite 34 Milliarden Euro nicht aus
Die EU hält deswegen 34 Milliarden Euro zurück, die sie an die Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit geknüpft hat. Darunter sind noch 12 Milliarden Euro aus dem Corona-Wiederaufbaufonds. Das ungarische Parlament hatte erst im Mai eine Justizreform beschlossen, um die Freigabe von 13,2 Milliarden Euro von der EU zu erwirken.
In dem Brief an Schwedens Regierung bemängelt der ungarische Außenminister auch, dass "Fake-Informationen" über Ungarn Eingang in den schwedischen Lehrplan gefunden hätten. Auch die ungarischen Medien berichten darüber.
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"Wie sollen wir die ungarischen Abgeordneten davon überzeugen, den Beitritt Schwedens zu unterstützen?
Es geht um ein Video, das in Schulen gezeigt werden soll und die Demokratiedefizite Ungarns benennt. "Schockierendes, von der schwedischen Regierung genehmigtes Bildungsvideo, das Ungarn angreift!", schreibt etwa der politische Direktor von Orbán, sein Namensvetter Balázs Orbán. "Wie sollen wir die ungarischen Abgeordneten davon überzeugen, den Beitritt Schwedens zu unterstützen, wenn unsere Demokratie immer wieder in Frage gestellt wird und unsere Wähler und das ganze Land beleidigt werden?"
Ähnlichen Druck baut der ungarische Außenminister Szijjártó in seinem Brief ans schwedische Außenministerium auf: "Diese Verweigerung ist nun noch stärker geworden und trägt sicher nicht dazu bei, dass Ihre immer wieder erhobenen Forderungen erfüllt werden." Damit wird Schweden nicht bald damit rechnen können, der Nato final beitreten zu können.
- twitter.com: Profil von Zoltan Kovacs
- deutschlandfunk.de: "Brüssel kritisiert Polen und Ungarn"
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