Gerangel um Kommissionsvorsitz EU-Parlament stellt sich gegen Macron
Wer tritt die Nachfolge von Jean-Claude Juncker als EU-Kommissionschef an? Das EU-Parlament sagt: Auf jeden Fall jemand aus unseren Reihen! Der EU-Rat hätte dagegen gerne freie Hand bei der Besetzung.
Die Grünen im Europaparlament sehen die liberale EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager weiter im Rennen um die Nachfolge von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Vestager sei aus Sicht der Grünen als Spitzenkandidatin bei der Europawahl angetreten, so die grüne Ko-Fraktionsvorsitzende im Europaparlament, Ska Keller. Sie unterstützt die Linie der Mehrheit der Fraktionen, wonach nur ein Spitzenkandidat der Parteien bei der Europawahl Junckers Nachfolge antreten könne.
Der französische Präsident Emmanuel Macron und einige andere EU-Spitzen würden diesen und andere Posten gerne frei bestimmen. Kurz vor dem EU-Sondergipfel am Dienstagabend war die Einigung der Fraktionsspitzen somit vor allem eine Ansage an die EU-Staats- und Regierungschefs.
Liberale mit "Spitzenteam"
Die Liberalen hatten für die Europawahl anders als die meisten anderen Parteien keinen Spitzenkandidaten aufgestellt. Sie halten das Konzept für nicht sinnvoll, solange es keine länderübergreifenden Listen für die Europawahl gibt, sondern weiter nur nationale Kandidaten gewählt werden können. Es gab bei den Liberalen allerdings ein "Spitzenteam", zu dem auch Vestager zählte.
Keller verwies darauf, dass die dänische EU-Kommissarin auch an einer großen Debatte mit anderen Spitzenkandidaten teilgenommen hatte. Sie bekräftigte gleichzeitig, es sei höchste Zeit, dass es bei den EU-Spitzenposten ein ausgewogenes Verhältnis von Männern und Frauen gebe: "Wenn wir die Europäer vertreten wollen, können wir nicht die Hälfte der Bevölkerung ignorieren."
Keine informelle Groko mehr
Für Keller schließt das aus, dass Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier nächster EU-Kommissionschef werden kann. Den Posten könne "nicht irgendwer" bekommen, sagte sie. "Da gibt es einen Unterschied."
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Nach der Europawahl kommen die beiden Volksparteien – EVP und Sozialdemokraten – erstmals in der Geschichte des Parlaments nicht mehr auf eine Mehrheit. Bislang haben sie in Brüssel vieles in einer informellen Koalition unter sich ausgemacht. Nun brauchen sie neue Partner. Für eine Mehrheit sind 376 Stimmen nötig.
- Nachrichtenagenturen AFP und dpa