Politische Krise in London Labour erklärt Brexit-Gespräche mit May für gescheitert
Es ist eine weitere Niederlage für Theresa May: Ihr Versuch, das lähmende Brexit-Patt im Parlament aufzulösen, ist gescheitert. Labour hat die Gespräche abgebrochen.
Die wochenlangen Gespräche zwischen der britischen Regierung und der Opposition über einen Kompromiss im Brexit-Streit sind vorerst gescheitert. "Wir waren nicht in der Lage, gewichtige politische Differenzen zwischen uns zu überbrücken", sagte Labour-Chef Jeremy Corbyn der britischen Nachrichtenagentur PA zufolge am Freitag in London.
Premierministerin Theresa May hatte die Gespräche mit Labour Ende März in die Wege geleitet, nachdem sie mit ihrem mit der EU ausgehandelten Austrittsabkommen zum dritten Mal im Parlament gescheitert war. Um das lähmende Patt im britischen Unterhaus aufzulösen, suchte sie den Kompromiss mit der Opposition.
Doch ein Scheitern der seit gut sechs Wochen laufenden Verhandlungen hatte sich immer klarer abgezeichnet. Labour wie Torys hätten zu weitreichenden Zugeständnissen bereit sein müssen. So forderte Labour etwa eine Zollunion, die Großbritannien enger an die EU bindet, was viele konservative Abgeordnete aber kategorisch ablehnen.
Vierte Abstimmungsniederlage unausweichlich?
Ursprünglich war der EU-Austritt Großbritanniens für Ende März geplant. Nach einem gewährten Aufschub bleibt das Vereinigte Königreich nach derzeitigem Stand bis höchstens Ende Oktober in der EU und muss deshalb an der Wahl des Europäischen Parlaments Ende Mai teilnehmen. May nahm sich vor, den Brexit noch vor der Sommerpause des Parlaments Ende Juli über die Bühne zu bringen – was nach dem Abbruch der Verhandlungen unrealistisch erscheint.
So steuert die Premierministerin auf eine weitere Abstimmungsniederlage zu. Anfang Juni will sie zum vierten Mal versuchen, ihr mit der EU ausgehandeltes Brexit-Abkommen durchs Unterhaus zu bringen – diesmal auf einem Umweg. Die Abgeordneten sollen nicht über das umstrittene Austrittsabkommen selbst, sondern über das britische Gesetz zur Umsetzung des Abkommens abstimmen.
Boris Johnson bringt sich in Stellung
Nach Lage der Dinge wird May auch dieser Trick nicht helfen. Gleichzeitig wächst der innerparteiliche Druck auf sie. Am Donnerstag stimmte die Regierungschefin zu – unabhängig vom Erfolg ihres Deals – noch in diesem Sommer den Zeitplan für ihren Rückzug festzulegen. Für Mays Nachfolge hatte sich am Donnerstag Ex-Außenminister Boris Johnson in Stellung gebracht. "Natürlich werde ich mich bewerben", sagte Johnson, der sich wochenlang zurückgehalten hatte, auf die Frage von Reportern, ob er bei einem Rücktritt Mays für das Amt des Parteichefs kandidiere. "Das dürfte kein Geheimnis sein."
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Die BBC hatte am Freitagvormittag berichtet, als sich das Scheitern der Verhandlungen abzeichnete, dass May und Corbyn nun zu einer zweiten Gesprächsphase übergehen wollten. Deren Ziel sei es, ein Prozedere parlamentarischer Abstimmungen zu vereinbaren, das einen Konsens bringen soll.
- Nachrichtenagenturen dpa, Reuters