Kurs: Richtung Europa Migranten kapern Frachtschiff, Militär schreitet ein
Die einen sprechen von "Piraten", die anderen von verzweifelten Menschen auf der Flucht: Mehrere Migranten übernahmen die Kontrolle über ein Handelsschiff – das maltesische Militär ist jetzt an Board.
Die maltesische Marine hat im Mittelmeer die Kontrolle über ein von Migranten entführtes Tankschiff wieder übernommen. "Der Tanker, seine Besatzung und alle Migranten werden gerade von der Marine eskortiert", teilte die Marine am Donnerstagmorgen mit.
Gerettete Migranten hatten nach italienischen und maltesischen Angaben vor Libyen ein Handelsschiff unter ihre Kontrolle gebracht und steuerten es in Richtung Norden. "Es sind keine Schiffbrüchigen, es sind Piraten", sagte Italiens Innenminister Matteo Salvini von der rechten Lega-Partei am Mittwoch. Das Handelsschiff "Elhiblu" hatte im Mittelmeer eine Gruppe Migranten vor der libyschen Küste aufgenommen, dann aber etwa sechs Seemeilen vor der Hauptstadt Tripolis plötzlich den Kurs Richtung Nord geändert. Der Kapitän hatte dann einen Alarmruf abgesetzt.
Kaum noch Rettungsschiffe vor Küste Libyens
Italienischen und maltesischen Medien zufolge sind 108 Migranten an Bord des Schiffes, das unter der Flagge des Inselstaates Palau fahre. An Bord sollen auch Frauen und Kinder sein.
Sowohl Italien als auch Malta wollen Bootsflüchtlinge nicht aufnehmen, solange es keinen EU-weiten Verteilmechanismus gibt. Vor der libyschen Küste sind kaum mehr Rettungsschiffe im Einsatz, die Boote von Hilfsorganisationen wurden immer wieder lange auf dem Meer blockiert oder aus dem Verkehr gezogen.
Auch die EU hat ihren Marineeinsatz vor der libyschen Küste gestoppt. Die am Mittwoch offiziell bestätigte Entscheidung sieht vor, bei der Anti-Schleuser-Operation Sophia vorerst nur noch Luftaufklärung zu betreiben und libysche Küstenschützer auszubilden.
Hilfsorganisationen sprechen von "Konzentrationslagern" in Libyen
Diese sollen die Migranten wieder in das Bürgerkriegsland bringen, wo den Menschen allerdings schwere Misshandlungen drohen. Immer wieder wehren sich Migranten deshalb, nach Libyen zurückgebracht zu werden. Hilfsorganisationen sprechen von unmenschlichen Bedingungen vor Ort und gar von "Konzentrationslagern", in denen die Migranten auch Folter ausgesetzt seien. Im November hatten sich etwa 90 Migranten geweigert, ein Containerschiff zu verlassen, das sie nach Libyen zurückgebracht hatte.
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Von einer "gefährlichen Lage", die die große Verzweiflung von "verletztlichen Menschen" auf der Flucht zeige, sprach die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen nun. "Die EU-Politik gefährdet Menschen immer mehr, und hat Handelsschiffe in eine unmögliche Lage gebracht."
- Nachrichtenagentur dpa