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"Anne Will" zum Brexit: "Der erste Nagel am Sarg der EU"


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"Anne Will" zum Brexit
"Dann wird es finster auf dem Kontinent"

MeinungEine TV-Kritik von Nina Jerzy

Aktualisiert am 22.10.2018Lesedauer: 3 Min.
Anne Will und ihre Gäste: Das Thema der Sendung vom 21.10.2018: Der Ausstieg der Briten aus der Europäischen Union.Vergrößern des Bildes
Anne Will und ihre Gäste: Das Thema der Sendung vom 21.10.2018: Der Ausstieg der Briten aus der Europäischen Union. (Quelle: ARD)
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Hunderttausende Briten sind gegen den EU-Ausstieg auf die Straße gegangen. Anne Wills Gäste sehen im Brexit aber gar nicht die größte Bedrohung für die EU. Die lauere auf der anderen Seite Europas.

Die Gäste

  • Sigmar Gabriel (SPD), ehemaliger Außen- und Wirtschaftsminister
  • Annette Dittert, ARD-Journalistin
  • Sir Sebastian Wood, britischer Botschafter in Deutschland
  • Dirk Schümer, Europa-Korrespondent der Zeitung "Die Welt"

Die Positionen

Bis Ende März 2019 soll das für viele Menschen immer noch Undenkbare Realität werden: Großbritannien verlässt die Europäische Union. "Der Brexit-Countdown – was bleibt von Europa?", fragte Anne Will ihre Gäste. Deren gute Nachricht lautete: Die EU wird den Brexit (vermutlich) überleben. Die Schlechte: Es gibt viel ernstere Gefahren für die Stabilität und die Existenzberechtigung der Wertegemeinschaft.

Am Samstag sind in London Hunderttausende von Briten gegen den Brexit und für eine zweite Volksabstimmung auf die Straße gegangen. Nach Ansicht des Botschafters Sebastian Wood signalisiert der Protest aber keine neuen Stimmverhältnisse: "Wir bleiben ein 50:50-Land." Er warb in der letzten Phase der stockenden Verhandlungen über die Austrittsbedingungen für Kompromisse auf beiden Seiten. Dann könne es im britischen Parlament auch eine Mehrheit für das Abkommen geben. Wood stellte aber klar, dass der Brexit für sein Land deutliche Veränderungen bringen muss: "Sonst hat die Regierung den Wählern überhaupt nichts geliefert."

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Der ehemalige Außenminister Sigmar Gabriel bezweifelte im Gegensatz zum Botschafter, dass Premierministerin Theresa May im Parlament eine Mehrheit liefern kann. "Dann ist die Stunde Europas", mahnte er. Großbritannien müsse mehr Zeit eingeräumt werden und Europa in einigen Punkten nachgeben. Dann könnten die Briten wenigstens über ein konkretes Abkommen abstimmen.

Der Ex-Wirtschaftsminister zeigte den Briten jedoch klare Grenzen auf. Deren Hoffnung auf freien Warenverkehr, aber eingeschränkten Personenverkehr mit der EU – der viel beschworenen Rosinenpickerei – erteilte er eine klare Absage. Das wäre ein "silbernes Tablett für Nationalisten": "Wenn wir das den Briten ermöglichen, dann ist die Europäische Union im Eimer." Für den "Welt"-Journalisten Dirk Schümer würde bereits der vollzogene Brexit eine Katastrophe historischen Ausmaßes darstellen. "Dann wäre das der erste Nagel am Sarg der EU und das möchte ich mir gar nicht vorstellen", sagte er.

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Der Aufreger des Abends

Mit einem echten Aufreger konnte die Talkshowrunde nicht dienen. Die ARD-Journalistin Annette Dittert meinte bei ihrem "Welt"-Kollegen ein "EU-Bashing" auszumachen. Für sie hat sich die schwache Premierministerin May mit widersprüchlichen Positionen in eine Falle manövriert und die aktuelle Misere selbst verschuldet.

Die wirklich existenzbedrohende Krise sieht die seit zehn Jahren in London lebende Journalistin aber in Polen. "Ich halte das für sehr viel gefährlicher", sagte sie mit Blick auf die Regierungspartei PiS von Jaroslaw Kaczynski. Die höhle die Demokratie von innen aus und versuche, die noch vorherrschende EU-Begeisterung der polnischen Bürger mit Propaganda zu untergraben. Kann die europäische Wertegemeinschaft eine solche Abkehr der gemeinsamen Werte verkraften?

Schümer, der in Venedig lebt, lenkte den Blick auf den italienischen Haushaltsentwurf. Die geplante hohe Neuverschuldung schürt Ängste vor einer erneuten Euro-Krise. "Wenn der Euro wirklich durch die Italiener (vielleicht nur durch Schlamperei, weil sie zu viel drohen) zum Einsturz gebracht wird, dann wird es ganz finster auf dem ganzen Kontinent", warnte Schümer.

Das Zitat des Abends

Gabriel sieht die EU ebenfalls an einem Scheideweg angekommen. "Europa wird scheitern, wenn wir die grundlegenden Probleme Europas nicht lösen", sagte der Sozialdemokrat. Viele Menschen hätten das Gefühl, dass es ihnen immer schlechter gehe und es in Europa immer unfairer zugehe. Für diese Kritiker gebe es bislang nur die Lösung "Austritt". Alternativen würden ihnen aktuell nicht geboten. Auch Deutschland trage zu der Misere bei, indem es sich auf nationale Probleme konzentriere.

Die EU muss sich laut Gabriel wieder darauf besinnen, bessere Lebensbedingungen für alle Bürger schaffen zu wollen. "Ich glaube nicht an mehr Europa, sondern an ein anderes", sagte er. "Nur wenn Europa zusammenhält, haben wir in dieser Welt von morgen eine Stimme. Und dafür reicht ein Binnenmarkt halt nicht aus."

Der Faktencheck

Macht May für ganz Großbritannien Politik? Gabriel bezweifelte das und warf den Tories und Brexit-Befürwortern eine englandzentrierte Politik vor. Tatsächlich wurde der Brexit in England beschlossen. Aus diesem Teil des Landes stammten 28,5 Millionen der 33,6 Millionen abgegebenen Stimmen beim Referendum am 23. Juni 2016. Landesweit votierten damals 51,9 Prozent der Briten für den Austritt. In England sowie in Wales stimmten 53 Prozent mit "Leave". In Nordirland schlossen sich nur 44 Prozent dieser Meinung an. Am geringsten fiel die Zustimmung mit 38 Prozent in Schottland aus.

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