Eigener Brexit-Plan Johnson will EU mit Milliarden-Rechnung unter Druck setzen
Das Brexit-Chaos lässt immer mehr Briten am geplanten EU-Austritt zweifeln. Jetzt hat Boris Johnson einen eigenen Plan dafür vorgelegt. Der Ex-Außenminister hat es auf Theresa Mays Posten abgesehen.
Der britische Ex-Außenminister Boris Johnson hat den Brexit-Kurs von Regierungschefin Theresa May heftig kritisiert und einen alternativen Plan zum Austritt Großbritanniens aus der EU vorgelegt. Johnsons Vorstoß in einem Gastbeitrag für den "Daily Telegraph" kommt kurz vor Beginn des Parteitags der britischen Konservativen am Sonntag und dürfte als Herausforderung im Kampf um den Posten des Premiers gedeutet werden.
Den sogenannten Chequers-Deal, mit dem May Grenzkontrollen zwischen Großbritannien und der EU nach dem Brexit verhindern will, bezeichnete Johnson als "moralische und intellektuelle Erniedrigung" für sein Land. Die Verhandlungsführung sei "rückgratlos".
Johnson will EU mit Schlussrechnung drohen
London habe sich in den Brexit-Gesprächen von der EU vorführen lassen. Die vorgezogene Wahl im vergangenen Jahr, bei der May ihre Regierungsmehrheit verlor, sei ein großer Fehler gewesen. Am schlimmsten sei aber, dass die Regierung es versäumt habe, eine Vision für den EU-Austritt zu entwickeln und keine Vorbereitungen für einen Austritt am 29. März 2019 ohne Abkommen getroffen zu haben.
Schwere Vorwürfe macht Johnson der Regierungschefin auch wegen deren Entscheidung, der EU die Zahlung einer milliardenschweren Schlussrechnung in Aussicht zu stellen und grundsätzlich einer Notfalllösung zuzustimmen, mit der eine feste Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland vermieden werden soll.
Als Alternative schlug Johnson schlug vor, einen erweiterten Freihandelsvertrag mit Brüssel nach dem Vorbild des Abkommens zwischen der EU und Kanada abzuschließen. Als Druckmittel, um ein "Super-Kanada-Handelsabkommen" zu bekommen, solle London die Zahlung der Abschlussrechnung infrage stellen, so Johnson. Grenzkontrollen in Irland will er durch technische Lösungen verhindern. Notwendige Checks könnten abseits der Grenze stattfinden.
Mehrheit inzwischen gegen den Brexit
Die britischen Konservativen kommen von Sonntag an für vier Tage in Birmingham zu ihrem Parteitag zusammen. May steht massiv unter Druck: Ihre Brexit-Pläne sind nicht nur in der eigenen Partei umstritten, auch die britische Opposition und die EU-Kommission lehnen sie ab. Zudem nimmt auch in der britischen Bevölkerung die Skepsis gegenüber dem geplanten EU-Austritt zu.
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Umfragen zufolge würden viele Briten in einem neuen Referendum nicht mehr für den Brexit stimmen. Eine Auswertung von sechs seit dem 21. August gemachten Erhebungen ergab eine knappe Mehrheit von 52 zu 48 Prozent für einen Verbleib des Landes in der Europäischen Union. 2016 hatte eine knappe Mehrheit für den Austritt gestimmt. Forscher sagten, der Umfrage-Vorsprung der Brexit-Gegner beruhe vor allem auf den Stimmen derjenigen, die 2016 gar nicht gewählt hätten.
- dpa
- Reuters