Korruption im EU-Parlament Berichte: Kailis Partner sagt über Bestechungen aus
Bis in die Spitze des EU-Parlaments sollen Abgeordnete bestochen worden sein. Nun hat einer Beschuldigten offenbar ein Geständnis abgelegt.
Im Korruptionsskandal um das Europaparlament hat einer der Verdächtigen in Untersuchungshaft Medienberichten zufolge ein Geständnis abgelegt. Der Lebensgefährte der abgesetzten Vizepräsidentin des Europaparlaments Eva Kaili habe zugegeben, Teil einer Organisation gewesen zu sein, die von Katar und Marokko benutzt worden sei, um sich in europäische Angelegenheiten einzumischen, berichteten die Zeitungen "Le Soir" und "La Repubblica" am Donnerstag unter Berufung auf Ermittlungsdokumente.
Die belgische Justiz ermittelt wegen mutmaßlicher Korruption, Geldwäsche und Einflussnahme aus dem Ausland im Umfeld des Europaparlaments. Seit Freitag wurden sechs Verdächtige festgenommen, von denen zwei wieder auf freiem Fuß sind. Der Termin der Haftprüfung von Eva Kaili wurde auf nächste Woche verschoben.
Auch marokkanischer Geheimdienst soll involviert sein
Kailis Lebensgefährte, bislang Assistent im Büro eines italienischen EU-Parlamentariers, beschuldigte dem Bericht zufolge den ehemaligen Europaabgeordneten Pier Antonio Panzeri aus Italien, Kopf der mutmaßlichen Organisation gewesen zu sein. Beide sitzen weiter in Untersuchungshaft. Seine eigene Rolle sei gewesen, Bargeld zu verwalten, heißt es laut dem Bericht in der Aussage. Er sagte demnach weiter, dass zwei Abgeordnete von Panzeri Geld erhalten hätten. Panzeris Anwalt antwortete auf "Le Soir"-Anfrage, er verfüge nicht über diese Informationen.
"Le Soir" und "La Repubblica" berichteten zudem, dass die Ermittlungen sich außer auf den Golfstaat Katar auch auf Marokko richten. Im Europäischen Haftbefehl, der vergangene Woche für Panzeris Frau und Tochter ausgestellt worden sei, werde Marokko verdächtigt, "bei Abgeordneten des Europäischen Parlaments zugunsten von Katar und Marokko gegen Bezahlung politisch interveniert zu haben". Dabei sei auch der marokkanische Geheimdienst involviert gewesen.
Parlamentspräsidentin kündigt weitreichende Reformen an
Als Konsequenz aus dem Korruptionsskandal im Europaparlament hat Parlamentspräsidentin Roberta Metsola am Donnerstag "weitreichende" Reformen angekündigt. Dazu gehörten ein "Verbot aller inoffiziellen Freundschaftsgruppen, eine Überprüfung der Einhaltung unseres Verhaltenskodexes und eine gründliche Überprüfung unserer Beziehungen zu Drittländern", sagte Metsola nach einer Diskussion mit den europäischen Staats- und Regierungschefs in Brüssel.
Sie werde die Arbeit an den Reformen "persönlich leiten", erklärte Metsola. Erste Ergebnisse sollen im neuen Jahr vorliegen. "Es wird keine Straffreiheit geben. Es wird nichts unter den Teppich gekehrt. Es wird kein "Business as usual" geben", betonte die Malteserin. Die Vorwürfe seien ein Schlag gegen alles, woran man seit vielen Jahren gearbeitet habe. "Es braucht Jahre, um Vertrauen aufzubauen, und nur einen Moment, um es zu zerstören", sagte Metsola.
Die Spitzenpolitikerin schloss allerdings nicht aus, dass es in Zukunft zu ähnlichen Skandalen kommen könnte. "Aber ich werde dafür sorgen, dass alles getan wird, um sicherzustellen, dass das Parlament nicht zum Verkauf steht", sagte sie. Konkret kritisierte sie etwa, dass es zu viele Organisationen gebe, deren Finanzierung unklar und intransparent sei. Dagegen werde man vorgehen.
- Nachrichtenagenturen AFP und dpa