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BGH-Urteil: Was Sie über Dashcams in Autos wissen müssen


Freie Fahrt für die Technik
BGH lässt Dashcamvideos als Beweismittel zu

Von dpa, jw

Aktualisiert am 15.05.2018Lesedauer: 3 Min.
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Dashcam: Wer Dritte filmt, das speichert und es womöglich ins Netz stellt, muss mit einem Bußgeld rechnen. (Quelle: Rene Ruprecht/dpa)
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Im ein oder anderen Auto fährt eine Dashcam mit, die den Verlauf der Fahrt aufzeichnet – das ist praktisch bei Verkehrsrowdys oder einem Unfall. Jetzt hat der Bundesgerichtshof solche Aufnahmen als Beweismittel zugelassen.

Aufnahmen von Auto-Minikameras – so genannte Dashcams – können laut dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe bei Unfällen als Beweis vor Gericht verwendet werden (VI ZR 233/17). Das heißt aber nicht, dass man automatisch immer filmen darf. Die Richter verwiesen auf das Datenschutzgesetz. Das permanente Aufzeichnen bleibt nach wie vor unzulässig. Diese Unzulässigkeit führt aber nicht dazu, dass die Bilder in Zivilprozessen nicht verwertet werden dürfen. Es sei immer eine Frage der Abwägung im Einzelfall.

Um was ging es vor dem BGH?

Ein Mann aus Sachsen-Anhalt pochte auf vollen Schadenersatz nach einem Unfall. Nach seiner Darstellung ist ein Auto beim Linksabbiegen auf der daneben verlaufenden Spur auf seine Fahrbahn gekommen und gegen seinen Wagen gefahren. Das sollten Aufnahmen seiner Dashcam belegen. Doch weder das Amts- noch das Landgericht Magdeburg berücksichtigten diese Aufnahmen: Die Aufzeichnung verstoße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen – sie dürfe deshalb nicht als Beweis herangezogen werden. Dieser Ansicht hat sich der BGH nun nicht angeschlossen.

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Was steckt dahinter?

Permanentes Filmen anderer ohne deren Einverständnis verstößt aus Sicht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) nicht nur gegen das Bundesdatenschutzgesetz, sondern auch gegen das Persönlichkeitsrecht und das Recht am eigenen Bild. "Das nicht-anlassbezogene Betreiben einer Dashcam im öffentlichen Raum ist in Deutschland nicht legal", sagt Daniela Mielchen von der DAV-Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht.

Wie verbreitet sind Dashcams?

Außerhalb Deutschlands – vor allem in Russland – fahren sie schon häufiger im Auto mit. Doch auch hierzulande werden sie nach einer Umfrage des IT-Branchenverbands Bitkom immer beliebter: Zwar haben derzeit erst acht Prozent von 1.000 befragten Autofahrern eine solche Kamera. Weitere 13 Prozent wollen sie aber demnach in Zukunft auf jeden Fall nutzen, 25 Prozent können es sich vorstellen. Für ein hilfreiches Beweismittel halten sie fast drei Viertel der Befragten.

Wann ist das Filmen damit erlaubt?

Eine gesetzliche Regelung dazu gibt es bislang nicht. Dashcams sind nicht verboten. Wer jedoch andauernd Dritte filmt, das speichert und es womöglich ins Netz stellt, muss mit einem Bußgeld rechnen. Das gilt selbst dann, wenn das Video hilft, einen schweren Verkehrsverstoß aufzuklären.

Was geht gar nicht?

"Wir wollen keine Überwachung der Bürger durch den Bürger", sagt Oliver Malchow, Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Wer sich als Hilfssheriff aufspielt und – wie ein als "Knöllchen-Horst" bekannt gewordener Frührentner aus dem Harz – mit der Dashcam Jagd auf angebliche Verkehrssünder macht, dem droht sogar Filmverbot. Der Mann hatte Zehntausende angezeigt.

Was spricht für die Auswertung der Aufnahmen?

Oft ist die Rekonstruktion eines Unfalls schwierig, auch weil Zeugen sich widersprechen. "Grundsätzlich kann eine Videoaufzeichnung als Beweismittel sehr hilfreich sein", sagt GdP-Chef Malchow. Auch Kfz-Versicherer könnten einfacher feststellen, wer wie viel Schuld an einem Unfall trägt und so schneller Schäden regulieren. "Wenn Beweise da sind, muss man sie auch verwenden dürfen", sagt Kläger-Anwalt Volkert Vorwerk.

Wie halten es die Gerichte mit dem Dashcam-Beweis?

Bundesweit ist das unterschiedlich. Zuweilen urteilt dasselbe Gericht anders: So erkannte das Amtsgericht München mal die Mini-Kamera als Beweismittel an, ein andermal verbot es die Verwertung unter Hinweis auf die Persönlichkeitsrechte anderer Verkehrsteilnehmer. Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart wiederum hat 2016 als erstes Obergericht für schwerwiegende Verkehrsverstöße den Beweis durch eine Autokamera zugelassen. Damals ging es um das Überfahren einer Ampel, die schon länger Rot zeigte.

Was macht die Sache so kompliziert?

"Es stehen sich zwei Rechtsideen gegenüber: Datenschutz und Beweissicherung", sagt DAV-Experte Andreas Krämer. Das muss gegeneinander abgewogen werden – und ob ein Verstoß so schwer ist, dass selbst unzulässig erstellte Aufnahmen als Beweis dienen können. Im Fall von Undercover-Fernsehbildern aus einem Öko-Hühnerstall hat derselbe BGH-Zivilsenat, der nun über die Dashcam-Aufnahmen entscheidet, kürzlich ungenehmigte Aufnahmen zugelassen: Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit sei hier höher zu bewerten als die Rechte des Erzeugerbetriebs.

Ähnlich urteilt der BGH auch hinsichtlich der Dashcam-Aufnahmen: Diese verstießen zwar gegen das Datenschutzrecht – da aber Unfallbeteiligte ohnehin Angaben zu Person, Versicherung und Führerschein machen müssten, sei dies nachrangig.

Was müsste der Gesetzgeber tun?

Der Verkehrsgerichtstag fordert eine klare gesetzliche Regelung und empfiehlt auf Basis des europäischen Datenschutzrechtes einen "Ausgleich zwischen Beweisinteresse und Persönlichkeitsrecht". Videos sollten "anlassbezogen" zulässig sein, etwa bei schweren Verstößen oder einem drohenden Unfall, und ansonsten überschrieben werden. Missbrauch, wie eine Veröffentlichung im Internet, sollte hingegen bestraft werden. "Damit wäre das Interesse an der Unfallaufklärung sichergestellt und auch des Datenschutzes, weil die Aufnahmen nicht permanent abgespeichert werden", so Anwalt Krämer.

Verwendete Quellen
  • dpa
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