Gericht urteilt Schulterblick vergessen: Fahrer haftet voll
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nachdem ein Autofahrer mit einem anderen Verkehrsteilnehmer beim Spurwechsel zusammengeprallt war und auf Schadensersatz geklagt hatte, entschied ein Gericht nun über die Schuldfrage. Ist der Schulterblick Pflicht oder reicht es zu blinken und in den Spiegel zu schauen?
Amtsgericht urteilt über Schuldfrage
Ein scheinbar ganz normaler Vorgang: Blinker setzen, in die Seitenspiegel schauen und von der linken auf die rechte Spur wechseln. Doch kommt es zum Unfall mit einem Auto auf dem anderen Fahrstreifen, muss der Spurwechsler unter Umständen allein für den Unfall haften.
Dann nämlich, wenn er den Schulterblick vergisst. Das ergibt sich aus einem Urteil des Amtsgerichts Hamburg (Az.: 32 C 4/15), über das die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet.
Das Szenario
Die eingangs geschilderte Situation ergab sich bei einem Autofahrer, der von der linken auf die rechte Spur wechselte. Er hatte den Blinker gesetzt und in die Seitenspiegel geschaut. Dennoch bemerkte er ein von hinten rechts kommendes Auto nicht: Die Folge war ein Zusammenprall. Von diesem Fahrer forderte er nun Schadensersatz.
Schulterblick ist Pflicht: Blick in den Spiegel reicht nicht
Das hatte vor Gericht keinen Erfolg. Denn für den Unfall hafte der Spurwechsler allein. Der Ausscherende müsse sich so verhalten, dass er andere dabei nicht gefährdet. Kommt es zum Unfall, spreche ansonsten der sogenannte Anscheinsbeweis dafür, dass er diese Sorgfaltspflicht außer Acht gelassen hat.
Da der Kläger zwar angab, sowohl geblinkt als auch in die Seitenspiegel geschaut zu haben, einen erforderlichen Schulterblick aber nicht erwähnte, habe er seiner Sorgfaltspflicht nicht genügt. Damit haftet er zu hundert Prozent. Der Schulterblick sei allein schon wegen des viel größeren Blickwinkels nötig.