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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Neuvorstellungen & Fahrberichte Luxus im Überfluss – BMW M6 Cabrio
Was bedeutet Luxus? Vielleicht heißt es einfach "mehr" zu haben, als man braucht oder als nötig ist? Theoretische Diskussionen sind allerdings nicht unser Ding – also nähern wir uns dem Thema am besten mit einem passenden Beispiel auf vier Rädern. wanted.de Autor und Testfahrer Christian Sauer nahm das unter die Lupe.
Nicht selten bekommen wir bei Gesprächen im Freundes- und Bekanntenkreis, aber auch mit erfahrenen Kollegen zu hören, dass Cabrios eigentlich keinen starken Motor brauchen, denn all‘ zu schnell ist man damit meistens ja nicht unterwegs. Ganz unrecht haben sie nicht: Sich bei offenem Verdeck den Wind durch die Haare wehen lassen und die Sonne genießen, ist ein grandioses Gefühl. Dafür brauchen wir auch keine "Geschwindigkeitsrekorde" aufstellen, aber ein Cabrio mit viel Power unter der Haube und passendem Sound dazu ist uns dennoch lieber als eins ohne. Da kommt uns der BMW M6 als Cabrio wie gerufen.
Viele der im M6 verbauten Komponenten, stammen aus dem ebenfalls auf Hochleistung getrimmten M5. Der begeisterte uns schon letztes Jahr mit seinem 560 PS starken V8-Hochdrehzahlmotor samt TwinPower Turbo Technologie, dem schnell schaltenden Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, dem adaptivem Sport-Fahrwerk und den bissigen Bremsen. >>
Nicht weniger beeindruckend als im M5, sind diese technischen Leckerlis im M6 Coupé mit seinem leichten Carbon-Dach oder eben im M6 Cabrio mit Stoffverdeck. Das bringt insgesamt allerdings über zwei Tonnen auf die Waage und wiegt somit 100 Kilogramm mehr als ein M5 und sogar 130 Kilogramm mehr als der eng-verwandte M6. Sogar das viertürige M6 Gran Coupé ist über 100 Kilogramm leichter als das Cabrio.
Hinzu kommt, dass es innerhalb der M6-Familie sicherlich den geringsten Nutzwert vorweisen kann. Das zeigt ein Blick in den Kofferraum, der wegen des sich dort zusammen faltenden Stoffverdecks von 350 auf 300 Liter schrumpft – zugegeben kein schlechter Wert für ein offenes Auto – aber eben dennoch über ein Viertel weniger als in den geschlossenen Varianten.
Ein festes Klappdach hätte noch mehr Gewicht gebraucht und Platz geraubt. Wir finden, dass es nicht nur optisch eine gute Entscheidung von BMW war, darauf zu verzichten und dafür lieber das Stoffverdeck hinsichtlich Geräuschdämmung und Isolierung zu optimieren. >>
Clever ist ebenso die vertikale Glasscheibe, die sich bei geschlossenem Verdeck öffnen lässt und hochgefahren als Windschott dient. So bleibt auch die zweite Sitzreihe bei schönem Wetter nutzbar. Doch auch wenn zwei Erwachsene selbst auf längeren Strecken bequem im Fond sitzen, ist der beste Platz natürlich vorn.
Die bequemen M-Multifunktionssportsitze sind vielfach elektrisch verstellbar, beheiz- und belüftbar. Edle Details, wie in die Kopfstützen geprägten M-Logos oder die M-farbigen Nähte des Volants unterstreichen den besonderen Status und Charakter. Positiv aufgefallen ist uns am Multifunktions-Lenkrad, dass es sehr zierlich ausfällt und gut in der Hand liegt. Schon serienmäßig wird verschwenderisch viel feines Leder verwendet, um damit beispielsweise das geschwungene Armaturenbrett zu veredeln. Weder Optik noch Haptik geben Grund zur Kritik, die Qualität der Materialien und deren Verarbeitung sind erstklassig. Was die Bedienung angeht, findet sich jeder sofort zurecht, wer schon einmal in einem anderen BMW jüngeren Alters saß. Auf Wunsch lässt sich der M6 mit jeder Menge elektronischer Features aus dem BMW 7er aufrüsten, von sicherheitsrelevanten Assistenzsystemen wie dem Nachtsichtgerät, bis hin zu TV- und Internetempfang. Doch es gibt wichtigere Argumente für den M6 als Cabrio.
Für Cabrio-Fans ein Muss mit viel Platz
Cabrios mit viel Platz für vier sind rar, noch dazu Leistungsstarke mit sportlichem Anspruch. Der offene Audi RS5 mit 450 PS fällt deutlich kleiner als der ausgewachsene BMW aus. Da Mercedes das E-Klasse Cabrio nicht als AMG anbietet, können Interessenten nur außerhalb Deutschlands eine adäquate Alternative finden. Maserati hat mit dem GranCabrio MC zwar einen äußerst attraktiven Viersitzer im Programm, doch weder beim Platzverhältnis, noch mit den 460 Pferdchen kann der Italiener mithalten. Der ganz neue Aston Martin Vanquish Volante bietet mit seinem sechs Liter großem V12-Sauger und 573 PS ein vergleichbares Leistungsniveau wie der BMW M6, aber hinten nicht mehr als zwei Notsitze. Sogar bis zu 625 PS unter der Haube hat der Bentley Continental GT Speed mit ähnlich gutem Platzverhältnis auch in der zweiten Reihe. >>
Mit Allradantrieb, aber leider auch mit rund 2,5 Tonnen Gewicht, attackiert der Deutsch-Brite den Bayer zwar bei den Fahrleistungen – beide 4,3 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h und 325 km/h Topspeed gegenüber elektronisch abgeriegelten 250 beim M6 – fahrdynamisch kommt er allerdings nicht an den BMW heran. Der ist trotz seiner Größe und zugegeben ebenfalls nicht geringen Gewichts eine Klasse für sich.
Der M6 macht alles möglich
Lässig gleiten oder es richtig krachen lassen – dafür sorgt das Know-How der BMW M GmbH und die zahlreichen Einstellmöglichkeiten. So lässt sich ein persönliches Setup programmieren, abspeichern und per Knopfdruck am Lenkrad abrufen. "Sport+" aktiviert und das Drehzahlband im Head-Up-Display wartet gerade darauf, blitzschnell bis auf über 7000 Touren zu jagen. Dazu gibt es neben dem Sound mit Suchtgefahr auch die volle Power von 680 Nm auf die Hinterräder. Sogar ein Ausflug auf abgesperrtes Terrain mit schnellen Runden oder kontrollierten Drifts wäre denkbar. Dazu passt natürlich das "Competition Paket", das BMW neuerdings für den verjüngten M5 und alle M6-Versionen anbietet. Es beinhaltet unter anderem eine Leistungssteigerung auf 575 PS, ein noch sportlicheres Fahrwerk und Sounderlebnis. Doch um an den Ausgangspunkt unseres Exkurses zurück zu kehren – mit diesem ganz besonderen Cabrio lässt sich neben Gas geben auch wunderbar relaxed cruisen.
Gibt es überhaupt Kritikpunkte und Verbesserungspotential? Kaum – weniger Verbrauch wäre natürlich immer besser. Bei sportlicher Gangart waren die offiziell angegebenen 10,3 Liter auf 100 km/h eher Wunsch statt Wirklichkeit. Bis auf ein schlechtes Gewissen in Sachen Nachhaltigkeit, sollte dies potentiellen Käufern eines M6 Cabrios mit 131.400 Euro Grundpreis wohl keine Sorgen machen. Wer gern mehr Individualität oder Technik-Features wie die Carbon-Keramik-Bremsen wünscht, muss sowieso mit horrenden Aufpreisen im vierstelligen Bereich rechnen – allein Freunde vom Allradantrieb gehen leer aus – der wird derzeit für kein Geld der Welt angeboten. Diese fehlende Option hätte die Alltagstauglichkeit des M6 noch weiter gesteigert und den BMW zum Ganzjahrescabrio verwandelt. Doch braucht man(n) das überhaupt?